Eröffnet in Berlin bald ein Coffeeshop?: Cannabisvertrieb im Dienst der Wissenschaft

von Prof. Dr. Ulrich M. Gassner

06.12.2013

Mit einer Legalisierung von Cannabis ist in naher Zukunft nicht zu rechnen. Davon unbeeindruckt hat ein Berliner Bezirk beschlossen, seinen eigenen Coffeeshop zu errichten – zu Forschungszwecken, und weil man dem Drogenhandel ohnehin nicht Herr werde. Ulrich M. Gassner spricht dem Projekt Chancen zu, auch wenn noch eine Erlaubnis des Bundesamts für Arzneimittel und Medizinprodukte notwendig ist.

Das Votum der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg am 27. November 2013 war eindeutig: Einstimmig entschieden sich die Delegierten für die von B'90/Die Grünen initiierte und von den Piraten unterstütze Beschlussvorlage "Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabis ermöglichen". Als über den Antrag abgestimmt wurde, waren die CDU-Vertreter allerdings nicht mehr anwesend, da sie zuvor aus anderen Gründen den Sitzungssaal verlassen hatten.

Gerade die von der CDU gestellten Senatoren beeilten sich daraufhin klarzustellen, dass sie die Einrichtung von Coffeeshops auch weiterhin ablehnen. "Aus meiner Sicht ist das der falsche Weg", sagte Innensenator Frank Henkel in der Berliner Morgenpost. Durch die Verharmlosung von gefährlichen Rauschgiften werde das Problem nicht aus der Welt geschafft. Auch Gesundheitssenator Mario Czaja betonte im Abgeordnetenhaus, der Senat sehe darin keine sinnvolle Maßnahme, um den Drogenmissbrauch und illegalen Drogenhandel im Görlitzer Park zu bekämpfen.

Dies zielt auf das Kernanliegen von Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (B'90/Die Grünen). Sie hatte die Idee eines Coffeeshops am Görlitzer Park bereits vor Monaten ins Gespräch gebracht und verspricht sich hiervon die Eindämmung des illegalen Drogenhandels. Dass die Polizei der Lage im Görlitzer Park kaum Herr wird, belegt die Statistik für die ersten drei Quartale diesen Jahres:  113 Razzien, 984 Personenüberprüfungen, 310 Ermittlungsverfahren allein wegen Drogendelikten, 7.749 Einsatzstunden. Da die Dealer die Ware nicht mit sich führen, sondern im Gebüsch verstecken, gelingt es nur sehr selten, ihnen eine Straftat nachweisen

Coffeeshop als wissenschaftliches Pilotprojekt

Mit dem Beschluss der BVV wird das Bezirksamt beauftragt, "gemeinsam mit Expert*innen, Beratungsstellen und Anwohner*innen die nötigen Schritte einzuleiten, um durch eine kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten in lizensierten Abgabestelle(n) am Görlitzer Park, den negativen Auswirkungen der Prohibition und des dadurch entstehenden Schwarzmarkts entgegen zu treten."

Neben der Einrichtung eines Runden Tisches sollen offene rechtliche Fragen geklärt werden, wie zum Beispiel die Antragstellung beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Zudem soll sichergestellt werden, "dass die Eröffnung und Betreibung des Coffeeshops im öffentlichen Interesse liegt, bzw. dass die nötige wissenschaftliche Begleitung des Modellprojektes in Zusammenarbeit mit geeigneten Forschungsstellen erfolgt, sodass das Modellprojekt im wissenschaftlichen Interesse begründet ist."

Die Initiatoren sind sich also offenbar der rechtlichen Problematik ihres Modellprojekts bewusst. Erforderlich ist eine Erlaubnis des BfArM. Es geht hierbei nicht um die Abgabe von Cannabisprodukten zu therapeutischen Zwecken, sondern um die Erlaubnis zum Verkehr mit Betäubungsmitteln nach § 3 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG). Dessen zweiter Absatz sieht vor, dass das BfArM eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen kann. Cannabis gehört grundsätzlich zu den nach Anlage I des BtMG nicht verkehrsfähigen Produkten. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 BtMG müssten also erfüllt sein.

Zitiervorschlag

Prof. Dr. Ulrich M. Gassner, Eröffnet in Berlin bald ein Coffeeshop?: Cannabisvertrieb im Dienst der Wissenschaft . In: Legal Tribune Online, 06.12.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10279/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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