2/2: Sonderfall Framing und der Wettbewerb
Als weiteren Unterfall des Linkings kann man den Sonderfall des "Framings" bezeichnen. Auch dieser Fall ist nicht abschließend geklärt, anders als man dies zuweilen liest.
Die rechtliche Problematik lässt sich gut an einem Beispiel verdeutlichen: A bettet auf seiner Website einen Film ein, der über einen Link mit der Website des B verbunden ist. B, der den Film auf seiner Website frei abrufbar eingestellt hat, ist Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Film. Für den Besucher der Website des A wird nicht deutlich, ob der Film von A stammt oder auf die Website des B verlinkt.
Laut dem EuGH (C-348-13) ist diese Form des Linkings urheberrechtlich unproblematisch, da durch die Verlinkung kein neues Publikum angesprochen wird und auch das gleiche technische Verfahren verwendet wird. Es findet somit keine unzulässige "öffentliche Wiedergabe" statt.
Ein Freifahrtschein wird dem Verlinker damit aber auch dann nicht ausgestellt, wenn die Quelle des Videos rechtmäßig ist. Dies wird oft übersehen. Denn falls nicht deutlich wird, ob der Film von A oder von B stammt, ist im geschäftlichen Verkehr im Anwendungsbereich des Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb eine Irreführung des Verkehrs möglich, insbesondere wenn der Film des B bekannt sein sollte und Besucher der Website des A daher unzutreffend annehmen könnten, dass geschäftliche Beziehungen zwischen A und B bestehen. Außerdem könnte B gegen A einen Anspruch auf Urheberbenennung haben, zum Beispiel wenn es sich bei dem verlinkten Werk um ein Foto oder um einen Text handelt. Ein klarstellender Hinweis, auf welche Quelle bzw. Website der geframte Link verweist, kann daher empfehlenswert sein.
Framing und rechtswidrige Inhalte
Besonders heikel wird es, wenn A auf seiner Website einen Film einbettet, der über einen Link mit YouTube verbunden ist, B seinen Film aber nur auf seiner Website frei abrufbar eingestellt hat. In diesem Fall liegt in der öffentlichen Zugänglichmachung auf der eigenen Seite keine Zustimmung des B vor, sein Werk auch auf YouTube darzustellen. Diese Art der Verlinkung ist unzulässig, so zumindest die Ansicht des BGH in der Entscheidung "Die Realität II" (Urt. v. 09.07.2015, Az. I ZR 46/12).
Möglicherweise muss der BGH seine Sichtweise korrigieren, je nachdem wie der EuGH in den oben erwähnten niederländischen Vorlageverfahren entscheidet. Bis dahin bleibt das Framing durch Linksetzung auf Portale Dritter wie etwa YouTube jedenfalls riskant, da der Verlinkende häufig nicht wissen kann, ob die verlinkten Inhalte tatsächlich mit Zustimmung des Berechtigten dort eingestellt worden sind.
Selbst wenn die Verlinkung auf YouTube im Ergebnis zulässig sein sollte, ist der Urheber nicht schutzlos. Denn er kann ja zum einen immer noch gegen denjenigen vorgehen, der den Film ohne seine Zustimmung kopiert und bei YouTube eingestellt hat - das ist eine klare Urheberrechtsverletzung. Zum anderen kann der Urheber YouTube informieren. Sollte das Unternehmen den Film danach nicht sperren, wird seine Haftung als Plattformbetreiber ausgelöst. Der Berechtigte kann somit die Quelle der Rechtsverletzung trocken legen.
Alternative: "Notice-and-takedown-Verfahren"?
Um dieses und weitere Probleme rund um die Fragen der Verlinkung von Internet-Inhalten zu lösen, müsste der europäische Gesetzgeber die Linkhaftung in den europäischen Richtlinien harmonisieren und hierdurch verlässliche Regelungen treffen.
Im Rahmen der Hostproviderhaftung hat der europäische Gesetzgeber bereits vor einiger Zeit gehandelt und ein "Notice and Takedown-Verfahren" vorgesehen (Art. 14 E-Commerce-RL, in Deutschland umgesetzt in § 10 TMG). Hiernach haftet der Plattformbetreiber grundsätzlich erst dann, wenn er ab Kenntniserlangung von einem Rechtsverstoß die Verletzung nicht abstellt. Auch die Störerhaftung kennt dieses Prinzip bereits.
Auch in dem Zusammenhang gibt es zwar Folgeprobleme, wie die umfangreiche Rechtsprechung zur Hostproviderhaftung zeigt. Dennoch böte ein Notice and Takedown-Verfahren für die Linkhaftung die Möglichkeit, einen interessengerechten Ausgleich zwischen dem Bedürfnis nach möglichst einfacher Informationsgewinnung und den berechtigten Interessen der Schutzrechtsinhaber zu erzielen. Nicht umsonst hat das OLG Köln eine Notice and Takedown-Lösung in einem UWG-Fall zur Linkhaftung auch schon für möglich gehalten (Urt. v. 19.02.2014, Az. 6 U 49/13). Es handelt sich aber um eine nicht rechtskräftige Einzelfallentscheidung, die Revision ist beim BGH unter I ZR 74/14 anhängig.
Der europäische Gesetzgeber ist gefordert
Der europäische Gesetzgeber sollte hier also Abhilfe schaffen. Gemäß Art. 21 der E-Commerce-RL wird die Kommission sogar ausdrücklich aufgefordert, sich mit der Haftung der Anbieter von Hyperlinks zu befassen und dem europäischen Gesetzgeber ggf. Lösungen vorzuschlagen.
Doch sowohl in der Mitteilung der Kommission für eine Strategie für den digitalen Binnenmarkt vom 06. Mai 2015 als auch in der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zur Harmonisierung des Urheberrechts bleibt die Linkhaftung leider abermals ausgespart. Zwar soll die Haftung der Plattform- bzw. Hostprovider auf den Prüfstand gestellt und möglicherweise verschärft werden, die Haftung für Hyperlinks bleibt aber unerwähnt.
Es bleibt zu hoffen, dass der europäische Gesetzgeber auch die Linkhaftung zeitnah auf die Agenda setzt und endlich aktiv wird, zumal es in den anhängigen EuGH-Verfahren nur um den Sonderfall der öffentlichen Wiedergabe geht.
Dr. Sascha Abrar, LL.M. ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei LÖFFEL ABRAR Rechtsanwälte PartG mbB sowie Lehrbeauftragter für IP an der Hochschule Düsseldorf. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind unter anderem das Urheberrecht und das Recht gegen den unlauteren Wettbewerb.
EuGH wird über Haftung für Hyperlinks entscheiden: . In: Legal Tribune Online, 02.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17399 (abgerufen am: 12.10.2024 )
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