Regelmäßig sind die Altersgrenzen zur Verbeamtung ein Thema vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit und dem BVerfG. Warum ein Lehrer nun zum zweiten Mal in der Revision scheiterte und das Ergebnis unbefriedigend ist, ordnet Robert Hotstegs ein.
Das Beamtenverhältnis lockt. Mit Arbeitsplatzsicherheit, Besoldung, Beihilfe und Versorgung. Es lockt einen Lehrer am Berufskolleg so sehr, dass er seit 2009 um seine Verbeamtung streitet. Und zwar durch alle Instanzen, bis nach Karlsruhe und am Dienstag wieder zurück nach Leipzig.
Dort hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) die Regelaltersgrenze in Nordrhein-Westfalen nun für verfassungsgemäß erklärt. Auch Alt-Fälle bedürften keiner Übergangsregelung. Der konkrete Antrag eines damals 46-Jährigen durfte daher abgelehnt werden, entschieden die Leipziger Richter (Urt. v. 11.10.2016, Az. 2 C 11.15).
Damit steht der Rechtsstreit um das rheinische Beamtenrecht erneut am Scheideweg: Entweder gibt der klagende Mann auf und akzeptiert seine unbefristete Beschäftigung auf Grundlage des privatrechtlichen Arbeitsvertrages und des Tarifvertrages oder er ruft erneut das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) an. Beides könnte man ihm nicht verdenken: Resignation und Revolution liegen in derartigen Verfahren nahe beieinander.
Knackpunkt: Föderalismus im Beamtenrecht
Denn das Beamtenrecht frönt in dieser Rechtsfrage seinem großen Hobby: dem Föderalismus. So hat das BVerfG in seinen Beschlüssen vom 21.04.2015 auch ein umfassende Bestandsaufnahme vorgenommen: Allen Dienstherren gemein ist dabei lediglich die Vorgabe des Grundgesetzes (GG), das alle Deutschen grundsätzlich nach ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte (Art. 33 Abs. 2 GG) erhalten sollen. Das bedeutete bei der Einführung des Bundesbeamtengesetzes etwa, dass dort nur ein Mindestalter von 27 Jahren zur Verbeamtung vorgesehen war, nicht aber eine Höchstaltersgrenze.
Die folgte erst drei Jahre später und lag – nach Laufbahnen variierend – zwischen 30 und 35 Jahren, sie pendelte sich erst später durch eine vereinheitlichende Vorschrift bei 32 Jahren ein. 2009 gab der Bund dann für seinen eigenen Zuständigkeitsbereich diese starre Grenze auf und behielt sich lediglich vor, bei der Verbeamtung von über 40-jährigen Kandidatinnen und Kandidaten durch das Bundesfinanzministerium im Einzelfall die Einwilligung zu erteilen oder nicht.
Turbulent und mit nahezu willkürlich anderem Ausgang entwickelte sich das Beamtenrecht in den Ländern. Spätestens seit der Föderalismusreform II waren die Länder mit Ausnahme weniger statusrechtlicher Fragen vollständig souverän, die Dienstverhältnisse ihrer Beamtinnen und Beamten selbst zu definieren. Das (Bundes-)Beamtenstatusgesetz gibt noch nicht einmal eine Altersgrenze für den Ruhestand vor. Es definiert lediglich, dass es überhaupt (irgendwann) einen Ruhestand geben soll.
Was vor dem Ruhestand passiert, ist von Nord nach Süd, von West nach Ost stets unterschiedlich. Berlin kann im Ausnahmefall auch über 50-jährige verbeamten (übernimmt aber keine Lehrer ins Beamtenverhältnis). Hessen hob die Grenze von 40 Jahren auf 50 Jahre an. Das Saarland bevorzugt bis zu 40-Jährige, bis 45 wird man auch in Rheinland-Pfalz noch Probebeamter.
Am eindeutigsten entschied supranational die Europäische Union für ihren Zuständigkeitsbereich: Die ursprünglich vorgesehene Höchstaltersgrenze von 45 Jahren wurde abgeschafft. Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) verbiete Altersgrenzen, weil damit eine Diskriminierung wegen des Alters verbunden sei.
Dass sich auch Nordrhein-Westfalen so eindeutig positioniert hätte, muss sich der klagende Lehrer mehrmals während seiner Verfahren gedacht haben: Er ist seit 2004 bereits für das Land NRW als Lehrer tätig. Über die Hälfte seiner Dienstzeit befindet er sich im Streit mit dem Noch-Arbeitgeber und ewig verhinderten Dienstherrn.
Robert Hotstegs, BVerwG: Altersgrenze verfassungsgemäß: . In: Legal Tribune Online, 12.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20839 (abgerufen am: 03.12.2024 )
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