Druckversion
Dienstag, 20.05.2025, 13:57 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/hintergruende/h/eugh-c-160-15-c-527-15-link-framing-haftung
Fenster schließen
Artikel drucken
17399

EuGH wird über Haftung für Hyperlinks entscheiden: Wann wird der euro­päi­sche Gesetz­geber aktiv?

von Dr. Sascha Abrar, LL.M.

02.11.2015

Symbolbild Internet

© kentoh - Fotolia.com

Die deutsche Rechtsprechung zu Links und Framing ist für Nutzer schwer nachzuvollziehen. Teilweise Klärung könnten zwei anhängige EuGH-Verfahren liefern. Doch eigentlich ist dies Aufgabe des europäischen Gesetzgebers, meint Sascha Abrar.

Anzeige

Ohne Hyperlinks wäre ein bequemer und einfacher Zugriff auf Informationen im Netz stark eingeschränkt. Doch wer auf die Inhalte fremder Webseiten verlinkt, muss aufpassen. Sollte dieser Link nämlich auf einen rechtswidrigen Inhalt verweisen, kann es leicht zu einer urheberrechtlichen Haftung kommen.

Bislang sind die Voraussetzungen, wann genau der Verlinkende haftet, jedoch nicht abschließend geklärt. Bei einfachen Links stellt der Bundesgerichtshof (BGH) darauf ab, ob der Verlinkende sich den Inhalt, auf den er verlinkt "zu eigen gemacht hat" oder nicht. Wann genau dies vorliegen soll, muss in jedem Einzelfall nach den "allgemeinen Vorschriften" geklärt werden – hier herrscht Rechtsunsicherheit.

Diese Rechtsprechung könnte jedoch zumindest für das Urheberrecht bald ein Ende haben, sollte der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in den zwei niederländischen Fällen, die ihm zur Entscheidung vorliegen, zu einem anderen Ergebnis kommen. Dabei soll der Gerichtshof die Haftungsvoraussetzungen des Verlinkenden für den Bereich der "öffentlichen Wiedergabe" präzisieren.

Dass die Voraussetzungen der Linkhaftung immer noch nicht abschließend geklärt sind, ist unbefriedigend. Dafür sind aber nicht unbedingt die Gerichte verantwortlich. Denn für eine Lösung des Problems ist in erster Linie der europäische Gesetzgeber gefordert, der die Linkhaftung in den europäischen Richtlinien harmonisieren könnte. Dass dieses Thema in Brüssel jedoch immer noch nicht auf der Agenda steht, ist aufgrund der großen wirtschaftlichen Bedeutung des Linkings nur schwer zu verstehen.

Link auf rechtmäßige Website unproblematisch

Unproblematisch sind Fälle, in denen man auf eine Website mit einer zwar urheberrechtlich geschützten Datei wie einem Foto, einem Film oder einem Text verlinkt, diese Datei dort jedoch rechtmäßig eingestellt wurde und dargestellt wird. Diese Verlinkung ist urheberrechtlich auch dann unbedenklich, wenn man mit einem Deep-Link direkt auf eine Unterseite der fremden Website verweist (BGH, Urt. v. 17.07.2003, Az. I ZR 259/00 und EuGH, Urt. v. 13.02.2014, Az. C-466/12).

Rechtswidrig kann die Verlinkung ausnahmsweise dann sein, wenn durch sie ein Schutzmechanismus auf der fremden Website umgangen wird. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Urheber den öffentlichen Zugang zu einem geschützten Werk ausschließlich über die Startseite seines Internetauftritts ermöglicht, durch die Verlinkung aber gleichwohl ein unmittelbarer Zugriff auf die Unterwebsite erfolgt (BGH, Urt. v. 29.10.2010, Az. I ZR 39/08).

Risiken bei Linksetzung auf rechtswidrige Website

Komplizierter wird es, wenn der Inhalt, auf den verlinkt wird, selbst rechtswidrig eingestellt wurde. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Fotograf keine Zustimmung zur öffentlichen Zugänglichmachung seines Fotos auf der verlinkten Website erteilt hat. In einem solchen Fall stellt sich die Frage, ob der Verlinkende gegenüber dem Fotografen wegen einer Urheberrechtsverletzung an dem Foto haftet.

Nach der bisherigen Rechtsprechung scheidet eine Haftung zumindest dann aus, wenn sich derjenige, der den Link setzt, das Foto nicht "zu Eigen gemacht hat". Da die Haftung für Links in den EU-Richtlinien nicht harmonisiert wurde, soll nach dem BGH auf die "allgemeinen Vorschriften" zurückgegriffen werden (Urt. v. 17.10.2007. Az. I ZR 102/05).

Hierzu ein Beispiel aus dem Bereich der Hostprovider-Haftung: In der Entscheidung "marions-kochbuch.de" (BGH, Urt v. 12.11.2009, Az. I ZR 166/07) betrieb die Beklagte ein Onlineportal mit einer kostenfrei abrufbaren Rezeptdatenbank. Deren Inhalte stammten zwar erkennbar von den Nutzern der Plattform und nicht von ihr selbst. Die Rezepte und Fotos wurden aber vor ihrer Freischaltung von der Betreiberin redaktionell überprüft und erschienen dazu auch noch unter ihrem Emblem. Außerdem ließ sie sich in ihren AGBs von den Einsendern umfassende Nutzungsrechte an den Rezepten einräumen und bot den Inhalt ihrer Datenbank auch Dritten zur kommerziellen Verwertung an.

Dieses Geschäftsmodell reichte aus, um das Onlineportal für die Verwendung von unautorisierten Rezeptfotos verantwortlich zu machen, da sie sich diese Inhalte durch die vorbeschriebenen Handlungen zu Eigen gemacht hatte. Um eine Haftung zu vermeiden, muss sich der Verlinkende also möglichst neutral verhalten.

EuGH könnte die BGH-Rechtsprechung kippen

Ob es bei einer Verlinkung auf rechtsverletzende Websites auch weiterhin auf die Frage des Zueigenmachens von fremden Inhalten ankommt, ist nun jedoch für den Bereich des Urheberrechts wieder völlig offen. Denn aktuell sind gleich zwei Verfahren anhängig, in denen der niederländische Gerichtshof (Hooge Raad) den EuGH um Präzisierung gebeten hat, wann ein Hyperlinker unter dem Gesichtspunkt "öffentliche Wiedergabe" nach Art. 3 Abs. 1 der Info-Soc-Richtlinie (2001/29) haftet, wenn er auf rechtsverletzende Websites verlinkt.

In der Rechtssache C-160/15 geht es um Fotos, die ohne Zustimmung des Berechtigten auf einer australischen Website eingestellt wurden. Auf diese Website hatte der Beklagte verlinkt. Der EuGH muss nun entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen in einem solchen Fall der Verlinkende urheberrechtlich geschützte Werke öffentlich wiedergibt und somit haftet. Spielt es zum Beispiel eine Rolle, ob er Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der verlinkten Website hatte, ob der Berechtigte sein Werk bereits woanders veröffentlicht hatte oder ob das Werk durch die Linksetzung deutlich einfacher auffindbar ist als ohne Link?

In einem zweiten Verfahren (C-527/15) geht es um den Verkauf eines Internet-Mediaplayers, der für Nutzer Hyperlinks bereithält. Bei einem Klick auf die Links erfolgt eine Weiterleitung auf Websites Dritter, über die Filme ohne Zustimmung der Berechtigten "gestreamt" werden können. Auch hier wird der EuGH die Haftung für Links austarieren und sich zugleich zum Streaming von Filmen äußern.

Seite 1/2
  • Seite 1:

    EuGH könnte die BGH-Rechtsprechung zu Hyperlinks kippen

  • Seite 2:

    Auch das Framing ist noch nicht abschließend geklärt

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

EuGH wird über Haftung für Hyperlinks entscheiden: . In: Legal Tribune Online, 02.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17399 (abgerufen am: 20.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Zivil- und Zivilverfahrensrecht
    • Haftung
    • Internet
    • Unlauterer Wettbewerb
    • Urheber
    • Wettbewerbsrecht
    • YouTube
Low angle view of young businesswoman sitting at her workplace and working 20.05.2025
Anwaltsblatt

Wichtige Gesetzesänderung:

Neue Bar­rie­re­f­rei­heitspf­lichten für Kanzlei-Web­sites

Ende Juni tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft. Davon betroffen sind alle Kanzleien, die bestimmte digitale Angebote auf ihrer Website bereitstellen – und das sind viele. Für sie besteht Handlungsbedarf.

Artikel lesen
OpenJur-Anwälte Dr. Mina Kianfar und Dr. Lukas Mezger von der Kanzlei Unverzagt 12.05.2025
Datenschutz

LG Hamburg zur Rechsprechungsdatenbank:

OpenJur haftet nicht für Fehler der Ber­liner Justiz

Wegen der Veröffentlichung eines nicht anonymisierten Beschlusses verklagte ein Anwalt OpenJur. Das LG Hamburg wies die Klage ab. Für den Gerichtsfehler hafte OpenJur weder nach DSGVO noch BGB. Der Betrieb dieser Datenbank sei Journalismus.

Artikel lesen
YouTuber "Marvin" mit Bundesverdienstkreuz 10.05.2025
Bundesverdienstkreuz

Strafbarer Scherz?:

Youtuber ersch­leicht Bun­des­ver­di­enst­k­reuz von Peter Lustig

Der Youtuber Marvin Wildhage hat sich durch Täuschung eine Neuanfertigung des Bundesverdienstkreuzes des verstorbenen Peter Lustig schicken lassen. Hat er sich damit strafbar gemacht? 

Artikel lesen
Internetauftritt von Check24 08.05.2025
EuGH

EuGH zu Vergleichsportalen und vergleichender Werbung:

Check24 darf vor­erst eigene Noten ver­geben

Darf ein Vergleichsportal wie Check24 Versicherungen mit Noten bewerten, ohne dass dies als Werbung gilt? Der EuGH sagt: Ja – solange das Portal keine eigenen Versicherungen anbietet und damit kein Mitbewerber ist.

Artikel lesen
Tiefgarage (Symbolbild) 05.05.2025
Schadensersatz

AG München zum Tiefgaragen-Unfall:

Beton­klötze in ihrem natür­li­chen Habitat

Betonsockel in einer Tiefgarage sind kein überraschendes Hindernis, so das AG München. Eine BMW-Fahrerin, die sich in der unterirdischen Parkeinrichtung eine hübsche Delle in die Tür gefahren hatte, bleibt damit auf ihrem Schaden sitzen.

Artikel lesen
Screenshot tagesschau 20.04.2025, 20 Uhr 30.04.2025
Markenrecht

EuG weist Klage gegen EUIPO ab:

Marke "tages­schau" ist nicht ver­fallen

Die Marke wird mehrmals täglich eingeblendet und auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist in Konkurrenz mit anderen auf Einschaltquoten angewiesen: So begründet das EuG, dass die Wortmarke "tagesschau" nicht verfallen ist.

Artikel lesen
ads lto paragraph
lto karriere logo
ads career people

Wir haben die Top-Jobs für Jurist:innen

Jetzt registrieren
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
RECHTS­AN­WÄL­TE (W/M/D) FÜR PRO­DUKT­HAF­TUNG

BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB , Köln

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Pots­dam

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Cott­bus

Logo von Ärztekammer Niedersachsen
Voll­ju­ris­tin/Voll­ju­rist (m/w/d)

Ärztekammer Niedersachsen , Han­no­ver

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Neu­rup­pin

Logo von VirchowBund
Ver­bands­ju­rist / Ver­bands­ju­ris­tin (m/w/d)

VirchowBund , Ber­lin

Logo von BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
RECHTS­AN­WÄL­TE (W/M/D) FÜR PRO­DUKT­HAF­TUNG

BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB , Ham­burg

Logo von BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
RECHTS­AN­WÄL­TE (W/M/D) FÜR PRO­DUKT­HAF­TUNG

BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB , Mün­chen

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Logo von Deloitte Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Das EU-Geldwäscheprävention-Maßnahmenpaket

28.05.2025

Der Umgang mit Betriebsprüfern und Steuerfahndern

28.05.2025

Logo von Leuphana Universität Lüneburg
Triff Möhrle Happ Luther auf der FOR YOUR CAREER in Lüneburg

27.05.2025, Lüneburg

Krisenland. Finanzielle Restrukturierung durch StaRUG-Verfahren.

05.06.2025, Frankfurt am Main

Logo von Hagen Law School in der iuria GmbH
Fortbildung Sozialrecht im Selbststudium/ online

30.05.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH