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2. Jahrestag der Anklageerhebung zur Loveparade-Tragödie 2010: Ent­schei­dung im Früh­jahr erwartet

10.02.2016

LG Duisburg

© ErnstPieber - Fotolia.com

Die Anklageerhebung im Loveparade-Strafverfahren jährt sich zum zweiten Mal. Das LG Duisburg hat inzwischen zehn Terabyte Daten ausgewertet. Mit einer Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens wird im Frühjahr 2016 gerechnet.

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Im Strafverfahren um die Geschehnisse der Loveparade 2010 ist auch zwei Jahre nach der Anklageerhebung weiter offen, ob das Landgericht (LG) Duisburg die Anklage zulassen wird. Gerichtssprecher Matthias Breidenstein sagte, dass das Gericht aber voraussichtlich noch in diesem Frühjahr entscheiden werde.

Bei der Loveparade in Duisburg am 24. Juli 2010 war es an einer Engstelle zu einem tödlichen Gedränge gekommen. 21 Menschen starben bei dem Technofestival, mindestens 652 wurden verletzt, einige von ihnen schwer.

Am 10. Februar 2014 hatte die Staatsanwaltschaft Duisburg daher Anklage gegen sechs Mitarbeiter der Stadt und gegen vier des Veranstalters erhoben. Ihnen werden fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen. Seitdem prüft das Landgericht im Zwischenverfahren, ob eine Verurteilung als hinreichend wahrscheinlich erscheint.

Vollständige, teilweise oder gar keine Eröffnung als Optionen

Möglich seien eine Eröffnung, eine teilweise Eröffnung oder eine Nichteröffnung des Hauptverfahrens, sagte Breidenstein. Bei einer Teil-Eröffnung würde die Anklage nur gegen einige der zehn Angeschuldigten zugelassen.

Der Düsseldorfer Anwalt Julius Reiter geht davon aus, dass das Verfahren eröffnet werden wird. Er vertritt mit dem früheren Innenminister Gerhart Baum rund 100 Betroffene, darunter die Angehörigen von vier Todesopfern. "Ich denke, dass bei so vielen Toten und Verletzten eine Einstellung eine Katastrophe für die Justiz und für die Geschädigten und Hinterbliebenen wäre. Es ist lange genug ermittelt worden. Die gutachterlichen Stellungnahmen reichen aus, um eine Anklage zu erheben", meint er.

Auch die Staatsanwaltschaft Duisburg hofft, dass das Gericht bald entscheidet. "Es hat sich an der Beweislage seit Anklageerhebung nichts geändert. Aus unserer Sicht besteht weiter hinreichender Tatverdacht gegen die Angeschuldigten. Wir würden es befürworten, wenn es jetzt zügig zu einer Eröffnung des Hauptverfahrens kommen würde", sagt Staatsanwältin Anna Christiana Weiler.

Der Ombudsmann der Stadt Duisburg für die Opfer der Loveparade, Pfarrer Jürgen Widera, sagt, dass ein Prozess für viele Angehörige und Verletzte wichtig sei. Der Prozess solle aufarbeiten, wie es eigentlich zu der Katastrophe kam. "Man will als Angehöriger wissen:
Was ist da eigentlich genau passiert? Sonst findet man keine Ruhe."

Elektronische Akte mit fast zehn Terabyte Material

Breidenstein betont, die Richter müssten jeden Aspekt minutiös prüfen. Beim LG Duisburg umfasst die Hauptakte zur Loveparade-Katastrophe mit den wichtigsten Unterlagen mittlerweile über 46.700 Seiten und füllt 99 Aktenordner. Daneben gibt es mehr als 800 Ordner mit ergänzendem Aktenmaterial. Zahlreiche Stunden Videos von Überwachungskameras und Handys kommen bei der Prüfung hinzu: Die elektronischen Gerichtsakten zur Katastrophe umfassen mittlerweile fast zehn Terabyte an Daten.

Veranstalter war das Unternehmen Lopavent des Fitnessketten-Besitzers Rainer Schaller. Vier damals leitenden Beschäftigten des Unternehmens wirft die Staatsanwaltschaft unter anderem vor, ein ungeeignetes Zu- und Abgangssystem für die Veranstaltung geplant zu haben. Alle Besucher sollten über eine einzige Rampe auf das ehemalige Güterbahnhofsgelände gelangen und auch wieder herunter kommen. "Es soll für diese Beschuldigten vorhersehbar gewesen sein, dass es im Verlauf der Veranstaltung zwangsläufig zu lebensgefährlichen Situationen kommen musste, da zu viele Menschen auf engem Raum zusammengedrückt würden", hieß es 2014 in einer Gerichtsmitteilung.

Bauamt soll schludrig gearbeitet haben

Drei Sachbearbeiter des Bauamtes sollen die Genehmigung für bauliche Maßnahmen wie etwa die Einzäunung erteilt haben, ohne dass die formellen und inhaltlichen Voraussetzungen dafür vorlagen. Die Sicherheit der Besucher sei aufgrund von Planungsfehlern nicht gewährleistet gewesen. "Der tragische Verlauf der Veranstaltung soll für die beschuldigten städtischen Mitarbeiter aufgrund ihrer Kenntnisse aus Planungsunterlagen und Besprechungen vorhersehbar gewesen sein", teilte das Gericht zu den Vorwürfen mit. Drei Vorgesetzte sollen wiederum das Baugenehmigungsverfahren nicht ordnungsgemäß beaufsichtigt haben. Unter ihnen ist auch der mittlerweile pensionierte Beigeordnete für Stadtentwicklung.

Allen zehn Beschuldigten wirft die Staatsanwaltschaft außerdem vor, für eine zusätzliche Verengung der Rampe am Veranstaltungstag verantwortlich zu sein. Durch aufgestellte Zäune war die Rampe an der schmalsten Stelle nicht mehr 18,28 Meter, sondern nur noch 10,59 Meter breit. Zentrales Beweismittel der Staatsanwaltschaft ist ein Gutachten des britischen Panikforschers Keith Still. Gut ein Jahr nach Anklageerhebung schickte das Landgericht ergänzende Fragen an Still. Zudem mussten Verteidiger dann dazu Stellung nehmen können, so dass es bis November 2015 weitere Schriftsätze an das Gericht gab.

dpa/ms/LTO-Redaktion

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2. Jahrestag der Anklageerhebung zur Loveparade-Tragödie 2010: . In: Legal Tribune Online, 10.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18404 (abgerufen am: 12.11.2025 )

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