In welchem Verhältnis standen deutsche und israelische Sicherheitsfirmen? Aufschluss darüber sollte die Befragung des nächsten Zeugen im Block-Prozess geben. Außerdem gab es erneut Streit darum, ob Datenträger ausgewertet werden durften.
Am 17. Verhandlungstag im Block-Prozess stand die Zeugenvernehmung von Jens Meier im Fokus. Er ist Geschäftsführer der Hamburg Port Authority und ehemaliger Präsident des Hamburger Sportvereins. Sein Auftritt sollte Licht in das Dunkel um die Verbindungen zwischen deutschen und israelischen Sicherheitsfirmen bringen. Wichtige Hinweise erhoffte sich das Gericht auch zu der Frage, ob Christina Block oder ihr Umfeld tatsächlich Auftraggeber der Entführung ihrer Kinder in der Silvesternacht 2023/24 waren.
Doch schon nach wenigen Minuten wurde am Montag klar: Meier ist weniger Schlüssel als Spiegel dieses Verfahrens, das längst zu einer juristischen Gratwanderung zwischen Erinnerung, Interpretation und medialer Deutung geworden ist. Auf Nachfrage gibt er teilweise selbst zu, sich nicht mehr sicher zu sein, ob er etwas tatsächlich erinnert oder es nur in Presseberichten gelesen hat.
"Kompletter Quatsch": Meier weist Verantwortung von sich
Medien hatten berichtet, Meier habe die israelische Sicherheitsfirma empfohlen. Jene Firma, die laut Anklage in der Silvesternacht 2023/24 die Kinder aus Dänemark nach Deutschland gebracht haben soll. Im Gerichtssaal reagiert der Zeuge deutlich: Das sei "kompletter Quatsch". Er habe den Namen der Firma zum damaligen Zeitpunkt nicht gekannt. Stattdessen habe er dem mitangeklagten Anwalt der Familie Block lediglich zwei Telefonnummern weitergegeben. Einmal die eines ehemaligen Landeskriminalamts-Chefs und einmal die eines israelischen IT-Netzwerkers. "Ich habe zwei Telefonnummern weitergegeben – das war alles", sagte Meier am Montag trocken.
Damit habe er damals auf eine Anfrage des mitangeklagten Anwalts reagiert, um bei IT-Sicherheitsfragen zu helfen. Die Weitergabe habe ausschließlich im beruflichen Kontext stattgefunden, nicht im Zusammenhang mit einer Rückholung von Personen. Er fügt hinzu: "Das ist alles nicht meine Kanne Bier." Gelächter im Saal.
Von der israelischen Sicherheitsfirma habe er von dem Anwalt nur einmal gehört, nämlich im August 2023 im Zusammenhang mit einem für das Elysee-Hotel vorgestellten Sicherheitskonzept. Er habe dem Anwalt, der auch Aufsichtsratschef dieses Hotels ist, von der Zusammenarbeit mit der Firma abgeraten, da ihr Sicherheitskonzept auf ihn nicht professionell gewirkt habe.
Meier: Datei "Dänemark-Projekt" nichts mit Silvesternacht zu tun
Überhaupt hätten die Gespräche, die er mit dem mitangeklagten Anwalt geführt habe, nur "technische Recherche" betroffen. So sei es etwa um die Absicherung von Systemen der Block-Gruppe und seiner Kanzlei nach einem Cyberangriff gegangen. Auch die Bezeichnung "Dänemark-Projekt", die Ermittler in Meiers Nachrichten fanden, erklärt dieser so: Der Titel sei unglücklich gewählt, habe aber ausschließlich den IT-Kontext im Zusammenhang mit den familienrechtlichen Verfahren zwischen Block und deren Ex-Mann Stephan Hensel gemeint. Mit einer Rückholung von Personen aus Dänemark nach Deutschland habe er nie etwas am Hut gehabt.
Die Vernehmung ist langatmig. Meier tritt betont nüchtern auf, doch mehrere Male verschwimmen im Gerichtssaal die Grenzen zwischen Familienkonflikt, IT-Sicherheit und internationalen Verflechtungen. Teils hört man als Zuschauer über Minuten Vorträge zu Cyberschutz-Maßnahmen – in einem Verfahren, das eigentlich eine Kindesentziehung und weitere Straftaten zum Gegenstand hat. Es bleibt schwerfällig.
Erneut Streit um IT-Asservate
Als die Vorsitzende Richterin Isabel Hildebrandt auf E-Mails und Datenträger Meiers Bezug nimmt, beanstanden die Verteidiger unter Initiative des Rechtsanwalts Dr. Marko Voß, der den mitangeklagten Anwalt der Block-Familie vertritt, einmal mehr die Vorgehensweise des Gerichts. Die IT-Asservate seien auch in diesem Fall nicht ordnungsgemäß beschlagnahmt worden. Es kommt zu einem hitzigen Wortgefecht, Meier muss den Saal als Zeuge zwischenzeitlich verlassen.
Der Streit ist nicht neu. Schon als es am 14. Verhandlungstag um die Frage ging, ob Blocks Handy zu Unrecht ausgelesen wurde, begehrte die Verteidigung auf. Dr. Ingo Bott, Blocks Anwalt, sagte am Mittwoch laut: "Das kann so nicht in der Luft bleiben." Auch Gül Pinar, Anwältin eines mitangeklagten Geschäftsführers einer Sicherheitsfirma, unterstützt den Antrag mit einem Hinweis: "Es ist unser gutes Recht, gegen sitzungsleitende Maßnahmen der Vorsitzenden eine Kammerentscheidung zu beantragen." Gemeint ist folgende Situation: Betrachtet eine an der Verhandlung beteiligte Person die Sachleitung der Vorsitzenden als unzulässig, so entscheidet gemäß § 238 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) das Gericht.
Mit ihrem Antrag forderten die Verteidiger die Kammer auf, sich rechtlich mit der Frage zu befassen, ob die IT-Asservate überhaupt in die Verhandlung einfließen dürfen, wenn sie nicht zuvor ordnungsgemäß beschlagnahmt worden waren. Sollten die Asservate nämlich einem Beweisverwertungsverbot unterliegen, sei auch der Vorhalt zur Befragung Meiers rechtswidrig, monierten die Verteidiger unter Verweis auf zahlreiche Fundstellen in der juristischen Fachliteratur.
Schließlich zog sich die Kammer am Mittwoch zur Beratung zurück. Nach knapp zwanzig Minuten erging ihr Beschluss: Die beanstandete Frage der Vorsitzenden sei zulässig. Die Begründung: Meier habe die Datenträger freiwillig herausgegeben, sie unterlägen damit keinem Beweisverwertungsverbot.
Einer gewissen Ironie konnte es nicht entbehren, als Bott Meier später selbst aus den beschlagnahmten Dateien etwas vorhalten wollte. Die Vorsitzende erinnerte ihn: "Jetzt halten Sie etwas vor, obwohl Sie vorhin dem Vorhalt widersprechen wollten? Das möchte ich nur kurz festhalten, ob der Widerspruch noch aufrecht erhalten werden soll." Bott machte den Vorhalt daraufhin nicht, sondern stellte seine Frage um.
Ein kryptisches Notizbuch
Am Nachmittag dann der merkwürdigste Vorfall des Verhandlungstages: Die Kammer nimmt über zwei Stunden lang ein Notizbuch mit Einträgen aus dem Jahr 2023 in Augenschein. Besitzer und Verfasser des Notizbuchs war mutmaßlich der Chef der israelischen IT-Sicherheitsfirma. Es enthält Zahlen, Pfeile, Skizzen, undurchsichtige Begriffe und hebräische Notizen. Ein Selbstleseverfahren nach § 249 Abs. 2 StPO sei dabei nicht möglich, so die Vorsitzende: Einige Passagen hatte die Polizei mit Google Translate übersetzt. Dies und die Anordnung der Pfeile machten ein Selbstleseverfahren unzulässig.
Was zunächst wie ein unlesbares Sammelsurium wirkte, ließ bei genauerem Hinsehen eine Art Planungsstruktur erkennen: Zeitangaben, Ortsbezüge, Namen, Geldbeträge – alles Fragmente eines Systems. In einzelnen Passagen ist von Zielpersonen, Sichtkontakten und Vorbereitungen im Hotel die Rede. Andere Einträge muten wie taktische Notizen an: Hinweise auf Abläufe, Beteiligte, die "sanfte Eskalation" einer Aktion, auch auf Zahlungen, die bestimmten Monaten zugeordnet sind.
Darunter finden sich Einträge wie: "Der Patriarch will die Kinder so schnell wie möglich sehen" und "Astrid (Anm. d. Redaktion: Die neue Ehefrau Hensels) war keine gute Mutter". Es ist aber auch von Alpakas und 100.000 Euro die Rede. Die Kinder wurden nach der Entführung auf eine Alpaka-Farm in Süddeutschland gebracht, wo sie dann am 2. Januar 2024 auf Block trafen.
Weiter geht es am Mittwoch, den 15. Oktober 2025.
Hafenchef sagt im Hamburger Block-Prozess aus: . In: Legal Tribune Online, 13.10.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/58374 (abgerufen am: 07.11.2025 )
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