Polizeivollzugsbeamte tragen bekanntlich eine Uniform. Diese ziehen sie vor Dienstbeginn an und nach Dienstende wieder aus. Gehören diese Rüstzeiten des Anlegens der Dienstuniform und das spätere Ablegen zur Dienstzeit? Das VG Münster hat dies nun bejaht, womit erhebliche Mehrkosten auf das Land zukommen könnten.
Der klagende Polizeibeamte war als Polizeioberkommissar im Streifendienst eingesetzt. Er beantragte beim zuständigen Polizeipräsidium im Land Nordrhein-Westfalen, die so genannten Rüstzeiten vor Schichtbeginn sowie die so genannten Abrüstzeiten nach Schichtende als Dienstzeit anzuerkennen. Auch seien kurze Übergabegespräche zwischen den Streifenbeamten der aufeinanderfolgenden Dienstschichten innerhalb der Dienstzeit erforderlich.
Das Polizeipräsidium lehnte den Antrag ab, weil Zeiten der Vorbereitung auf den Dienst keine Dienstzeiten seien. Mit Schichtbeginn müssten die Beamten in der Lage sein, ihren Dienst uneingeschränkt aufzunehmen, Die Dienstbereitschaft werde unter anderem auch durch das Anlegen der Uniform erreicht. Zeiten der Vorbereitung auf den Dienst seien aber keine Dienstzeit. Zudem könnten die Beamten ihre Uniform mit nach Hause nehmen und es bestehe keine Pflicht, diese erst in den Diensträumen anzulegen.
Die von der Dienstbereitschaft zu unterscheidende Einsatzbereitschaft hingegen sei durch Handlungen gekennzeichnet, die zwangsläufig nur in den Diensträumen vorgenommen werden könnten wie zum Beispiel das Prüfen und Anlegen der Dienstpistole.
Dagegen brachte der Kläger vor, dass die Polizeiuniform eine besondere Dienstkleidung und deren Tragen eine Verpflichtung für den Polizeibeamten sei. Somit sei auch ihr An- und Ablegen als Arbeitszeit anzusehen.
VG Münster: Rüstung wird bezahlt, Gespräche nicht
Das VG Münster gab ihm Recht (Urt. v. 01.07.2010, Az. 4 K 1753/08). Die Unterscheidung zwischen Dienst- und Einsatzbereitschaft, mit der das Polizeipräsidium das Anlegen der Dienstpistole als Arbeitszeit ansehen wollte, das der Uniform jedoch nicht, war für das Gericht nicht nachvollziehbar.
Denn nach der Dienstkleidungsordnung des Landes Nordrhein-Westfalen haben Polizeibeamte "während des Dienstes" Dienstkleidung zu tragen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung wird als Dienstpflichtverletzung gewertet. Da der Beamte den Dienst "aufgerüstet" zum Schichtbeginn anzutreten hat, beginnt die Arbeitszeit nicht erst mit dem Antritt zur Schicht, sondern bereits mit dem Beginn der Aufrüsttätigkeit. Denn die Uniform ist vergleichbar mit einer Sicherheitskleidung, die aus arbeitsrechtlichen Gründen vor der Aufnahme der eigentlichen Arbeit angelegt werden muss.
Es liegt auch eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu Polizeibeamten vor, die ihren Dienst als Krad-Fahrer versehen. Diese dürfen ihre Motorradkleidung unstreitig erst nach Dienstantritt anlegen.
Anders hingegen beurteilte das VG die vom Kläger ebenfalls ins Feld geführten Übergabegespräche mit den Kollegen beim Schichtwechsel. Diese erkennt das VG nicht als Dienstzeit an. Im Unterschied zu Wachdienstführern und Dienstgruppenleitern, also Vorgesetzten, bei denen pro geleisteter Schicht 15 Minuten als Dienstzeit gewertet werden, erachtete das Gericht dies für Beamte im Wach- und Wechseldienst nicht für erforderlich. Der vom Kläger ins Feld geführte Informationsaustausch beim Schichtwechsel wegen "Kleinigkeiten wie zum Beispiel der Betankung der Streifenfahrzeuge" reichte dem Gericht nicht aus.
Es ist davon auszugehen, dass das Land Nordrhein-Westfalen in Berufung gehen wird. Nicht nur, weil es in der Vergangenheit auch anderslautende Entscheidungen gab. Sondern vor allem, weil die finanziellen Auswirkungen der Anerkennung von Auf- und Abrüstzeiten von Polizeivollzugsbeamten für das Land Nordrhein-Westfalen nicht zu unterschätzen sind.
Der Autor Klaus Weber ist Regierungsdirektor bei der Landesdirektion Chemnitz und Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen zu Themen rund um die Polizei.
Klaus Weber, Dienstzeit von Polizeivollzugsbeamten: . In: Legal Tribune Online, 11.08.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1176 (abgerufen am: 10.10.2024 )
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