Lego gegen den "Held der Steine”: Der Klemm­bau­stein des Anstoßes

von David Ziegelmayer

30.01.2021

Lego will, dass "Klemmbausteine" anderer Hersteller nicht "Legos" heißen dürfen – und mahnt erneut einen großen Youtuber ab. Der dänische Spielzeughersteller gerät in die Bredouille, weil er nicht anders kann, zeigt David Ziegelmayer.

"David gegen Goliath"-Geschichten kommen im Netz immer gut an. Das weiß auch der Youtuber und Inhaber eines "wunderbaren kleinen Lädchens in Frankfurt am Main im Herzen von Europa" Thomas Panke, besser bekannt als "Held der Steine". 

Und so zitiert er in einem Video vom vergangenen Dienstag, das bereits 1,4 Millionen Aufrufe verzeichnet, genüsslich aus einer weiteren Abmahnung der Frankfurter Anwaltskanzlei Hogan Lovells, die die "Lego Juris A/S" vertritt. 

Das "L-Wort" soll nur für Lego fallen

Man bitte ihn, binnen 48 Stunden 13 Videos zu löschen, in denen Panke die Klemmbausteine von Wettbewerbern unter anderem als "Legos" bezeichnet hatte. Denn schließlich sei die geschützte Wortmarke "LEGO" kein Gattungsbegriff und dürfe nur für die Produkte des dänischen Herstellers genutzt werden.

In dem rund elfminütigen Video zu der Abmahnung folgt dann ein Seitenhieb auf den anderen gegen den Lego-Konzern und dessen Preis- und Produktpolitik, der Panke nicht zum ersten Mal juristisch angreift. Natürlich, so Panke, werde er die alten Videos löschen – und sie ohne die beanstandeten Äußerungen zum "L-Wort" für Konkurrenzprodukte gleich wieder neu aufnehmen. Das Ergebnis: In einem Video vom Donnerstag mit dem Titel "Der schlechteste Ferrari der Welt" kommt der Originalhersteller und Markeninhaber Lego nun wohl noch schlechter weg als zuvor.

Um zu verstehen, warum Lego sich immer wieder sehenden Auges in die Gefahr eines Reputationsverlustes begibt, muss man sich klarmachen, dass der Konzern rechtlich nicht anders kann: In der Vergangenheit musste sich der Klemmbausteinhersteller schon mit herben Verlusten abfinden, nachdem der Bundesgerichtshof 2004 feststellte (BGH, Urt. v. 02.12.2004, Az. I ZR 30/02), dass wettbewerbsrechtlicher Investitionsschutz nach rund 50 Jahren ungehinderter Marktpräsenz nicht mehr gerechtfertigt sei. Dann erwischte es die 3D-Marke eines Legosteins: Das Bundespatentgericht hatte, später vom BGH bestätigt, deren Löschung verfügt, weil die Form rein technisch bedingt sei. Der EuGH stieg darauf ebenfalls ein (Urt. v. 14.09. 2010, Az. C-48/09 P).

Ein markenrechtlich gebeutelter Konzern

Nun fürchtet der Konzern offenbar um seinen Namen. Zwar dürfte die Gefahr für Lego aufgrund Jahrzehnte alter Wortmarken klein sein, dass es zu erfolgreichen Löschungsanträgen kommt und den Konzern das gleiche Schicksal wie einst "Tempo" oder "Tesa" ereilt. Wer aber seine Marke vor Verwässerung und Verlust der Unterscheidungskraft schützen will, muss auch aus der Marke gegen jede scheinbar kleine Markenverletzung vorgehen - wenn es denn eine ist.

LTO liegt das Abmahnschreiben nicht vor – die von Panke zitierten Passagen aus dem aktuellen Schreiben und früheren Videos lassen aber darauf schließen, dass Lego schon in verbalen Äußerungen wie "Lego Technik von Cada (Anm d. Red..: Einem Wettbewerber von Lego im Techniksegment)" oder eben der Umschreibung von Einzelsteinen als "Legos" eine Markenverletzung sieht.

Sofern Panke keine Unterlassungserklärung abgegeben hat, könnte die Sache zwar theoretisch vor Gericht landen. Ob es dazu kommt, erscheint zumindest von außen betrachtet aber zweifelhaft: Für Lego dürften nicht nur der PR-Druck eines Youtubers, der nach eigenen Angaben letztes Jahr über 60 Millionen Aufrufe zählte, sondern auch die Unwägbarkeiten einer markenrechtlichen Auseinandersetzung ein großes Hindernis darstellen. 

Musste der Held der Steine die Videos wirklich löschen?

Die spannende Frage, ob Panke die Videos im konkreten Fall tatsächlich löschen musste, wie er es unter Zugewinn neuer Abonnenten mit großer Lust tat, lässt den Markenrechtler aber nicht kalt: 

Das Kernproblem dürfte dabei die Art der Markennutzung sein, wenn Panke in Bezug auf Konkurrenzprodukte von "Legos" oder "Legotechnik von…" spricht. Klar ist: Lego hat eine ganze Reihe von Wortmarken, die seine Spielwaren schützen. Ebenso klar ist, dass der Held der Steine im geschäftlichen Verkehr und nicht nur aus Spaß handelt. Er ist selbst Händler und man kann hier auch annehmen, dass er (vergleichende) Werbung für Waren aus seinem eigenen Geschäft macht.

Nun zum "Aber": Auch wenn Lego kein sogenannter Gattungsbegriff ist, wie zumindest der Konzern meint, scheiden Ansprüche des Markeninhabers nach § 14 Markengesetz (MarkenG) dann aus, wenn die Benutzung zu rein beschreibenden Zwecken erfolgt. Ob das der Fall ist, entscheiden Gerichte – wie so oft im Markenrecht – anhand der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks, der bei den angesprochenen Verkehrskreisen aufgrund der Zeichenverwendung entsteht. 

Rein beschreibende Nutzung ist keine Markenverletzung

Und hier lässt sich an der Position von Lego deutlich zweifeln: Ob nämlich das Youtube-Publikum in den Videos des Helden der Steine tatsächlich auf eine Herkunft aus dem Hause Lego schließt, wenn Panke ein Konkurrenzprodukt in die Kamera hält und dabei etwa "Legotechnik von Cada" sagt, erscheint schon fraglich. Wenn er über die gesamte Länge des Videos dann die Vorzüge bzw. Unzulänglichkeiten des Lego-Ferraris gegenüber dem Cada-Ferrari sachlich herausarbeitet, wird wohl kaum noch jemand glauben, es handele sich um ein Produkt des Markeninhabers.

Eine beschreibende Benutzung kann man hier also durchaus annehmen, auch wenn die Marke "LEGO" zwar nicht selbst beschreibend ist, aber in (eindeutig) beschreibendem Sinne anstatt des umständlich-putzigen Begriffs "Klemmbaustein" verwendet wird. 

Der Fall weckt Erinnerungen: So hatte der Europäische Gerichtshof in der Entscheidung Hölterhoff/Freiesleben (EuGH, Urt. v. 14.05.2002,Az.C-2/00) über einen Fall zu entscheiden, in dem sich ein Schmuckhändler in einem mündlichen Verkaufsgespräch auf die für einen Schmuckstein eingetragene Marke bezog, um den Schliff des Steins zu beschreiben. Der EuGH sah darin keine markenrechtlich relevante Handlung. 

Und selbst wenn man annähme, dass die Nennung einer fremden Marke im Rahmen vergleichender Werbung immer eine relevante Nutzungshandlung ist: Solange sich der Vergleich im Rahmen des Zulässigen (Richtlinie 2006/114/EG) bewegt, ist auch dies erlaubt. 

Pankes Kritik ist in seinen Videos teils zwar deftig und manchmal überspitzt, aber jedenfalls im von Lego angegriffenen "Ferrari"-Video immer sachlich begründet. Lego dürfte also froh sein, wenn schnellstmöglich Ruhe einkehrt. Denn einen Prozess um das "L-Wort" wird LEGO gegen den Helden der Steine nicht gern führen.

Der Autor David Ziegelmayer ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei LEXANTIS. Er ist als Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert auf das Marken- und Wettbewerbsrecht für Unternehmen.

Zitiervorschlag

Lego gegen den "Held der Steine”: . In: Legal Tribune Online, 30.01.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44134 (abgerufen am: 13.10.2024 )

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