Der Amerikaner Dennis Hope behauptet Eigentümer des Mondes zu sein und verdient damit ordentlich Geld. Knapp 20 Euro kostet bei ihm ein Acre auf dem Erdtrabanten. Im LTO-Interview erklärt der Weltraumrechtler Stephan Hobe, wie wenig er von diesen Geschäftspraktiken und Hopes Auslegung des Völkerrechts hält. Auch wenn die amerikanische Flagge dort wehe, sei der Mond nicht der 51. Staat der USA geworden.
LTO: Dennis Hope verkauft über das Internet für wenig Geld Grundstücke auf dem Mond. Als Käufer erhält man ein notariell beglaubigtes Eigentümerzertifikat mit integrierter Oberflächenkarte. Hat man damit dann tatsächlich ein Grundstück auf dem Mond gekauft?
Hobe: Nein, man hat ein Stück Papier erworben und sonst gar nichts. Das Völkerrecht verbietet das nämlich. Sowohl der Weltraum als auch die Himmelskörper stehen nicht einem Einzelnen oder einem Staat zu, sondern der Staatengemeinschaft.
LTO: Im Weltraumvertrag von 1967 steht: "Der Weltraum, einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper, unterliegt nicht nationaler Aneignung." Von Privatpersonen sei dort nicht die Rede, so Dennis Hope. Er hält das für eine Gesetzeslücke. Was sagen Sie zu dieser Interpretation?
Hobe: Ich halte diese Argumentation überhaupt nicht für schlüssig. Die Erde und der uns bekannte Teil des Universums sind – bis auf Ausnahmen wie die Antarktis oder der Meeresboden – unter den Staaten aufgeteilt worden. Da haben Private gar nichts mit zu tun.
Auch der Weltraumvertrag sagt klar, dass keine nationale Aneignung irgendeines Himmelskörpers möglich ist, auch wenn Herr Hope das in Abrede stellt. Das ist eine staatliche Abmachung der sich Private selbstverständlich unterwerfen müssen.
"Hope täuscht die Leute bewusst"
LTO: Der Mond gehört also letztlich niemandem?
Hobe: Niemandem und allen. Der gesamten Menschheit, könnte man sagen. Das ist ja auch logisch. Da sollen später zu Forschungszwecken wieder Leute hinfahren, die sollen keinen um Erlaubnis fragen müssen. Da steckt zwar die amerikanische Flagge, aber das heißt gerade nicht, dass der Mond damit der 51. amerikanische Staat geworden ist, sondern dass die Menschheit eine neue Etappe der Entdeckungsgeschichte des Universums beschritten hat. Das hat also mehr symbolischen Wert.
Der Verkauf von Mondgrundstücken ist ein ganz übler Nepp. Hope täuscht die Leute bewusst, die sich dann aber nicht dagegen wehren, weil der Kaufpreis so niedrig ist. 20 Euro, das lässt man sich so einen Witz schon mal kosten.
LTO: Ist das denn Betrug?
Hobe: In gewisser Weise ja. Herr Hope spielt ja vor, irgendeine Legitimation zu haben, die er natürlich nicht hat. Er ist auch viel zu klug, um das nicht zu wissen. Er tut das, um den Leuten Geld abzuluchsen. Das ist ein gutes Geschäft, wenn man das massenweise macht.
"Ich hätte gerne Rechtsauskunft gegeben"
LTO: Dennis Hope hat sich aber ja tatsächlich den Mond und alle Himmelskörper bei einem Grundstücksamt in Kalifornien als sein Eigentum eintragen lassen.
Hobe: Das ehrt die Vereinigten Staaten nicht besonders. Eigentlich müsste jedes Amt, das nur etwas Rechtskenntnis hat, eine solche Eintragung brüsk von sich weisen. Das ist ein alter römisch-rechtlicher Grundsatz: Ich kann nicht über etwas verfügen, was ich gar nicht habe.
Und das dieses Grundstücksamt das trotzdem eingetragen hat, wirft leider ein bezeichnendes Licht auf manches, was in den Vereinigten Staaten so über Völkerrecht gedacht wird: Man ordnet es dem amerikanischen Recht unter und misst ihm eigentlich keine wirklich Bedeutung zu.
LTO: Würden Sie also sagen, dem Grundstücksamt waren die völkerrechtlichen Grundlagen bewusst, es hat sich aber nicht darum geschert?
Hobe: Nein, die haben keine Ahnung gehabt und Hope hat denen irgendwas erzählt. Vielleicht hat er aber auch Geld bezahlt. Darüber kann man nur spekulieren, das möchte ich aber gar nicht.
Jede Behörde auf der ganzen Welt ist von Amts wegen verpflichtet, sich rechtskundig zu machen, ich hätte gerne Rechtsauskunft gegeben – auch auf Englisch. Man hat mich aber nicht gefragt. Die haben alles besser gewusst. Diese Eintragung ist rechtsfehlerhaft und ab initio ungültig.
LTO: Muss das jetzt irgendwer anfechten?
Hobe: Nein, das ist so offensichtlich rechtswidrig. Es wäre aber wichtig, dass das Amt das auch klarstellt. Vielleicht sogar publikumswirksam mit einem Hinweis in den Tageszeitungen.
2/2: "Wir brauchen eine Nutzungsordnung für den Weltraum"
LTO: Hat die Staatengemeinschaft denn überhaupt geregelt, wie die Ressourcen des Weltalls in der Zukunft genutzt werden könnten?
Hobe: Bedauerlicherweise nicht. Die Weltraumgesetzgebung hat zwar sehr bald eingesetzt nachdem 1957 mit Sputnik 1 der erste künstliche Satellit in den Weltraum gestartet wurde. Diese Regelungen sagen allerdings alle relativ wenig Konkretes und Rechtsverbindliches über die Aufteilung der Schätze des Weltraums und der Himmelskörper. Mein Institut macht sich schon seit langem dafür stark, dass neben der Umweltgesetzgebung im Weltraum auch die Frage der wirtschaftlichen Nutzung deutlicher geregelt wird, als das bisher der Fall ist.
LTO: Wie könnte das aussehen?
Hobe: Ein völkerrechtliches Zusatzabkommen zum Mondabkommen wäre eine Möglichkeit. Dieses Abkommen ist das Konkreteste, was es bisher gibt. Dort werden ein paar Grundzüge für ein Ressourcenabbauregime festgehalten. Die Staaten könnten sich aber auch – wie bei der Antarktis – darauf einigen, dass sie überhaupt keine Ausbeutung des Mondes und der Himmelskörper wollen und das Ganze zum Naturpark erklären.
LTO: Bevorzugen Sie das eine oder das andere?
Hobe: Das muss die Staatengemeinschaft entscheiden. Wir sind aber noch nicht mal am Anfang dieser Diskussion.
LTO: Gibt es Länder die eher auf eine solche Nutzungsordnung drängen als andere?
Hobe: Schon das Mondabkommen ist nicht besonders breit akzeptiert. Nur 15 Staaten haben es ratifiziert. Das ist sehr wenig, verglichen mit den 101 Staaten, die den Weltraumvertrag ratifiziert haben.
Es ist auch relativ unklar, ob die Staaten überhaupt an einer Nutzung der Ressourcen des Weltalls interessiert sind oder ob sie vielleicht eher für ein 30-jähriges Moratorium plädieren.
LTO: Ist Deutschland beim Mondabkommen dabei?
Hobe: Nein, obwohl ich mich dafür stark gemacht habe. Österreich ist dabei und einige kleinere Staaten. Die USA nicht, auch Russland nicht. Frankreich hat das Abkommen zumindest unterzeichnet. Es sind eher die nicht ganz so großen Staaten.
LTO: Was haben diese Staaten gegen das Abkommen?
Hobe: Es kursiert eine unzutreffende Auslegung einer seiner Klauseln. Da steht, der Mond und die Himmelskörper sind das gemeinsame Erbe der Menschheit. Viele Industriestaaten haben die Horrorvorstellung, dieses Konzept so auslegen zu müssen, dass sie einen Teil ihrer Erlöse an unterentwickelte Staaten abgegeben müssen. Das ist aber gar nicht die Intention dieser Klausel. So etwa könnte erst in einer konkreten Nutzungsordnung festgelegt werden, die das Mondabkommen inhaltlich aber völlig offen lässt.
LTO: Professor Hobe, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Prof. Dr. Stephan Hobe ist Direktor des Instituts für Luft- und Weltraumrecht und Inhaber des Lehrstuhls für Völkerrecht, Europarecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht an der Universität zu Köln.
Die Fragen stellten Andreas Schmitt und Claudia Kornmeier.
Prof. Dr. Stephan Hobe, Grundstück auf dem Mond zu verkaufen: "Das ist ein ganz übler Nepp!" . In: Legal Tribune Online, 27.04.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8615/ (abgerufen am: 20.04.2024 )
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