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15068

Nach dem Germanwings-Absturz: Warum die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt

von Dr. André-M. Szesny und Urs J. Stelten

26.03.2015

Das Bild zeigt eine Silhouette vor einer Gedenktafel für den Flug 4U-9525, symbolisiert Trauer und Erinnern.

Foto: TOBIAS SCHWARZ / AFP

In Barcelona gestartet, in den südfranzösischen Alpen zerschellt – Ursache bislang unklar. Zwei Tage danach ist nur bekannt, dass angeblich einer der Piloten der Germanwings-Maschine beim Absturz nicht im Cockpit gewesen sein soll. Und doch hat die Staatsanwaltschaft Düsseldorf schon zuvor zu ermitteln begonnen. Hintergründe von André-M. Szesny und Urs J. Stelten.

Die Staatsanwaltschaft erforscht Straftaten. Das ist ihr gesetzlicher Auftrag. Gemäß §§ 152 Abs. 2, 160 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) ist sie dazu verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für strafbares Verhalten bestehen. Die Schwelle für einen solchen Anfangsverdacht liegt niedrig. Es genügt, dass die Strafverfolger von Umständen erfahren, die eine Straftatbegehung als möglich erscheinen lassen. Eine – womöglich gar überwiegende - Wahrscheinlichkeit ist nicht nötig.

Über einen vorsätzlichen Eingriff, etwa einen terroristischen Anschlag oder den erweiterten Suizid eines Piloten, wird derzeit nur spekuliert. In diesem Zusammenhang kämen als potenzielle Straftaten Mord, Totschlag nach §§ 211, 212 des Strafgesetzbuches (StGB) oder ein Angriff auf den Luftverkehr gemäß § 316c StGB jedenfalls theoretisch in Betracht.

Der Tod von Passagieren und Besatzung im Zusammenhang mit einem derzeit unbekannten außerplanmäßigen Ereignis lässt es aber zumindest als möglich erscheinen, dass mit diesem Flug befasste Menschen Fehler gemacht haben – aus Unaufmerksamkeit, Unachtsamkeit oder zu wenig  Sorgfalt. Auch Eile, Gleichgültigkeit oder mangelnde Ausbildung können die Gründe gewesen sein.

Vom Wartungspersonal bis zum Top-Manager: wer sich strafbar machen kann

Der Anfangsverdacht richtet sich damit zunächst auf den Straftatbestand der fahrlässigen Tötung (§ 222 StGB) in einhundertachtundvierzig Fällen. Für die strafbegründende Fahrlässigkeit reicht es, dass der Täter einen Sorgfaltspflichtverstoß begeht, den er hätte erkennen können und ohne welchen der Tod der Opfer nicht eingetreten wäre. Da die konkrete Ursache aber derzeit nicht annähernd geklärt ist, dürfte die Staatsanwaltschaft zunächst ein Vorermittlungsverfahren oder ein Verfahren gegen "Unbekannt" eingeleitet haben.

Theoretisch lassen sich zahllose Anknüpfungspunkte für eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit finden. Fahrlässig handeln kann in dem Kontext beinahe jeder, der im weitesten Sinne für die Funktionstauglichkeit der Maschine und die Flugsicherheit verantwortlich war: Der Pilot, der einen folgenschweren Fehler macht. Das Wartungspersonal, das einen technischen Defekt nicht ordnungsgemäß behoben hat. Der Lotse, der falsche Navigationsanweisungen gegeben hat.

Das Strafrecht macht auch vor rein organisatorisch Verantwortlichen nicht Halt. Schlechte Auswahl und Überwachung des eingesetzten Personals, aufgrund mangelnder Prüfungsprozesse unerkannt gebliebene Produktionsfehler, zu enge Zeitpläne für Wartung und Kontrolle aus Kostengründen können zu einer strafrechtlichen Haftung des Managements führen. Gerade bei tödlichen Betriebsunfällen – und in diese Kategorie mag sich die Tragödie um den Absturz der Germanwings-Maschine einordnen lassen – sehen sich Unternehmensleiter strafrechtlichen Vorwürfen ausgesetzt.

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  • Seite 1:

    Ein tödlicher Betriebsunfall?

  • Seite 2:

    Deutscher Fehler oder deutsche Flagge: Warum die Deutschen ermitteln

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André-M. Szesny und Urs J. Stelten, Nach dem Germanwings-Absturz: . In: Legal Tribune Online, 26.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15068 (abgerufen am: 18.11.2025 )

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