Wer Hyperlinks mit Gewinnerzielungsabsicht setzt, muss genau prüfen, ob die Inhalte Urheberrechte verletzen. Für Privatpersonen gelten weiterhin großzügige Regelungen, erklären Dr. Martin Gerecke und Dr. Nico Brunotte.
Das Setzen eines Links kann eine Urheberrechtsverletzung darstellen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem stark differenzierenden Urteil entschieden (Urt. v. 08.09.2016, Az. C-160/15).
Hintergrund des Verfahrens ist eine Klage des niederländischen "Playboy"-Verlages Sanoma gegen das Internetportal GS Media BV. Sanoma hatte Nacktfotos der holländischen Moderatorin Britt Dekker für das Magazins erstellen lassen. Bevor es zur Veröffentlichung in der Zeitschrift kam, wurden sie jedoch ohne Einverständnis von Sanoma auf einer australischen Webseite geleakt. Die GS Media verlinkte auf diese Webseite und veröffentlichte auch ein Vorschaubild, ein sogenanntes Thumbnail, von einem der Fotos.
Trotz Aufforderung durch Sanoma entfernte die GS Media den Link nicht. Im Gegenteil: Nachdem der australische Webseiteninhaber die Fotos löschte, setzte GS Media einen weiteren Hyperlink auf eine andere Webseite, auf der die Fotos ebenfalls zu sehen waren. Nachdem auch dort die Fotos entfernt wurden, setzten Besucher im Forum der Webseite der GS Media immer wieder neue Hyperlinks zu anderen Webseiten, auf denen sich die Fotos befanden.
Richter weichen von Schlussanträgen ab
Der Streit gelangte schließlich vor den niederländischen Kassationshof, der dem EuGH die Frage vorlegte, ob das Setzen eines Hyperlinks einen Akt der öffentlichen Wiedergabe im Sinne der europäischen Richtlinie 2001/29/EG (InfoSoc) darstelle. Der Kassationshof wies in seiner Vorlage insbesondere darauf hin, dass die Fotos vor der Verlinkung durch GS Media zwar auch, aber nicht so leicht auffindbar gewesen seien.
Der Generalanwalt am EuGH Melchior Wathelet hatte in seinen Schlussanträgen die Auffassung vertreten, die Verlinkung auf Webseiten mit rechtswidrig eingestellten Fotos sei keine öffentliche Wiedergabe im Sinne der InfoSoc-Richtlinie. Der EuGH wich von nun jedoch von dessen Schlussanträgen ab.
Kernfrage: die öffentliche Wiedergabe
Nach Ansicht des Gerichtes liege kein Akt der öffentlichen Wiedergabe vor, wenn die Links ohne Gewinnerzielungsabsicht durch jemanden, der die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Werke auf der anderen Website nicht kannte oder vernünftigerweise nicht kennen konnte, bereitgestellt wurden. Demgegenüber kann eine öffentliche Wiedergabe vorliegen, wenn die Links mit Gewinnerzielungsabsicht bereitgestellt wurden. Und dann wird sogar vermutet, dass der Linksetzer in Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung auf der anderen Website handelte.
Der EuGH begründete seine differenzierte Entscheidung damit, dass dem Internet mit Blick auf die Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit eine wichtige Funktion zukomme. Hyperlinks würden zu einem guten Meinungs- und Informationsaustausch beitragen.
Verlinken Einzelpersonen auf Websites, so das Gericht, ist es für diese mitunter schwierig zu entscheiden, ob diese Zugang zu geschützten Werken geben und ob die erforderliche Erlaubnis des Urhebers vorliegt. Wird daher ein Hyperlink durch eine Person ohne Gewinnerzielungsabsicht gesetzt, muss nach Ansicht des Gerichts berücksichtigt werden, dass der Linksetzende nicht weiß und vernünftigerweise nicht wissen kann, dass dort gegebenenfalls Werke im Internet ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers veröffentlicht wurden. Demgegenüber liegt aber auch ohne Gewinnerzielungsabsicht eine öffentliche Wiedergabe vor, wenn der Verlinkende wusste oder hätte wissen müssen, dass der verlinkte Inhalt ohne Zustimmung des Urhebers eingestellt worden war.
Gewinnerzielungsabsicht: Vermutung der Kenntnis
Handelt der Verlinkende zudem mit einer Gewinnerzielungsabsicht, kann von ihm nach Ansicht der Richter erwartet werden, dass er erforderliche Nachprüfungen vornimmt und sich vergewissert, dass die verlinkten Werke nicht unbefugt veröffentlicht worden waren. Der EuGH betonte, dass bei Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht daher zu vermuten ist, dass das Setzen des Hyperlinks in voller Kenntnis der Geschützheit des auf der verlinkten Seite vorgehaltenen Werkes sowie der gegebenenfalls fehlenden Erlaubnis des Urhebers zu dieser Veröffentlichung auf der externen Seite erfolgt ist. Gelingt es dem Linksetzer nicht, diese Vermutung zu entkräften, liegt mit dem Setzen eines Hyperlinks auf unbefugt im Internet veröffentlichte Werke eine öffentliche Wiedergabe vor.
Für den entschiedenen Fall bedeuteten die von den Richtern aufgestellten Grundsätze das Folgende: Da die GS Media die Links zu den Fotos zu Erwerbszwecken bereitgestellt und Sanoma die Veröffentlichung der Fotos nicht gestattet hatte, griff die Vermutung, dass das Setzen der Links durch die GS Media in Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung erfolgte. Vorbehaltlich der noch vom niederländischen Kassationshofs vorzunehmenden Prüfung war, so die Richter, daher von auszugehen, dass die GS Media mit dem Setzen der Links eine öffentliche Wiedergabe vorgenommen hat.
EuGH zur Haftung für Hyperlinks: . In: Legal Tribune Online, 08.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20526 (abgerufen am: 11.12.2024 )
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