Lindt abgemahnt: Muss "Dubai-Scho­ko­lade" aus Dubai kommen?

von Pauline Dietrich, LL.M.

11.12.2024

Schokoladenhersteller Lindt hat Ärger, weil er dem Hype folgt und "Dubai-Schokolade" anbietet. Offenbar gibt es nur einen einzigen Vertriebler in Deutschland, dessen Dubai-Schokolade auch wirklich aus Dubai kommt. Dieser wehrt sich nun.

Schokolade mit "Engelshaar" (Kadayif) und Pistaziencreme – das ist der neueste Hype unter Schokoladenliebhaber:innen. Begonnen hat er auf TikTok, inzwischen tauchen Schlagzeilen wie "Geissens verkaufen Dubai-Schokoladen zu Wucherpreis" in den Medien auf. Bestimmt kann man auch auf den meisten Weihnachtsmärkten der Republik in diesem Jahr einen Stand ausfindig machen, der die Crêpes mit dieser besonders feinen Schokolade bestreicht.

Beim Schokoladenhersteller Lindt gilt sie als besonders günstig, für knapp 15 Euro kann man dort eine 150-Gramm-Tafel "Dubai-Chocolade" bekommen ‒ oder besser gesagt: konnte. Denn zumindest online ist sie inzwischen restlos ausverkauft. Doch Lindt hat nun Ärger wegen dieser Schokolade bekommen, und zwar vom Süßwarenvertrieb Wilmers. 

Wilmers vertreibt Dubai-Schokolade – buchstäblich, denn sie wird nach eigenen Angaben ausschließlich in Dubai von dort staatlich zugelassenen Unternehmen hergestellt. Einer der beiden Hersteller etwa versorgt nur Wilmers für den europäischen Markt. Damit ist Wilmers nach eigenen Angaben das einzige Unternehmen, das in Dubai hergestellte und von dort importierte Schokolade auf dem deutschen Markt anbietet, etwa Edeka-Märkte nehmen sie ab. Entsprechend stört sich Andreas Wilmers, Geschäftsführer des Unternehmens, daran, dass Lindt seine Schokolade auch "Dubai-Chocolade" nennt, obwohl sie eben nicht in Dubai hergestellt wird. Er hat sich daher entschieden, Lindt abzumahnen. Das Abmahnschreiben liegt LTO vor. Abmahnungen der Importeure von Aldi und Lidl sollen folgen.

Geht es um die Herkunft?

Dreh- und Angelpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung ist § 127 Markengesetz (MarkenG). Danach dürfen geografische Herkunftsangaben nicht für Waren benutzt werden, die nicht diese geografische Herkunft aufweisen. Auf den konkreten Fall formuliert: Dubai-Schokolade darf nicht als Dubai-Schokolade in den Verkehr gebracht werden, wenn sie nicht aus Dubai kommt.

So argumentiert auch Wilmers, vertreten von Rechtsanwalt Andreas Ernst Forsthoff, LL.M aus Heidelberg. "Derzeit ist von einem regelrechten Hype in Bezug auf Dubai-Schokolade zu sprechen und Sie nutzen diesen Hype aus, um Ihre nicht in Dubai produzierte Schokolade als Dubai-Schokolade anzubieten", heißt es im Abmahnschreiben an Lindt. "Dass Ihre Schokolade möglicherweise ähnlich wie die Original Dubai-Schokolade hergestellt wird, lässt die Irreführung nicht entfallen. Im Gegenteil: Indem Sie explizit darauf verweisen, dass in Ihrer Schokolade Pistazien und Kadayif enthalten sind und damit gerade die Zutaten, welche auch in der Original Dubai-Schokolade in Dubai verwendet werden, verstärken Sie nur noch den unzutreffenden Eindruck, dass die von Ihnen angebotene Dubai-Schokolade tatsächlich aus Dubai stamme". Entsprechend verlangt Wilmers von Lindt Unterlassung.

Doch so einfach, wie es klingt, ist die Rechtslage nicht. Denn ob das "Dubai" aus der Bezeichnung "Dubai-Schokolade" wirklich als geografische Herkunftsangabe zu verstehen ist, richtet sich nach der Verkehrsauffassung. Denkt also ein:e Käufer:in der Lindt-Schokolade, dass diese wirklich aus Dubai stammt? Wenn ja, wäre das irreführend, wenn sie tatsächlich eine andere Herkunft hat. Als geografische Herkunftsangaben beim Deutschen Patent- und Markenamt gelistet sind beispielsweise "Kölsch" oder "Thüringer Rostbratwurst". Da kann der angesprochene Verkehrskreis – sprich die entsprechenden Käufer:innen – berechtigterweise erwarten, dass die Waren aus Köln beziehungsweise eben Thüringen kommen.

Oder geht es um die Zubereitung?

Den Markenrechtlern Dr. Constantin Rehaag und Dr. Carsten Goldstein zufolge handelt es sich bei der Dubai-Schokolade aber möglicherweise nicht um eine geografische Herkunftsangabe. Stattdessen könne die Verwendung des Begriffs "Dubai" als Hinweis auf die Art der Zubereitung sowie die besonderen Zutaten verstanden werden. 

"Die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch wir uns zählen, könnten bei dem Begriff 'Dubai Schokolade' nicht an Dubai als Herkunftsland der konkreten Schokolade selbst denken. Insbesondere aufgrund der begleitenden Berichterstattung über den Dubai-Schokoladen-Hype weiß der angesprochene Verkehr, dass Dubai-Schokolade auf besondere Art zubereitet wird und sie besondere Schokoladenzutaten enthält, nämlich insbesondere Pistaziencreme und sogenanntes Engelshaar", so die beiden Rechtsanwälte von Dentons gegenüber LTO.

Die beiden Anwälte ergänzen: "In der Rechtsprechung und Kommentarliteratur ist anerkannt, dass Bezeichnungen wie Italienischer Salat, Wiener Schnitzel und Kölnisch Wasser vom Durchschnittsverbraucher ohne weiteres als Gattungsbezeichnungen erkannt werden. So könnte es sich durchaus auch hier verhalten".

Erwartungsgemäß sieht Lindt das genauso. Gegenüber LTO äußert eine Sprecherin: "Der Begriff 'Dubai Schokolade' steht als Sortenbezeichnung für Schokolade mit der typischen Pistazien-Kadayif-Füllung und nicht für Schokolade, die aus Dubai stammt".

Ob es zu einem Gerichtsverfahren kommt, bleibt abzuwarten. Die Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung läuft erst am 12. Dezember ab.

Zitiervorschlag

Lindt abgemahnt: . In: Legal Tribune Online, 11.12.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56083 (abgerufen am: 20.01.2025 )

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