Reform des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst: Keine Staats­kon­kur­renz bei den Wet­ter­prog­nosen

von Dr. Daniel Kendziur

07.07.2017

Darf der Staat privaten Wetterdiensten unbegrenzt steuerfinanzierte Konkurrenz machen? Nein, beschloss der Bundesrat am Freitag. Worum es in der Novelle geht, und was sie mit der Digitalen Agenda zu tun hat, erläutert Daniel Kendziur

Die Aussichten für private Wetterdienste und Unternehmen der digitalen Wirtschaft haben sich gebessert: Nachdem bereits der Bundestag am 22. Juni 2017 Änderungen an der von der Bundesregierung geplanten Novelle des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst (DWDG) beschlossen hat, empfahl der federführende Verkehrsausschuss des Bundesrates dem Plenum nun, einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 Grundgesetz (GG) nicht zu stellen und also den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen. Einem Inkrafttreten des geänderten DWDG steht mithin nichts mehr im Wege.

Damit geht ein monatelanges Tauziehen um die Reform eines Gesetzes zu Ende, dessen Bedeutung oder gar Existenz vielen Parlamentariern zuvor wahrscheinlich verborgen geblieben war. Dabei regelt es Organisation, Aufgaben und Befugnisse des Deutschen Wetterdienstes (DWD), einer Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) mit Sitz in Offenbach am Main. Der DWD hat rund 2.300 Mitarbeiter und wird vollständig aus Steuergeldern finanziert, zuletzt mit rund 330 Mio. Euro im Jahr.

Das macht ihn zu einem übermächtigen Anbieter am Markt für allgemeine meteorologische Leistungen, klagen die privaten Wettbewerber, die im Verband Deutscher Wetterdienstleister e.V. (VDW) organisiert sind. Das noch geltende DWDG bot ihnen eine gewisse Planungssicherheit: Gemäß § 6 DWDG hat der staatliche Wetterdienst für die Erbringung seiner Dienstleistungen eine Vergütung zu verlangen. Allein bestimmte Leistungen an die Bundesländer dürfen entgeltfrei erfolgen. Dieses Gefüge verhinderte bis vor einiger Zeit, dass der DWD den Privaten steuerfinanziert in die Quere kam und den Markt durch kostenlose allgemeine meteorologische Leistungen verzerrte.

Gesetzesänderung zur Legalisierung eines rechtswidrigen Zustands

Im Juni 2015 aber startete der DWD seine "WarnWetter-App" für die Allgemeinheit, die es kostenlos und werbefrei für alle mobilen Betriebssysteme gibt. Anders als der Name vermuten lässt, handelt es sich um eine umfassende Wetter-App, die weit mehr als Warnungen vor Unwettern bietet, unter anderem etwa in Form von allgemeinen Wetterkarten, Radarbildern sowie Prognosen und Rückblicken. Private Wetterdienstleister haben solche Apps seit Langem im Angebot, müssen diese zur Kostendeckung aber gegen Entgelt oder werbefinanziert betreiben. Das staatliche Konkurrenzangebot halten sie für einen Verstoß gegen § 6 DWDG. Zwei private Anbieter klagen deshalb seit April 2016 gegen das kostenlose meteorologische Angebot des DWD für die Allgemeinheit, soweit dieses über Unwetterwarnungen hinausgeht.

Im November 2016 startete das BMVI dann den Versuch, im laufenden Spiel die Regeln zu ändern. Es initiierte über die Bundesregierung eine vom DWD selbst verfasste Änderung des DWDG. Der Entwurf sollte dem DWD erlauben, sämtliche meteorologischen Dienstleistungen für die Allgemeinheit ohne die bisherige Vergütungspflicht zu erbringen. Das bedeutete eine faktische Umkehr des bisherigen Regel-Ausnahme-Verhältnisses von vergütungspflichtigen und entgeltfreien Leistungen des DWD.

Während die ebenfalls im Rahmen der Novellierung vorgesehene Umsetzung der Open Data-Politik der Bundesregierung durch die weitgehende Freigabe der vom DWD gehaltenen meteorologischen Daten auch von der Privatwirtschaft begrüßt wurde, sah der VDW durch die schrankenlose kostenfreie Abgabe von auf diesen Daten basierenden Leistungen des DWD den fairen Wettbewerb behindert sowie zahlreiche Arbeitsplätze in der Digitalwirtschaft bedroht. "Bei der Gesetzesänderung geht es um die nachträgliche Erlaubnis der mobilen App des DWD, die ein Prestige-Projekt des DWD und von Herrn Dobrindt auf Kosten des Steuerzahlers ist. Die Gesetzesänderung behindert die digitale Wirtschaft massiv", so Christoph Kreuzer, Geschäftsführer von wetter.com.

Zitiervorschlag

Daniel Kendziur, Reform des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst: Keine Staatskonkurrenz bei den Wetterprognosen . In: Legal Tribune Online, 07.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23393/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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