Amazon Prime, PlayStation Plus, Spotify und Co. – digitale Abonnementdienste erhöhen unter Hinweis auf ihre AGB-Klauseln einseitig ihre Preise. Doch rechtlich sind die Hürden dafür hoch, sehr hoch.
Es begann im Dezember 2019: Das Kammergericht (KG) Berlin urteilte gegen Netflix, dass die einseitige Preisanpassungsklausel in den AGB unzulässig war. In der Folge erklärten Gerichte ähnliche Klauseln bei Spotify (2022, 2023), PlayStation Plus (2024) und Amazon Prime (2025) für unwirksam. Zuletzt legte die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen den Sportstreamingdienst DAZN Verbandsklage beim Oberlandesgericht (OLG) Hamm ein, der sich betroffene Verbraucher anschließen können, um zu viel gezahlte Beträge zurückzuerhalten.
Alle veröffentlichten Entscheidungen kamen zum gleichen Ergebnis: Einseitige Preisanpassungsklauseln, die dem Verwender erlauben, die Preise für seine Dienste bei Kostensteigerungen ohne Zustimmung des Nutzers zu erhöhen, verstoßen bei Digital-Abos gegen das AGB-Recht. Sie stellen regelmäßig eine unangemessene Benachteiligung und einen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar, § 307 Abs. 1 S. 1 bzw. S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Klauseln im Interesse beider Parteien
Dieses Ergebnis mag auf den ersten Blick überraschen, erkennt der Bundesgerichtshof (BGH) doch grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an der Verwendung einseitiger Preisanpassungsklauseln an. Er sieht in ihnen ein geeignetes Instrument, um das Preis-Leistungs-Gleichgewicht bei langfristigen Dauerschuldverhältnissen zu wahren (BGH, Urt. v. 15.11.2007, Az. II ZR 247/06). Und zwar im Interesse beider Parteien.
Denn ohne die Möglichkeit, die Preise im Fall von Kostensteigerungen einseitig zu erhöhen, müsste der Unternehmer das gesamte langfristige Kalkulationsrisiko tragen. Um seine Gewinnspanne auch bei unvorhergesehenen Kostensteigerungen aufrechtzuerhalten, müsste er sie somit vorsorglich schon bei Vertragsschluss mit einem Risikozuschlag einpreisen. Indem sie dem Unternehmer das langfristige Kalkulationsrisiko abnimmt, bewahrt eine einseitige Preisanpassungsklausel den Verbraucher also davor, von Anfang an höhere Preise zahlen zu müssen.
Doch Preisanpassungsklauseln bergen gleichzeitig das Risiko, dass Unternehmer das Äquivalenzverhältnis einseitig zulasten des Verbrauchers verschieben. Um eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers zu verhindern, darf die Klausel daher nicht nur Kostenerhöhungen berücksichtigen. Vielmehr muss sie ihren Verwender auch verpflichten, den Preis bei einer Kostensenkung herabzusetzen. Weiterhin muss die Klausel Anlass, Voraussetzung und Umfang der Preisanpassung so genau konkretisieren, dass der Verbraucher eine Entgeltänderung vorhersehen kann. Zudem darf sie nicht über die tatsächliche Kostensteigerung hinausgehen (BGH, Urt. v. 25.11.2015, Az. VIII ZR 360/14).
Kein berechtigtes Interesse bei Digital-Abos
Diese allgemeinen Grundsätze gelten in allen Dauerschuldverhältnissen gleichermaßen, egal ob es sich um Strom, Internet oder die neuesten Netflix-Originals handelt. Und daher funktionieren sie nicht für einseitige Preisanpassungsklauseln bei Digital-Abos. Denn hier passt schon die grundlegende Prämisse nicht, aus der der BGH das berechtigte Interesse an ihrer Verwendung herleitet. Das langfristige Kalkulationsrisiko, von dem der Verwender im Interesse beider Parteien befreit werden soll, besteht nämlich nur bei langfristig angelegten Dauerschuldverhältnissen.
Ein Digital-Abo kann jedoch meist kurzfristig gekündigt werden. Bei Playstation Plus etwa zum Ende des vom Nutzer gewählten Zeitraums von einem, drei oder zwölf Monaten. Amazon selbst kann Prime sogar mit einer 14-Tage-Frist kündigen. Der Unternehmer kann sich also selbst schnell vom Vertrag lösen, um auf Kostenänderungen zu reagieren. Auch ohne eine Preisänderungsklausel müsste er nicht von vornherein höhere Preise verlangen.
Vor diesem Hintergrund verneinten die Instanzgerichte das berechtigte Interesse von Digitalanbietern an der Vereinbarung einer solchen Klausel (KG Berlin, Urt. v. 30.10.2024, Az. 23 MK 1/23 (Playstation Plus) und Urt. v. 15.11.2023, Az. 23 U 112/22 (Spotify); Landgericht (LG) Düsseldorf, Urt. v. 15.01.2025, Az. 12 O 293/22 (Amazon Prime)).
Hohe Anforderungen an Konkretisierung
Selbst wenn ein berechtigtes Interesse ausnahmsweise vorliegt, stellen die Anforderungen der Gerichte an die Formulierung der Klausel Unternehmer vor kaum lösbare Herausforderungen. Vor allem, weil dabei stets die kundenfeindlichste Auslegung gilt.
So hielt das KG Berlin im Fall Playstation Plus die Anknüpfung an die für Sony “entstehenden Kosten für die Bereitstellung des Abonnements” und die Sicherstellung, “dass das Abonnement [...] bestandsfähig bleibt” für unzulässig. Die erste Variante sei so offen formuliert, dass sie auch die Erhöhung betriebsinterner Kosten erfassen könne. Der Verbraucher könne diese jedoch nicht auf ihre Berechtigung überprüfen, sodass Sony hierbei einen praktisch unkontrollierbaren Spielraum habe. Die zweite Variante knüpfe in kundenfeindlichster Auslegung sogar gar nicht mehr an eine Kostensteigerung an, sondern an die Bestandfähigkeit des Playstation Plus-Abos, was auch Renditeziele umfasse. Die Erzielung zusätzlicher Gewinne sei jedoch kein gerechtfertigter Anlass für eine Preiserhöhung.
Ebenfalls unzulässig seien Klauseln, die eine Preiserhöhung zwar an überprüfbare Faktoren knüpfen, aber nicht explizit vorsehen, dass die Erhöhung eines Kostenfaktors durch eine anderweitige Kostensenkung kompensiert werden kann (KG Berlin, Urt. v. 20.10.2024, Az. 23 MK 1/23 (Playstation Plus); OLG München, Urt. v. 11.10.2024, Az. 39 U 2482/23 e (DAZN)).
Weitergabe von Kostensenkungen
Schließlich fordert der Grundsatz der Reziprozität, dass der Verwender Kostensenkungen unter den gleichen Bedingungen an Verbraucher weitergibt wie Kostensteigerungen. Aus diesem Grund hatte das KG Berlin bereits eine Klausel aus den Spotify-AGB für unwirksam erachtet, die sich nur zu Preiserhöhungen geäußert hatte (Urt. v.15.11.2023, Az. 23 U 112/22).
Im Fall Playstation Plus ging das KG nun noch weiter und hielt sogar eine Klausel für unzulässig, die Sony explizit zu Preissenkungen berechtige, aber nicht ausdrücklich verpflichte. Anders als bei einer Preiserhöhung dürfe Sony bei einer Preissenkung nämlich kein Ermessen zustehen.
Offenlegung der Kostenkalkulation
Wenig überraschend stellen die Gerichte auch an das Transparenzgebot hohe Anforderungen. Insbesondere müssen die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offengelegt werden, sodass der Verbraucher bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann.
Das OLG München hat im Fall DAZN beispielsweise eine Klausel für intransparent befunden, die eine Preiserhöhung an “erhebliche Änderungen in den Beschaffungs- oder Bereitstellungskosten oder Änderungen der Umsatzsteuer oder vergleichbaren Steuern” geknüpft hat, ohne diese Begriffe zu konkretisieren.
Eine diesen Anforderungen nicht genügende Klausel lässt sich in der Regel auch nicht retten, indem dem Verbraucher im Falle einer Preiserhöhung ein Kündigungsrecht eingeräumt wird. Denn dadurch würde der Verwender dem KG Berlin zufolge die für ihn durch eine Änderungskündigung entstehende Mühe einfach auf den Kunden abwälzen, obwohl die Preiserhöhung allein in seinem Interesse und nicht in dem des Kunden läge (KG Berlin, Urt. v. 20.10.2024, Az. 23 MK 1/23 (Playstation Plus)). Sony hat gegen die Playstation Plus-Entscheidung des KG die Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt, die Entscheidung steht aus.
Kritik aus der Literatur
Damit scheint alles klar zu sein: Die vom BGH aufgestellten Anforderungen an einseitige Preisanpassungsklauseln führen in konsequenter Anwendung auf Digital-Abos durch die Instanzgerichte zu so großen Herausforderungen für Unternehmer, dass diese wohl kaum jemals wirksam solche Klauseln vereinbaren könnten.
Diese strenge Rechtsprechungslinie wird in der Literatur bisweilen heftig kritisiert. Die Maßstäbe des BGH seien für Märkte mit einer weit geringeren Innovations- und Entwicklungsgeschwindigkeit, für Dienste mit geringerer Skalierbarkeit und niedrigerer Regulierungsdichte als den Digitalsektor entwickelt worden. Gleichzeitig sei es schwierig, Digital-Abos überhaupt einem bestimmten Markt zuzuordnen – so enthält Amazon Prime etwa Streaming-Dienste, Versandrabatt, Games, Cloud-Speicher für Fotos und mehr. Gerade mit Blick auf die Konkretisierung könnte man daher zukünftig erleichterte Bedingungen bei Digital-Abos fordern.
Sollten die Gerichte nicht von ihrer Position abrücken, sind Unternehmer künftig gezwungen, bei Digital-Abos mit kurzfristiger Kündigungsmöglichkeit stets die Zustimmung des Kunden zu einer Preisänderung einzuholen. Erteilt er diese nicht, müssten sie per Änderungskündigung erneut in den Wettbewerb treten. Verbandsklagen gegen trotzdem verwendete einseitige Preisanpassungsklauseln dürften dann regelmäßig Erfolg versprechen.
Die Autoren Tarmio Frei, LL.B. und Dipl. Jur. Jasmin Dolling LL.B. sind wissenschaftliche Mitarbeiter an der Juniorprofessur für Bürgerliches Recht, Immaterialgüterrecht sowie Recht und Digitalisierung an der Bucerius Law School, Hamburg und forschen dort insbesondere an der Forschungsstelle für Games-Recht.
Einseitige Preisanpassungsklauseln bei Digital-Abos: . In: Legal Tribune Online, 03.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56699 (abgerufen am: 19.04.2025 )
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