EuGH zur geschützten Ursprungsbezeichnung "Queso Manchego": Ein Kampf gegen Wind­mühlen, Schafe und Reiter

Gastbeitrag von David Ziegelmayer

02.05.2019

Verbände und Stiftungen wachen scharf über ihre geschützten Ursprungsbezeichnungen. Nach schottischem Whisky hat der EuGH heute die Bezeichnung "Manchego"-Käse in Schutz genommen. Was Don Quijote damit zu tun hat, erklärt David Ziegelmayer.

"Die Historie erzählt, daß, als Don Quijote nach Sancho rief, ihm den Helm zu geben, dieser eben einige Quarkkäse einkaufte, die ihm die Hirten abließen [...]", beginnt das zehnte Kapitel in "Don Quijote". Nachdem der Berühmte Ritter aus dem in der Mancha (Spanien) angesiedelten Roman den Helm mit dem gekauften Käse unbesehen wieder aufs Haupt setzte, bemerkte ein Edelmann: "[...] nun hat es sich unser lieber Ritter merken lassen, wo es ihm fehlt; die weichen Käse haben ihm gewiß das Gehirn erweicht und den Verstand überreif gemacht."

Rund 400 Jahre nach Erscheinen des Romans musste sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun mit Don Quijote, seinem Pferd Rosinante und Windmühlen beschäftigen – zudem auch mit dem Käse der Region, allerdings in Form des Hartkäses "Manchego". Mit seiner Entscheidung vom Donnerstag (Urt. v. 02.05.2019, Az. C-614/17) stärkt der EuGH sogenannte geschützte Ursprungsbezeichnungen. Aber der Reihe nach.

Was macht den "Queso Manchego" aus?

Die Industrial Quesera Cuquerella SL (IQC) – selbst ansässig in der Mancha – vermarktet drei ihrer Käsesorten mit Etiketten, die das Bild eines an Don Quijote erinnernden Reiters, eines abgemagerten Pferdes und einer Landschaft mit Windmühlen und Schafen sowie die Begriffe "Quesos Rocinante" (entsprechend des spanischen Namens des Pferdes Rosinante) enthalten.

Die fraglichen Käse fallen nicht unter die geschützte Ursprungsbezeichnung "queso manchego", dessen Spezifikation in der Durchführungsverordnung Nr. 129/2012 der Kommission nachzulesen ist. Unter anderem handelt es sich um "Käse aus gepresster Masse, hergestellt aus der Milch von Schafen der Manchega-Rasse, mit einer Reifezeit von mindestens 30 Tagen bei Käse mit einem Gewicht von höchstens 1,5 kg und von 60 Tagen bei Käse mit höherem Gewicht, wobei zwei Jahre nicht überschritten werden dürfen."

Die Stiftung "Kontrollrat für die geschützte Ursprungsbezeichnung Queso Manchego" erhob als Hüterin der Ursprungsbezeichnung Klage gegen IQC auf Feststellung, dass die Etiketten sowie der Gebrauch gegen die geschützte Bezeichnung verstoßen. Kern des Streits ist die Frage, ob neben der Nutzung der Bezeichnung "Manchego" hier eine rechtswidrige Anspielung im Sinne der Verordnung zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vorliegt, wenn für die Anspielung lediglich Bildzeichen hierzu benutzt werden – hier also der Reiter auf seinem mageren Pferd in der Windmühlen-Landschaft.

Die Bildsprache ist entscheidend

Das erstinstanzliche Gericht wies die Klage der Stiftung noch ab: Die von IQC verwendeten Bild- und Wortzeichen wiesen keine bildliche oder klangliche Ähnlichkeit mit den geschützten Begriffen "queso manchego" oder "la Mancha" auf. Die Berufungsinstanz entschied sogar, dass die Verwendung von Bildzeichen durch IQC rechtmäßig sei, da die von dem Unternehmen vermarkteten Produkte, für die diese Symbole verwendet würden, tatsächlich in diesem Gebiet hergestellt würden.

Hiergegen legte die Stiftung beim Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof Spaniens) Rechtsmittel ein, der drei Vorlagefragen an den EuGH richtete:

Das Gericht wollte erstens wissen, ob die Anspielung auf eine geschützte Ursprungsbezeichnung auch durch die bloße Verwendung von Bildzeichen erfolgen kann.

Zweitens fragte sich das vorlegende Gericht, ob in diesem Fall die Hersteller von Käsesorten, die von dieser Bezeichnung erfasst werden, über ein Monopol für die Verwendung dieser Zeichen auch gegenüber Herstellern verfügen, die – wie IQC – in dieser Gegend ansässig sind, deren Erzeugnisse aber nicht von der Spezifikation "Manchego" erfasst werden.

Und schließlich fragte das vorlegende Gericht den Gerichtshof, auf welche Kategorie von Verbrauchern bei der Prüfung des Vorliegens einer Anspielung insbesondere in dem Fall abzustellen ist, in dem die fraglichen Erzeugnisse dazu bestimmt sind, hauptsächlich in dem Mitgliedstaat konsumiert zu werden, in dem sie hergestellt werden.

Drei Antworten, die neue Fragen aufwerfen

Nur wenige Monate nach dem Urteil vom 7. Juni 2018 zugunsten der Scotch Whisky Association (Az. C‑44/17), das das Landgericht Hamburg bewegt hatte, die Bezeichnung "Glen Buchenbach" als irreführend einzustufen, war der EuGH erneut damit erneut gefragt, im Wege der Vorabentscheidung den Begriff der "Anspielung" im Sinne der Unionsvorschriften im Bereich der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben auszulegen.

Die Antworten dürften in Zukunft durchaus weitere Fragen aufwerfen: So bejaht der EuGH zunächst und überzeugend, dass die Anspielung auf eine eingetragene Bezeichnung durch den Gebrauch von Bildzeichen (hier etwa durch das Pferd oder die Windmühlen Don Quijotes) erfolgen kann. Dabei weist das Gericht darauf hin, dass die Verordnung eingetragene Bezeichnungen vor "jeder" (!) Anspielung schütze. Entscheidend sei, ob das oder die anspielenden Element(e) geeignet sind, dem Verbraucher das Erzeugnis, das diese Bezeichnung trägt (hier "Manchego"), gedanklich unmittelbar in Erinnerung zu rufen. Es sei nun Sache des spanischen Gerichts, dies konkret zu beurteilen.

Außerdem sei die Verwendung von Bildzeichen, die auf das geografische Gebiet anspielen, mit dem eine Ursprungsbezeichnung verbunden ist, selbst dann als rechtswidrige Anspielung anzusehen, wenn sie von einem in dieser Gegend ansässigen Erzeuger (die verklagte IQC kommt ja selbst aus der Mancha!) verwendet werden. Nach Auffassung der Luxemburger Richter jedenfalls dann, wenn dessen Erzeugnisse nicht von dem Schutzbereich erfasst werden. Denn (Hart-)Käse aus der Mancha muss nun einmal den Spezifikationen genügen, um als "Manchego" durchzugehen.

Auch hier müsse das spanische Gerichte damit die Frage beantworten, ob "insbesondere die Bilder einer Don Quijote de la Mancha ähnelnden Person, eines abgemagerten Pferdes und von Landschaften mit Windmühlen und Schafen enthalten, eine begriffliche Nähe zu der g.U. 'queso manchego' herstellen können", so der EuGH.

Unionsweiter Schutz anhand der Konsumenten im Ursprungsland

Mit der dritten Antwort auf die Vorlagefragen nimmt der EuGH schließlich dazu Stellung, welche Verbraucher innerhalb der EU sich eigentlich von der Anspielung angesprochen fühlen müssen. Hier, so der Gerichtshof, sei "auf die europäischen Verbraucher einschließlich der Verbraucher des Mitgliedstaats [...], in dem das Erzeugnis hergestellt wird [...] und in dem das Erzeugnis überwiegend konsumiert wird" zu schauen.

Daraus schließt der EuGH, dass das spanische Tribunal Supremo nun zu beurteilen hat, ob die Anspielungen auf den "Manchego", der in Spanien hergestellt und überwiegend dort konsumiert wird, bei den Verbrauchern dieses Mitgliedstaats gedanklich das Bild einer eingetragenen Bezeichnung hervorrufen. Das kann man so verstehen, dass es für einen unionsweiten Schutz einer Ursprungsbezeichnung ausreicht, wenn eine geschützte Bezeichnung im eigenen Land "berühmt" ist. Das weitet den Schutz von geografischen Bezeichnungen und Ursprungsbezeichnungen durch den EuGH aus.

Die Entscheidung wird sicher nicht die letzte ihrer Art sein: Whisky, Champagner oder Parmaschinken bleiben derart beliebt, dass ihre Wächter nicht zögern oder gar aufhören werden, Nutzungen "ihrer" Bezeichnungen vor Gericht anzugreifen. Ein Kampf gegen Windmühlen ist das meist nicht.

Der Autor David Ziegelmayer ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei LEXANTIS. Er ist als Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert auf das Marken- und Wettbewerbsrecht für Unternehmen.

Zitiervorschlag

EuGH zur geschützten Ursprungsbezeichnung "Queso Manchego": Ein Kampf gegen Windmühlen, Schafe und Reiter . In: Legal Tribune Online, 02.05.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35159/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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