Druckversion
Dienstag, 18.11.2025, 01:28 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/hintergruende/h/eugh-urteil-c26414-keine-umsatzsteuer-bitcoins-umtausch
Fenster schließen
Artikel drucken
17323

EuGH verneint Umsatzsteuer auf Internetwährung: Keine Bit­coins für Schäuble

von Prof. Dr. Dennis Klein

23.10.2015

Bitcoins und andere Währungen

Bild: © Natalia Merzlyakova - fotolia.com

Der Handel und Umtausch von Bitcoins ist umsatzsteuerfrei, entschied der EuGH am Donnerstag. Anderer Ansicht war: das deutsche Finanzministerium. Zu Unrecht, meint Dennis Klein.

Anzeige

Bitcoins sind eine virtuelle Währung. Sie werden die durch einen Algorithmus im Internet geschaffen und zwischen den Rechnern von Nutzern elektronisch übertragen.

Anders als bei den gesetzlichen Zahlungsmitteln wie Euro oder Dollar gibt es keine Zentralbank oder staatliche Instanz, welche die Ausgabe kontrolliert und steuert. Bitcoins sind zwar kein gesetzliches Zahlungsmittel, erfreuen sich aber als einfaches, günstiges und anonymes Umtauschmittel bei Online-Geschäften wachsender Beliebtheit.

Sofern man einen Abnehmer findet, lassen sich Bitcoins auch gegen echtes Geld, also gesetzliche Zahlungsmittel tauschen. Wie andere Währungen unterliegen sie dabei ausgeprägten Kursschwankungen und ziehen fast zwangsläufig Spekulanten an. Hier kommt die Umsatzsteuer ins Spiel.

Gesetzliches Zahlungsmittel iSd Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie?

Im Fall, über den der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu entscheiden hatte, will ein schwedischer Unternehmer über das Internet den An- und Verkauf von Bitcoins gegen schwedische Kronen betreiben. Mit den schwedischen Finanzbehörden stritt er über die Frage, ob der bloße Umtausch von Bitcoins umsatzsteuerfrei ist.

Der Umtausch gesetzlicher Zahlungsmittel ist nämlich nach Art. 135 Abs. 1 e) Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie der Europäischen Union (MwStSystRL) umsatzsteuerfrei. Das mit dem Fall befasste schwedische Gericht legte dem EuGH daher das Vorabentscheidungsersuchen vor, ob die virtuelle Währung Bitcoin den gesetzlichen Zahlungsmitteln insofern gleichzustellen ist.

Die dem Verfahren beigetretene deutsche Regierung argumentierte dagegen. Die MwStSystRL und deren deutsche Umsetzung in § 4 Nr. 8 b) UStG befreiten ausdrücklich nur gesetzliche Zahlungsmittel. Das seien Bitcoins nirgends auf der Welt. Vielmehr seien diese betrugsanfällig und unsicher. Überdies ermöglichten sie anonyme Transaktionen und begünstigten damit verbotene Geschäfte wie Drogenhandel, Geldwäsche und organisierte Kriminalität im allgemeinen.

Sprachwirrwarr und die teleologische Lösung des EuGH

Den deutschen Wortlaut in Art. 135 Abs. 1 e) MwStSystRL hatte die Bundesregierung durchaus auf ihrer Seite. Das Problem: Der entscheidende Begriff "gesetzlich" taucht in anderen Sprachfassungen der MwStSystRL so nicht auf. In der englischen Sprachfassung ist etwa nur von "currency, bank notes and coins" die Rede. Oder in der italienischen Sprachfassung von "con valore liberatorio", explizit nicht vom andernorts verwendeten Begriff "corso legale", der für gesetzliche Zahlungsmittel steht.

Maßgeblich sind alle Amtssprachen der EU. Für den Bereich der europaweit vereinheitlichten Umsatzsteuer kann es nur eine einzige verbindliche Auslegung der Richtlinie geben – eine originäre Aufgabe des EuGH.

Da die Wortlautauslegung widersprüchlich ist, verlegte sich der Gerichtshof auf den Sinn und Zweck der Umsatzsteuerbefreiung.

Dieser besteht darin, die Konvertierbarkeit reiner Zahlungsmittel nicht durch eine Mehrwertsteuer bzw. Umsatzsteuer zu verteuern und damit zu behindern. Auch sollen Schwierigkeiten bei der Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage und der abzugsfähigen Umsatzsteuer vermieden werden. Aus diesem Grund erfasst Art. 135 Abs. 1 e) MwStSystRL nicht nur die Währungen innerhalb der Europäischen Union, sondern sämtliche weltweiten Währungen.

Sofern ein Medium auf seine Funktion als reines Zahlungsmittel beschränkt ist, gebietet die steuerliche Neutralität und Gleichbehandlung die Umsatzsteuerbefreiung. Bitcoins misst der EuGH diese reine Zahlungsfunktion zu. Im Gegensatz zu anderen "Tauschmedien" wie Zigaretten oder Gold hätten diese keinen über die bloße Zahlungswirkung hinausgehenden "eigenen" Wert. Und unterlägen damit nicht der Umsatzsteuer (EuGH, Urt. v. 22.10.2015, Az. C-264/14).

Seite 1/2
  • Seite 1:

    Virtuelle Währung & sprachliche Verwirrung

  • Seite 2:

    Das Prinzip der Mehrwertsteuer; und was die Entscheidung nicht bedeutet

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

EuGH verneint Umsatzsteuer auf Internetwährung: . In: Legal Tribune Online, 23.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17323 (abgerufen am: 18.11.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Steuerrecht
    • Europa- und Völkerrecht
    • Bitcoin
    • Umsatzsteuer
  • Gerichte
    • Europäischer Gerichtshof (EuGH)
Die beliebten Apple AirPods 22.01.2025
Strafprozess

Prozessbeginn vor dem LG Düsseldorf:

Ange­klagte schef­felten 93 Mil­lionen Euro durch Air­Pods-Handel

In Düsseldorf ist der Prozess gegen drei Männer gestartet, die durch ein sogenanntes Umsatzsteuerkarussell 93 Millionen Euro Steuern hinterzogen haben sollen. Das Hauptprodukt bei der Masche: die beliebten AirPods von Apple.

Artikel lesen
Bitkursentwicklung und Laptop 15.01.2025
Verbraucherschutz

Coaching-Vertrag zu Kryptowährung nichtig:

Online-Anbieter muss 1.500 Euro zurück­zahlen

Per Fernunterricht zum Kryptoexperten werden: Klingt vielversprechend, wenn man sich den Bitcoin-Kurs anschaut. Der Schutz vor unseriösen Anbietern, die über keine Unterrichtserlaubnis verfügen, gilt auch für Unternehmer, so das LG München I.

Artikel lesen
Bitcoin 14.04.2023
Bitcoin

LG Karlsruhe verkündet Urteil:

Bit­coin-Spuren und eine Perücke führen zum dm-Erpresser

Mehrjährige Haft für den Bitcoin-Erpresser der Drogeriemarktkette dm. Dass ihm die Fahnder überhaupt auf die Schliche kamen, lag an der Geduld und am Know-how der Ermittler. Und an Kommissar Zufall.

Artikel lesen
Sam Bankman-Fried (mittig) auf einer Gerichtszeichnung, die im Rahmen einer Anhörung in New York angefertigt wurde. 12.01.2023
Kryptowährungen

Nach Insolvenz tauchen mehrere Milliarden Dollar auf:

Bar­geld­funde bei Kryp­to­börse FTX

Im Zuge der Abwicklung von FTX, einer Handelsplattform für Kryptowährungen, finden sich mehr als fünf Milliarden Dollar an liquiden Mitteln. Das genaue Volumen der Verbindlichkeiten des Unternehmens ist weiterhin ungeklärt.

Artikel lesen
Irgendwas mit Recht LTO-Karriere-Podcast 04.07.2022
Datenschutz

Irgendwas mit Recht – der LTO-Karriere-Podcast:

Was macht Daten­ver­ar­bei­tung mit unserer Gesell­schaft?

Web3, Blockchain, Bitcoin, NFTs – der Datenschutzrechtler Dr. Malte Engeler bringt hier Licht ins Dunkel und spricht aus rechtlicher Perspektive über neue Technologien in unserer immer digitaleren Gesellschaft.

Artikel lesen
Menschenleer und nahezu unbeleuchtet ist ein Durchgang in der legendären Herbertstraße im Rotlichtviertel an der Reeperbahn auf St. Pauli. 21.06.2022
Prostitution

FG Hamburg zur Vermietung von Zimmern auf St. Pauli:

Umsatz­steu­erpf­licht bei "Rund-um-sorglos-Paket" für Prosti­tu­ierte

Catering, Alarmanlage und die Nutzung von Schaufenstern auf St. Pauli: Das ist mehr als nur die Vermietung eines Zimmers an Prostituierte. Laut FG muss für dieses "Rund-um-sorglos-Paket" Umsatzsteuer gezahlt werden.

Artikel lesen
lto karriere logo

LTO Karriere - Deutschlands reichweitenstärkstes Karriere-Portal für Jurist:innen

logo lto karriere
Jetzt registrieren bei LTO Karriere

Finde den Job, den Du verdienst 100% kostenlos registrieren und Vorteile nutzen

  • LTO Job Matching: Finde den Job & Arbeitgeber, der zu Dir passt.
  • Jobs per Mail: Verpasse keine neuen Job-Angebote mehr.
  • One-Klick Bewerbung: Dein Klick zum neuen Job, einfach und schnell.
Das Passwort muss mindestens 8 Zeichen lang sein und mindestens einen Großbuchstaben, einen Kleinbuchstaben, eine Zahl und ein Sonderzeichen enthalten (z.B. #?!@$%^&*-).
Pflichtfeld *

Nur noch ein Klick!

Wir haben Dir eine E-Mail gesendet. Bitte klicke auf den Bestätigungslink in dieser E-Mail, um Deine Anmeldung abzuschließen.

Weitere Infos & Updates einfach und kostenlos direkt ins Postfach.

LTO Karriere Newsletter

Das monatliche Update mit aktuellen Stellenangeboten & Karriere-Tipps.

LTO Daily

Jeden Abend um 18 Uhr die wichtigsten News vom Tag.

LTO Presseschau

Jeden Morgen um 7:30 Uhr die aktuelle Berichterstattung über Recht und Justiz.

Pflichtfeld *

Fertig!

Um die kostenlosen Nachrichten zu beziehen, wechsle bitte nochmal in Dein Postfach und bestätige Deine Anmeldung mit dem Bestätigungslink.

Du willst Dein Bewerberprofil direkt anlegen?

Los geht´s!
ads lto paragraph
lto karriere logo
ads career people

Wir haben die Top-Jobs für Jurist:innen

Jetzt registrieren
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Hogan Lovells International LLP
Re­fe­ren­da­rin/Re­fe­ren­dar (w/m/d) Steu­er­recht

Hogan Lovells International LLP , Düs­sel­dorf

Logo von Osborne Clarke GmbH & Co. KG
Men­tee (w/m/d) für un­ser OCh­an­ce Men­to­ring- und Sti­pen­di­en­pro­gramm

Osborne Clarke GmbH & Co. KG , Ham­burg

Logo von Osborne Clarke GmbH & Co. KG
Men­tee (w/m/d) für un­ser OCh­an­ce Men­to­ring- und Sti­pen­di­en­pro­gramm

Osborne Clarke GmbH & Co. KG , Mün­chen

Logo von RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder in frei­er Mit­ar­beit

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Logo von Osborne Clarke GmbH & Co. KG
Men­tee (w/m/d) für un­ser OCh­an­ce Men­to­ring- und Sti­pen­di­en­pro­gramm

Osborne Clarke GmbH & Co. KG , Köln

Logo von Görg
Steu­er­ju­rist (m/w/d) in Voll­zeit

Görg , Ham­burg

Logo von Osborne Clarke GmbH & Co. KG
Men­tee (w/m/d) für un­ser OCh­an­ce Men­to­ring- und Sti­pen­di­en­pro­gramm

Osborne Clarke GmbH & Co. KG , Ber­lin

Logo von Deutscher Landkreistag
Voll­ju­rist/in (m/w/d)

Deutscher Landkreistag , Ber­lin

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Logo von FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH & Co. KG
Wandhängende WCs und andere Luxusmodernisierungen - – Soziales Erhaltungsrecht in der anwaltlichen Praxis

04.12.2025, Berlin

Logo von Deloitte Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Carve-Out-Transaktionen: Rechtliche, finanzielle und IT-Herausforderungen meistern

26.11.2025

Verfahren wegen Kindesmissbrauchs und Kinderpornographie (5 Zeitstunden)

25.11.2025

Aktuelle Rechtsprechung im Wohn- und Gewerberaummietrecht (5 Zeitstunden)

25.11.2025

Verlesen statt vernehmen? – Hürden und Schwachstellen beim Urkundenbeweis (5 Zeitstunden)

25.11.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH