2/2: Eigenständige Regelungen für digitale Inhalte
Der zweite Eckpfeiler der Kommissionspläne liegt in der Schaffung eines neuen, eigenständigen Regelungsregimes für den Verkauf sogenannter digitaler Inhalte, also insbesondere von Streaming-Diensten, Apps, Online-Games oder e-Books. Entsprechende Sonderregelungen für digitale Inhalte wurden erstmals mit der Verbraucherrechterichtlinie 2011 statuiert. Mit der Umsetzung der Richtlinie wurden Pflichten des Händlers zur Information über die die soft- und hardwareseitigen Voraussetzungen für die Nutzung der angebotenen digitalen Inhalte eingeführt sowie besondere Regelungen für das Erlöschen des Widerrufsrechts beim Kauf von digitalen Inhalten. Nach Maßgabe der aktuellen Pläne will die Kommission den Verkauf digitaler Inhalte nunmehr mit einem eigenständigen Gewährleistungsregime versehen, welches zwar in weiten Teilen dem Gewährleistungsrecht für körperliche Güter ähnelt, im Detail aber signifikante Besonderheiten aufweist.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Kommissionsvorschlag nicht lediglich Dienste erfasst, die im herkömmlichen Sinne "entgeltlich" erbracht werden, sondern auch solche, für welche der Verbraucher sogenannte in-kind payments leistet, also mit seinen Daten bezahlt. Damit will die Kommission dem Umstand Rechnung tragen, dass sich Kundendaten zunehmend zu einer wertvollen Ware entwickelt haben. Ausgenommen sind nach Maßgabe des Kommissionsvorstoßes allein solche Daten des Kunden, die der Anbieter aus rechtlichen Gründen, etwa zur Abwicklung des Vertragsverhältnisses, erheben muss. Der im Datenschutzrecht geltende Grundsatz der Datensparsamkeit bekommt vor diesem Hintergrund eine neue Facette.
Erstattung von in-kind-payments
Spannend sind zudem die von der Kommission intendierten Vorgaben für die Rückabwicklung entsprechender Verträge über digitale Inhalte. Es sollen nicht nur geleistete Zahlungen an die Verbraucher zurückerstattet werden, sondern auch die zuvor erwähnten in-kind payments.
Damit darf der Händler die entsprechenden Daten oder etwaige vom Verbraucher eingestellte Inhalte (user generated content) nicht länger nutzen und muss dem Verbraucher technische Möglichkeiten einräumen, eingestellte Inhalte zurückzuholen. Der technische und organisatorische Mehraufwand hierfür erscheint kaum absehbar.
Da die vorgelegten Pläne für den Onlinehandel im Detail praxisfremd sind, ist mit erheblichem Widerstand der Branche zu rechnen. Wie ähnliche Vorstöße in der Vergangenheit könnte daher auch dieser Vorschlag früher oder später im Sande verlaufen. Letztlich handelt es sich allein um einen unverbindlichen Vorschlag der Kommission. Abzuwarten bleibt, ob es die Pläne in dieser Form überhaupt in das förmliche Gesetzgebungsverfahren schaffen.
Die Autorin Bärbel Milsch ist Rechtsanwältin bei Noerr LLP in Dresden. Sie berät schwerpunktmäßig zu Fragen des nationalen und internationalen E-Commerce, insbesondere zur Umsetzung gesetzlicher Informationspflichten sowie zur Gestaltung von Webshop-AGB.
EU-Kommission zu Gewährleistungsrechten: . In: Legal Tribune Online, 10.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17825 (abgerufen am: 02.12.2024 )
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