EuGH zum Onlinevertrieb von Bio-Erzeugnissen: Ver­trauen ist nur gut

von Dr. Christoph Naendrup, LL.M.

13.10.2017

Auch Onlinehändler, die Bioerzeugnisse an Endverbraucher vertreiben, müssen sich einem nationalen Kontrollsystem unterwerfen. Diese Entscheidung des EuGH stärkt den Verbraucherschutz, meint Christoph Naendrup.

Onlinehändler von Bio- und oder Öko-Produkten dürften enttäuscht sein – für Verbraucher jedoch hat die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) durchaus ihr Gutes. Sie können sicher sein, dass Produkte, auf denen "Bio" steht, auch dann den für solche Produkte vorgeschrieben Kontrollmechanismen unterworfen sind, wenn sie über Online-Händler bezogen werden. Einer Erstreckung existierender Befreiungsmöglichkeiten auf den Online-Handel hat der EuGH mit seinem Urteil (12.10.2017, Az. RS C 289/16) eine deutliche Absage erteilt.

Gelegenheit, sich zu der Frage zu äußern, ob für den Onlinehandel von Bio-Produkten im Grundsatz die gleichen Voraussetzungen gelten wie für den stationären Handel, bekam der EuGH aufgrund einer Vorlage des Bundesgerichtshofs (BGH). Dieser war in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale gegen einen Onlinehändler von "Bio-Gewürzen" mit der Frage konfrontiert, ob sich der Händler auf eine Ausnahmevorschrift im deutschen Öko-Landbaugesetz (ÖLG) berufen kann oder nicht. Da das ÖLG im Wesentlichen der Durchführung europäischer Rechtsakte auf dem Gebiet des ökologischen Landbaus dient, konkret u.a. der Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 834/2007, legte der BGH diese Frage dem EuGH vor.

Bio-Unternehmer in einheitlichem Kontrollsystem

Diese Verordnung  gemeinschaftsrechtlichen Rahmen über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen bildet im Wesentlichen den Rahmen für einen EU-weiten ökologischen/biologischen Produktionssektor. Einer ihrer Kernpunkte Verordnung ist die Vorgabe, dass jeder Unternehmer, der ökologische/biologische Erzeugnisse erzeugt, aufbereitet, lagert, einführt, oder in Verkehr bringt, verpflichtet ist, sich einem von den Mitgliedstaaten einzurichtenden Kontrollsystem anzuschließen (Art. 28 Abs. 1 der Verordnung).

Das System soll wiederum u.a. gewährleisten, dass für jedes Erzeugnis die Rückverfolgbarkeit über alle Produktions- und Handelsstufen hinweg gewährleistet ist, um insoweit insbesondere dem Verbraucher die Sicherheit zu geben, dass, wo "bio" drauf steht, auch "bio" drin ist (Art. 27 Absätze 1 und 13 der Verordnung).

Reine Händler können ausgenommen werden

Die Verordnung sieht in Art. 28 Abs. 2 jedoch eine Befreiungsmöglichkeit vor: "Die Mitgliedstaaten können Unternehmer, die Erzeugnisse direkt an Endverbraucher oder -nutzer verkaufen, von der Anwendung dieses Artikels befreien, sofern diese Unternehmer die Erzeugnisse nicht selbst erzeugen, aufbereiten oder an einem anderen Ort als in Verbindung mit der Verkaufsstelle lagern oder solche Erzeugnisse nicht aus einem Drittland einführen oder solche Tätigkeiten auch nicht von Dritten ausüben lassen."

Deutschland hat von dieser Möglichkeit in § 3 Abs. 2 des ÖLG Gebrauch gemacht. Unternehmer, die Erzeugnisse im Sinne der Verordnung direkt an Endverbraucher oder -nutzer abgeben, sind von dem Einhalten der Pflichten nach Artikel 28 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 freigestellt. Voraussetzung ist nur, dass sie diese Erzeugnisse nicht selbst erzeugen oder erzeugen lassen, aufbereiten oder aufbereiten lassen, an einem anderen Ort als einem Ort in Verbindung mit der Verkaufsstelle lagern oder lagern lassen oder aus einem Drittland einführen oder einführen lassen.

Zitiervorschlag

Dr. Christoph Naendrup, LL.M. , EuGH zum Onlinevertrieb von Bio-Erzeugnissen: Vertrauen ist nur gut . In: Legal Tribune Online, 13.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25007/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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