Im Einsatz für die innere Sicherheit: Wenn Bil­lig­po­li­zisten zum Pro­blem werden

2/2: Befugnisse der Hilfspolizei je nach Landesrecht

Gleichwohl ist der uneinheitlichen Praxis der landesrechtlichen Regelungen die Ausübung von polizeilichen Zwangsmitteln nicht fremd. Als Beispiel kommt § 1 Abs. 4 des Gesetzes über den Freiwilligen Polizeidienst in Baden-Württemberg (FPolDG) in Betracht, der den Hilfspolizisten den Zugriff auf sämtliche polizeiliche Befugnisse eröffnet und selbst den gegen Personen gerichteten Einsatz von Schusswaffen nicht ausspart.

Wenn man unter Berücksichtigung der unterschiedlich weit reichenden Interpretationsmöglichkeiten des Art 33 Abs. 4 GG davon ausgeht, dass bei dem Einsatz von Hilfspolizisten grundsätzlich auch um die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse geht, bedarf die Ausnahme von der durch das Grundgesetz vorgegebene Regel eines sachlichen Grundes. Rein finanzielle Interessen der Bundesländer genügen insoweit nicht.

Polizeidienst ist mit schwierigen Entscheidungen verbunden

Zudem kann sich der Staat durch die Einbindung nicht verbeamteter Akteure in seine Sicherheitsarchitektur nicht der ihn treffenden und aus Schutzpflichten folgenden Verpflichtung entziehen, den Einsatz polizeilicher Mittel so auszugestalten, das die Bürger nicht unnötig belastet und die im Einsatz befindlichen Hilfspolizisten nicht unnötig gefährdet werden. Dreh- und Angelpunkt ist immer die Aus- und Fortbildung der Hilfspolizisten, die über das notwendige Rüstzeug für den (Hilfs-)Polizeidienst verfügen müssen.

Entscheidend ist insoweit, dass die Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben, auch in den einfach anmutenden Bereichen der Fußstreifen oder des Objektschutzes, durch nicht vorhersehbare Sofortlagen geprägt ist. Hier gilt es, die oftmals unterschiedlichen und miteinander kollidierenden Rechte und Interessen der Beteiligten unter hohem Druck abzuwägen und in rechtsstaatlicher Weise zu reagieren. Nicht ohne Grund erfolgte die Auflösung des Freiwilligen Polizeidienstes von Berlin gerade auch, um "Risiken von Schäden für den Einzelnen und die Allgemeinheit zu minimieren, die sich aus der Verwendung von Personen ergeben, die die Aufgaben […] ohne eine berufsspezifische Ausbildung ausüben" (BerlVerfGH, Beschl. v. 01.11.2004, Az. 120/03).

Aktuelle Ausbildungsdauer der Hilfspolizisten viel zu kurz

Dass den verfassungsrechtlichen Anforderungen mit der gegenwärtigen Ausbildungsdauer der Hilfspolizisten, die sich in der Regel auf nur wenige Unterrichtseinheiten im Straf- und Eingriffsrecht beschränkt, genüge getan wird, darf bezweifelt werden. Dem schafft auch keine Abhilfe, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers an der Polizeiakademie Hessen Ausbildungen für den Einsatz von "blauem Blinklicht und Einsatzhorn" angeboten werden.

Die aktionistischen Initiativen der Landespolitik stehen bereits jetzt im Verdacht, neue Konfliktherde zu schaffen. Innere Sicherheit wird man nicht dadurch gewährleisten können, dass man auf die mitunter unerträglichen und von einem großen medialen Interesse begleiteten Entwicklungen übermotiviert reagiert. Die Gewährleistung der inneren Sicherheit ist vielmehr eine komplexe Aufgabe, die ursachenbezogener Ansätze und strategischer Planungen bedarf. Dazu muss man zunächst einmal das Problem und die Ursachen verstehen.

Der Autor Florian Albrecht ist Oberregierungsrat und hauptamtlich Lehrender für die Rechtsfächer an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl. Er forscht seit mehr als 10 Jahren zu den Rechtsfragen der inneren Sicherheit. Der Beitrag gibt ausschließlich die persönliche Auffassung des Verfassers wieder.

Zitiervorschlag

Florian Albrecht, Im Einsatz für die innere Sicherheit: Wenn Billigpolizisten zum Problem werden . In: Legal Tribune Online, 20.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19138/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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