Kleinanlegerschutz und Startups: Crowdfunding schwer gemacht

von Alexander Knauss

13.10.2014

2/2: Die Prospektpflicht und ihre Ausnahmen

Abhängig von der Form der Anlage kann der Plattformbetreiber derzeit nach § 6 VermAnlG verpflichtet sein, einen Verkaufsprospekt zu veröffentlichen. Der Prospekt soll dem Anleger all diejenigen Informationen geben, die notwendig sind, um den Emittenten und die geplante Anlage zu beurteilen. Für Startups ist das natürlich sehr aufwändig, weil die Erstellung eines solchen Prospektes viel Zeit erfordert, ohne teure Rechtsberatung kaum möglich ist, ein Prüfungsverfahren bei der BaFin durchlaufen muss und die Druckkosten teuer sind. Anbieter wollen diesen Aufwand also natürlich vermeiden. Derzeit werden zahlreiche Crowdfundings durch die Ausnahmeregelung des § 2 Nr. 3 lit. b) VermAnlG von den Pflichten des VermAnlG ausgenommen, wenn die jeweilige Finanzierung einen Rahmen von 100.000 Euro, gewährt innerhalb von zwölf Monaten, nicht überschreitet.

Nach dem Referentenentwurf sollen künftig bestimmte Regelungen, darunter Werbebeschränkungen sowie Informations- und Rechnungslegungspflichten, für alle Anbieter von Vermögensanlagen ausnahmslos gelten.

Für Vermögensanlagen, die auf einer Internet-Plattform angeboten werden und deren Betreiber der Aufsicht nach dem KWG oder der GewO unterliegt - nach der Ausweitung der Erlaubnispflicht also alle Crowdinvesting- und Crowdlending-Plattformen -, soll es aber  gemäß § 2 Abs. 3 VermAnlG-E eine Ausnahme von der Prospektpflicht und der Mindestlaufzeit geben, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen: Der Verkaufspreis sämtlicher von dem Emittenten ausgegebener Vermögensanlagen darf eine Million Euro und der Gesamtbetrag pro Anleger 10.000 Euro nicht übersteigen. Beide Schwellenwerte sind deutlich niedriger als in anderen EU-Staaten.

Das ist nicht unproblematisch: Manche Crowdfunding-Projekte sammeln weit mehr Gelder ein als ursprünglich von den Gründern erwartet. In Zukunft müssten sie bei Erreichen der Grenzwerte aufhören, Gelder anzunehmen, um nicht unbeabsichtigt in die Prospektpflicht zu rutschen. Auch führt diese Beschränkung dazu, dass Anleger, die gern höhere Summen investieren würden und sich dies aufgrund ihres Vermögens auch leisten können, auf diesem Weg nicht mehr angesprochen werden können.

Werbung für Stromberg in der Wirtschaftswoche

Außerdem will der Entwurf die Regelungen zu den Vermögensanlagen-Informationsblättern verschärfen. Bisher musste solche Informationen dem Anleger lediglich auf Verlangen ausgehändigt werden (§ 15 VermAnlG). Künftig muss jeder Anleger, der mehr als 250 Euro investiert, dieses Blatt bekommen (§ 2 Abs. 2 S. 3 VermAnlG-E). Außerdem muss er es ausdrucken, unterschreiben, um den Erhalt zu bestätigen und es per Post zurückschicken. Diese Regelung hindert sicherlich viele Kleinanleger daran, mehr als 250 Euro zu investieren, denn gerade die Spontaneität des Online-Crowdfundings wird dadurch gehemmt.

Schließlich soll nach § 12 VermAnlG-E die Werbung für öffentlich angebotene Vermögensanlagen nur noch in Medien erfolgen dürfen, deren Schwerpunkt "zumindest auch" auf der Darstellung von wirtschaftlichen Sachverhalten liegt. Werbung im öffentlichen Raum durch Plakate soll unterbunden und die Anzeigenwerbung kanalisiert werden. Mit dem Entwurf wollen die Verfasser des Entwurfs sicherstellen, dass der angesprochene Adressatenkreis ein gewisses wirtschaftliches Grundverständnis hat. Ob ein Werbemedium diese Anforderungen erfüllt, soll einer "wertenden Gesamtbetrachtung im Einzelfall" überlassen bleiben. Die BaFin kann hierzu gegenüber Emittenten und Anbietern bestimmte Arten der Werbung untersagen (§ 16 Abs. 1 VermAnlG-E).

Eine Befreiung von der geplanten Werbebeschränkung ist – ebenso wie für die Pflicht zur Erstellung und Aushändigung des Vermögensanlagen-Informationsblatts – nicht vorgesehen. Diese Regelungen gehen leider völlig an der Realität des Crowdfundings vorbei. Die Macher von Stromberg hätten unter den geplanten Regelungen wohl nur noch in der Wirtschaftswoche oder dem Handelsblatt inserieren können. Die wahre Fangemeinde hätten sie damit vermutlich nicht erreicht.

Der Autor Alexander Knauss ist Partner der überörtlichen Sozietät Meyer-Köring Rechtsanwälte Steuerberater mit Büros in Bonn und Berlin. Er ist Fachanwalt für Erbrecht sowie Bank- und Kapitalmarktrecht.

Zitiervorschlag

Alexander Knauss, Kleinanlegerschutz und Startups: Crowdfunding schwer gemacht . In: Legal Tribune Online, 13.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13467/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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