Nach den Panama Papers möchte der Bundesjustizminister nun einen Gesetzentwurf gegen verdeckte Unternehmensbeteiligungen schnell umsetzen. Der wird aber vor allem mehr Bürokratie bringen, meinen Wolfram Hertel und Stephan Bernhard Koch.
Im Rahmen einer Reform des Geldwäschegesetzes will Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) künftig die gesetzlichen Vertreter von juristischen Personen des Privatrechts und rechtsfähigen Personengesellschaften dazu verpflichten, Angaben zu ihren sogenannten "wirtschaftlich Berechtigten" zu erfassen, aufzubewahren und dem Transparenzregister mitzuteilen (§ 9a Abs.1 Geldwäschegesetz n.F.).
Der Entwurf soll die Vierte europäische Geldwäsche-Richtlinie in deutsches Recht umsetzen. Sie enthält Mindestregelungen, welche die Mitgliedstaaten bis 2017 verwirklichen müssen; es ist ihnen freigestellt, strengere Vorgaben zu erlassen. Ob und inwieweit der deutsche Entwurf die europäische Richtlinie verschärft, ist noch nicht klar: So bleibt darin bislang ungeregelt, ob das deutsche Register öffentlich einsehbar sein oder nur Behörden zur Verfügung stehen soll, wie es die Richtlinie als Mindeststandard vorsieht.
Der wirtschaftlich Berechtigte
Laut Entwurf soll das Register Angaben zu Namen, Geburtsdatum, Wohnort und Staatsangehörigkeit des wirtschaftlich Berechtigten sowie Art und Umfang seines wirtschaftlichen Interesses umfassen. Erfasst werden soll, auf welche Art und Weise eine Kontrolle über das Unternehmen ausgeübt wird, insbesondere ob und welche Absprachen mit Dritten oder zwischen mehreren Anteilseignern bestehen.
"Wirtschaftlich Berechtigte" in diesem Sinne sollen alle Personen sein, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle das Unternehmen steht. Dies soll auf jeden zutreffen, der unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 Prozent der Kapitalrechte an einem Unternehmen hält oder mehr als 25 Prozent der Stimmrechte kontrolliert. Dies entspricht den schon aktuell geltenden Regeln.
Die Definition soll aber erweitert werden: Zusätzlich sollen künftig auch gesetzliche Vertreter, geschäftsführende Gesellschafter oder Partner als wirtschaftlich Berechtigte gelten, wenn die Identität eines vorhandenen wirtschaftlich Berechtigten nicht ermittelbar ist oder wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass es sich bei der ermittelten Person um den wirklichen wirtschaftlich Berechtigten handelt.
Mehr Verwaltungsaufwand, aber nicht mehr Transparenz
Zu einem signifikanten Zugewinn an Transparenz wird der Entwurf aus dem Bundesjustizministerium (BMJV) nicht führen. Dafür aber zu mehr Verwaltungsaufwand sowohl bei den betroffenen Unternehmen als auch bei den dann zuständigen – derzeit noch nicht bekannten – staatlichen Stellen.
Erster kritischer Punkt ist schon die Frage des Anwendungsbereichs der geplanten Regelungen. Die allermeisten Unternehmen in Deutschland, die in den üblichen Rechtsformen der GmbH, GmbH & Co. KG, KG und OHG, aber auch der AG organisiert sind, werden von der Anwendung der neuen Regelung ausgenommen sein.
§ 9a des Entwurfs sieht vor, dass die neuen Informationspflichten nicht eingreifen, wenn sich der wirtschaftlich Berechtigte bereits aus anderen Registern ergibt. Das neue Transparenzregister soll lediglich den Charakter eines Auffangregisters haben, welches nur dann Informationen enthält, wenn diese nicht schon in anderen Registern stehen. Genannt werden das Handelsregister, das Partnerschaftsregister, das Genossenschaftsregister, das Vereinsregister und das Unternehmensregister. Das – sinnvolle – Ziel ist es, Doppelmeldungen zu vermeiden.
Dennoch werden die gesetzlichen Vertreter der Unternehmen, also ihre Vorstände, Geschäftsführungen und geschäftsführenden Gesellschafter, regelmäßig überprüfen müssen, ob sie ihren Meldepflichten genügen. Vor allem wird ein regelmäßiger Check nötig sein., ob ihnen zwischenzeitlich Informationen darüber vorliegen, dass die in den Registern eingetragenen Gesellschafter doch nicht oder nicht mehr mit den wirtschaftlich Berechtigten übereinstimmen. Wie dies in der Praxis umgesetzt werden soll, ist noch völlig offen.
Aber auch für diejenigen, die sich für die mitzuteilenden Informationen interessieren, führt die vorgesehene Ausnahme zu unnötigem Aufwand: Es wird auch künftig kein einheitliches Register bestehen, aus welchem sich die Angaben abfragen lassen. Will ein Nutzer erfahren, ob hinter einem Unternehmen ein bestimmter wirtschaftlich Berechtigter steht, wird er zunächst ermitteln müssen, nach welcher Rechtsvorschrift das Unternehmen überhaupt informationspflichtig ist. Im schlimmsten Fall wird er zunächst alle bestehenden Register und dann auch noch das Transparenzregister abfragen müssen.
2/2: Keine Abschreckung für Strohmänner und Briefkastenunternehmen
Während die weit überwiegende Zahl der gesetzestreuen Unternehmen in Deutschland durch den Entwurf mit neuem Bürokratieaufwand belastet wird, wird sich für die wenigen schwarzen Schafe nichts ändern: Strohmann- und Briefkastenunternehmen wird auch der Entwurf nicht wirklich verhindern können. Das legt schon die Gesetzesbegründung des Justizministeriums selbst offen.
Darin heißt es, dass die Transparenzpflichten schon durch die Angaben zum Handelsregister erfüllt seien, wenn eine GmbH drei natürliche Personen als Gesellschafter mit jeweils mehr als 25 Prozent der Anteile hat. In diesem Fall seien nämlich die wirtschaftlich Berechtigten schon offengelegt. Allerdings bestehe eine zusätzliche Meldepflicht, wenn hinter einem der Gesellschafter ein Treugeber steht, der im Handelsregister nicht genannt ist.
Den Unterschied zwischen den beiden Fällen kann allerdings nur der jeweils betroffene Gesellschafter kennen. Ist einer der Gesellschafter ein Strohmann, hat er es leicht, sein Treuhandverhältnis auch künftig nicht offenzulegen. Er braucht dann nur zu behaupten, im Handelsregister stünde schon alles, was angegeben werden müsste. Niemand wird das widerlegen können, wenn er nicht auf anderem Wege Zusatzinformationen erlangt hat.
Der Gesellschafter muss dabei auch keine Bußgelder fürchten, wie sie das Geldwäschegesetz für Verstöße gegen die Meldepflichten vorsieht. Denn diese Bußgeldvorschriften sollen nach der Begründung des Entwurfs ausdrücklich nur für die gesetzlichen Vertreter der Unternehmen, nicht aber für die Gesellschafter gelten. Verletzt also der Gesellschafter seine Meldepflicht, bleibt er straffrei. Fehlen dem gesetzlichen Vertreter die erforderlichen Informationen und unterlässt er deshalb die - eigentlich erforderliche - Meldung, bleibt er ebenfalls straffrei. Die Bußgeldvorschriften laufen also leer.
Keine Regelungen für den Umgang mit den erfassten Daten
Schließlich fehlt in dem Gesetzentwurf auch jede Regelung, wie das neu zu schaffende Transparenzregister mit den Daten umgehen und wer für das Register zuständig sein soll. Vor allem aber stellt der Entwurf nicht klar, ob das Register eigentlich öffentlich sein soll, oder ab künftig nur Behörden Zugriff auf die Daten haben sollen. Auch insoweit bleibt der Entwurf Stückwerk.
Insgesamt bleibt der Eindruck: Das Anliegen des Justizministers, Missbrauch zu verhindern, ist löblich. Der jetzt vorliegende Entwurf zu seiner Umsetzung ist aber nicht durchdacht.
Die (wenigen) schwarzen Schafe wird ein solches Gesetz nicht daran hindern, ihre Beteiligungen zu verstecken, z.B. durch mehrstufige Beteiligungsketten über Ländergrenzen hinweg oder einfach, indem sie ihren Meldepflichten nicht nachkommen. Den (vielen) redlichen Unternehmen aber werden weitere Verwaltungspflichten und Haftungsrisiken auferlegt.
Dr. Wolfram Hertel ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Dr. Stephan Bernhard Koch ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkt im Bereich Gesellschaftsrecht. Beide sind Partner der Raue LLP in Berlin und beraten seit vielen Jahren Unternehmen in Compliance-Fragen.
Dr. Wolfram Hertel und Dr. Stephan Bernhard Koch, Geplantes Transparenzregister: Mehr Register als Transparenz . In: Legal Tribune Online, 15.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19100/ (abgerufen am: 25.04.2024 )
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