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EuGH zu geschützten Ursprungsbezeichnungen: Cham­pagner Sorbet: Eine Frage des Gesch­macks

von Dr. Ulrike Grübler

20.12.2017

Champagner

© Fabio Roncaglia - stock.adobe.com

Reichen zwölf Prozent Champagner aus, um Eis als "Champagner Sorbet" zu bezeichnen? Es kommt auf den Geschmack an, meint der EuGH. Ulrike Grübler erläutert, was der BGH nun im Rechtsstreit um das Aldi-Dessert beachten muss.

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte eine Kernfrage in einem jahrelangen Rechtsstreit zwischen der Einzelhandelskette Aldi Süd und dem französischen Winzerverband Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne zu beantworten: Hat Aldi ein berechtigtes Interesse an der Verwendung der Bezeichnung "Champagner Sorbet" oder nutzt der Discounter den guten Ruf von Champagner aus?

Nun erklärten die Richter: Die Verwendung einer geschützten Ursprungsbezeichnung ist unzulässig, wenn sie darauf abzielt, unberechtigt von deren Ansehen zu profitieren (Urt. v. 20.12.2017, Az. C-393/16). Die Verwendung der Bezeichnung "Champagner Sorbet" für ein Sorbet mit dem Bestandteil Champagner sei grundsätzlich geeignet, das Ansehen sowie die Güte- und Preisvorstellungen der geschützten Ursprungsbezeichnung "Champagne" auf das Sorbet zu übertragen.

Die Verwendung könne allerdings berechtigt sein, soweit das Dessert einen hauptsächlich durch Champagner hervorgerufenen Geschmack aufweist. Die Menge des im Sorbet enthaltenen Champagner halten die Richter insoweit für ein wichtiges, allerdings kein ausreichendes Kriterium für die Bewertung der Zulässigkeit. Damit obliegt nun den nationalen Gerichten die finale Beurteilung anhand der im Prozess vorgelegten Beweise. 

Vor fast genau fünf Jahren hatte der Discounter Aldi Süd zur Weihnachtszeit "Champagner Sorbet" eines belgischen Anbieters in Sortiment. Das Dessert enthielt tatsächlich Champagner. Allerdings betrug der Anteil ausweislich der auf der Produktverpackung angebrachten Zutatenliste nur zwölf Prozent – zu wenig aus Sicht der Interessengemeinschaft der Champagnerbauern. Das Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne ging daher nach erfolgloser Abmahnung gerichtlich gegen den Einzelhändler vor. Der Bundesgerichtshof (BGH) legte den Fall schließlich dem EuGH vor. 

Winzer: Zu wenig Champagner und zu plakativ beworben

Im Kern geht es in dem Rechtsstreit um die Auslegung von Spezialnormen, die für geschützte Ursprungsbezeichnungen gelten und zu denen auch die Bezeichnung "Champagne" gehört. Art. 118m Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii, Buchst. b und c der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 untersagt das unberechtigte Ausnutzen einer geschützten Bezeichnung wie "Champagne", soweit kein berechtigtes Interesse an deren Verwendung besteht.

Die französischen Winzer meinten, das Ansehen des französischen Schaumweins werde beim "Champagner Sorbet" unzulässig ausgenutzt. An "Champagne" bestehe ein subjektives Kennzeichenrecht mit Ausschließlichkeitscharakter. Die bloße Verarbeitung eines geschützten Produkts berechtige nicht dazu, die Ursprungsbezeichnung für das finale Produkt zu verwenden.

Das Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne störte sich insbesondere daran, dass die Spezifikation "Champagne" aus ihrer Sicht auf der Produktverpackung des "Champagner Sorbet" auf plakative und dominante Weise verwendet wird. Damit – so der Winzerverband – versuche man gezielt vom hohen Aufmerksamkeits- und Werbewert der Ursprungsbezeichnung zu profitieren.

Aldi Süd hielt dagegen und verwies während des Prozesses insbesondere darauf, dass in dem Produkt eine relevante Menge an Champagner enthalten sei.

Generalanwalt: Es geht auch um das Aroma

Während das Landgericht München I die Verwendung als rechtsverletzend ansah, hob das Oberlandesgericht München diese Entscheidung wieder auf und wies die Klage der französischen Winzer ab. Die trugen den Rechtstreit daraufhin zum BGH, der die Kernfragen des Falles dem EuGH vorlegte.

Der zuständige Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona hatte in seinem Schlussantrag vom 20. Juli 2017 bereits die Grundlage für die jetzige Entscheidung des EuGH bereitet. Grundsätzlich – so der Generalanwalt – sei die Verwendung einer geschützten Ursprungsbezeichnung unzulässig. Anderes gelte nur, wenn ein berechtigtes Interesse des Verkäufers erkennbar sei. Die bloße Beimischung einer als geschützte Ursprungsangabe abgesicherten Ursprungsbezeichnung reiche hierfür nicht automatisch aus. Vielmehr müssen die Gesamtumstände des Angebots gewürdigt werden.

Relevant ist insoweit, dass die Zutat in ausreichender Menge verwendet wird, um dem Lebensmittel eine wesentliche Eigenschaft zu verleihen. Allerdings ist dieses Kriterium nach Auffassung des Generalanwalts vielschichtiger, als man auf den ersten Blick vermutet. Es geht nicht darum, ob in dem Lebensmittel die wesentlichen Eigenschaften der geschützten Zutat wiederzufinden sind. Entscheidend ist vielmehr, ob das finale Produkt eine wesentliche Eigenschaft aufweist, die mit der geschützten Ursprungsbezeichnung in Verbindung steht.

Schon der Generalanwalt hat es bei dem quantitativen Faktor aber nicht bewenden lassen. Eine wesentliche Eigenschaft eines Lebensmittels sei eben auch das Aroma und der Geschmack, welcher durch die geschützte Ursprungsbezeichnung begründet wird. Diese Parameter müssten daher in die Entscheidung einfließen. Unabhängig davon kann es am berechtigten Interesse fehlen, wenn die Produktaufmachung das vorrangige Ausnutzen des Ansehens der geschützten Ursprungsbezeichnung nahelegt.

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  • Seite 1:

    Seit Jahren streiten französische Winzer mit Aldi um das Eis

  • Seite 2:

    EuGH: Was nach Champagner schmeckt, darf auch so heißen

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EuGH zu geschützten Ursprungsbezeichnungen: . In: Legal Tribune Online, 20.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26135 (abgerufen am: 18.05.2025 )

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