Abmahnung wegen Vorschau auf Facebook: Zurück zu Links ohne Bilder

von Thomas Schwenke, LL.M.

10.01.2013

Wer auf Facebook einen Link teilt, generiert automatisch ein Vorschaubild auf die Seite, die er empfiehlt. Der Urheber eines solchen Bildes sah darin seine Rechte verletzt, verschickte eine Abmahnung und verlangt 1.200 Euro Schadensersatz. Rechtlich könnte er damit durchkommen; was einmal mehr zeigt, wie weit gelebte Wirklichkeit und das geltende Gesetz auseinander klaffen, meint Thomas Schwenke.

Die Verlinkung ist eine der grundlegenden Funktionen des Internets. Daran hat sich seit zwanzig Jahren nichts geändert. Geändert hat sich jedoch die Art, wie Links geteilt werden. Verschickte man vor einigen Jahren Leseempfehlungen noch per E-Mail, taucht man sich heute hauptsächlich über soziale Netzwerke, wie Facebook, Google+ oder Pinterest aus.

Um die Attraktivität der Links zu steigern, kombinieren diese Plattformen den Link automatisch mit einem Bild, das eine Vorschau auf die verwiesene Seite bietet. Teilweise können die Nutzer aus einer Anzahl möglicher Vorschaubilder wählen oder sie ganz entfernen. Etwa beim Teilen über ein mobiles Gerät oder beim Klicken eines "Gefällt mir"-Buttons kann das Vorschaubild jedoch nicht manuell gelöscht werden.

Eigentlich müssen Rechteinhaber Vorschaubildern zustimmen

In der vergangenen Woche berichtete nun eine Rechtsanwaltskanzlei von einer Abmahnung, die ihr Mandant wegen eines solchen Vorschaubildes erhalten hatte. Die Rechteinhaberin sieht ihre Urheberrechte verletzt und verlangt neben der strafbewehrten Unterlassung Schadensersatz in Höhe von rund 1.200 Euro sowie die Übernahme der Kosten der Abmahnung in Höhe von 546,69 Euro, ausgehend von einem Streitwert von 6.000 Euro. Wenn sie sich damit durchsetzt, werden Nutzer künftig gezwungen sein entweder zu reinen Textlinks zurückzukehren oder mit erheblichen Kostenrisiken zu leben.

Rechtlich sind die Vorschaubildern Fälle der Vervielfältigung gemäß § 16 Urheberrechtsgesetz (UrhG) sowie eine öffentliche Zugänglichmachung nach § 19a UrhG. Beides bedarf einer Einwilligung des Rechteinhabers. Da Bilder außerdem nicht mit Angaben zum Urheber versehen sind, liegt auch ein Verstoß gegen das Recht auf Namensnennung gemäß § 13 UrhG vor. Da die Nutzer selbst den Link kopieren und teilen, sind auch sie die richtigen Adressaten eines Unterlassungs- oder Schadensersatzanspruchs. Die Plattformen stellen lediglich die Technik als Werkzeug zur Verfügung.

In die Verbreitung der Vorschaubilder haben die Rechtsinhaber jedenfalls dann eingewilligt, wenn sie auf ihrer Webseite Empfehlungsschaltflächen des jeweiligen Netzwerks eingebunden habe und die Nutzer somit zum Teilen der Inhalte auffordern. Das setzt jedoch voraus, dass der Inhaber der Internetseite anderen Nutzern überhaupt Rechte an dem Bild einräumen darf. Die meisten Verträge über die Nutzung von Bildern schließen ein solches Recht zur Unterlizenz aber aus.

BGH-Urteil zur Google-Bildersuche übertragbar?

Das Problem erinnert an die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu den Vorschaubildern bei der Google-Bildersuche. Karlsruhe nahm damals eine schlüssige Einwilligung der Rechteinhaber an (BGH, Urt. v. 29.04.2010, Az. I ZR 69/08).

Wie bei der Teilen-Funktion erstellt die Google-Suchmaschine ebenfalls Vorschaubilder, die den Nutzern helfen sollen Bild-Inhalte einfacher im Netz zu finden. Mit der Annahme einer konkludenten Einwilligung versuchte der BGH einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der Urheber und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit herzustellen. Wer seine Texte und Bilder im Internet ohne Einschränkungen frei zugänglich mache, müsse damit rechnen, dass Internetnutzer wie im Netz üblich damit umgehen.

Im Übrigen sei es ein Einfaches, die Erfassung der eigenen Bilder durch die Googlesuche zu verhindern, etwa durch Angaben in einer "robots.txt"-Datei. Dem Suchmaschinenbetreiber aufzuerlegen, vor jeder Bilderindizierung um eine Einwilligung zu fragen, sei dagegen unverhältnismäßig.

Das Urheberrecht: Ein unflexibles Relikt

Ebenso wie die Google-Bildervorschau ist das Teilen von Links samt Bild heute eine durchaus übliche Nutzung von Inhalten im Internet. Allerdings ist nicht ganz klar, was genau der Begriff "Teilen" umfasst. Nur kleine Vorschaubilder wie bei Facebook? Oder auch große Bilder, wie bei der Plattform Pinterest? Und sollen sich auch Betreiber von Blogs auf diese mutmaßliche Einwilligung berufen können, wenn sie in ihren Beiträgen mit Bildern auf andere Webseiten verlinken?

Allerdings können die Urheber anders als bei Suchmaschinen die Vorschaubilder nicht so einfach verhindern. Es gibt proprietäre Techniken wie die html-Metaangaben "nopin" bei der Plattform Pinterest, "og:image" bei Faceboook oder "image_src" bei Google+. Die Urheber darauf zu verweisen, wäre unverhältnismäßig.

Das Urheberrecht beweist sich also erneut als ein unflexibles Relikt, welches die Nutzer zwingt, auf Vorschaubilder zu verzichten oder bewusst das Risiko einer Abmahnung einzugehen.

Es bleibt die Hoffnung, dass die Gerichte zumindest die Üblichkeit des Teilens und die Größe der Vorschaubilder bei der Berechnung des Streitwerts und der Höhe des Schadensersatzes berücksichtigen. Die Tendenz zeigt, dass sich viele Gerichte um einen gerechten Interessenausgleich bemühen. So gewährte das Amtsgericht Köln für die dreimonatige Nutzung eines briefmarkengroßen Bildes lediglich Schadensersatz in Höhe von 150 Euro (Urt. v. 30.12.2010, Az. 125 C 28/10).

Der Autor Thomas Schwenke, Dipl.FinWirt(FH), LL.M. (Auckland), ist als Rechtsanwalt auf das Recht sozialer Medien spezialisiert und Autor des Buchs "Social Media Marketing & Recht".

Zitiervorschlag

Thomas Schwenke, LL.M., Abmahnung wegen Vorschau auf Facebook: Zurück zu Links ohne Bilder . In: Legal Tribune Online, 10.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7937/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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