BVerwG: Altersgrenze verfassungsgemäß: Ver­beam­tung muss sich rechnen

von Robert Hotstegs, LL.M.

12.10.2016

2/2: Rheinisches Recht: 35, 40, 42 Jahre

Noch auf dem Weg zum 2. Staatsexamen für Lehrer hatte das Land seinerzeit eine Altersgrenze von 35 Jahren in der Laufbahnverordnung vorgesehen, die durch eine ausufernde Verwaltungspraxis quasi unberechenbar gehandhabt wurde. Dies war verfassungswidrig. 2009 bei Antragstellung des Mannes galt dann schon die 40-Jahre-Grenze, die weniger Ausnahmen zuließ und ebenfalls in der Laufbahnverordnung verankert war. Auch diese Regelung war nicht verfassungsgemäß. Nun gilt seit Anfang 2016 eine neue Altersgrenze von 42 Jahren. Auf dieser Grundlage hatte das BVerwG gestern über das Verbeamtungsbegehren zu entscheiden. Es hat die Revision des Klägers (erneut) zurückgewiesen. Das überzeugt nicht.

Die Neuregelung ist nach Auffassung des BVerwG verfassungsgemäß, denn die Eingriffe in Art. 33 GG und die Berufsfreiheit seien vor dem Hintergrund des beamtenrechtlichen Lebenszeitprinzips gerechtfertigt. Der Dienstherr habe ein berechtigtes Interesse an einem angemessenen Verhältnis zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit. Aus demselben Grund liege auch kein Verstoß gegen die europäische Gleichbehandlungsrichtlinie (RL 2000/78/EG) vor.

Die Ausnahme- und Billigkeitsvorschriften würden schließlich auch zu keinem anderen Ergebnis führen. Das Land habe beispielsweise kein "erhebliches dienstliches Interesse" daran gehabt, den Lehrer zu behalten oder zu gewinnen. Auch die Entscheidung des BVerfG vom April 2015 habe keine Vorgaben für Übergangsvorschriften gemacht. Daher habe der Landesgesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum ausschöpfen und auf Übergangsregelungen verzichten dürfen, so die Argumentation aus Leipzig.

Fiskalische Abwägung benötigt keine Altersgrenze

Das ist unbefriedigend. Denn einerseits ist dem Kläger zugute zu halten, dass er (erneut) das Land darauf aufmerksam gemacht hat, dass sein Beamtenrecht verfassungswidrig ausgestaltet war. Die Verbeamtung wäre hier geradezu als Fleißprämie durchaus "billig" gewesen, die Anwendung der neuen Höchstaltersgrenze erscheint im Umkehrschluss nämlich "unbillig".

Daneben vermag aber das von vielen Landesgesetzgebern und auch vom BVerfG und BVerwG genutzte Argument, es müsse ein "ausgewogenes zeitliches Verhältnis zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit und damit zwischen aktiver Beschäftigungszeit und Versorgungsansprüchen" gesichert werden, nicht zu überzeugen. Denn insbesondere der Bund hat unter praktischen Beweis gestellt, dass es hierzu gerade keiner starren Altersgrenze bedarf. Das Beamtenrecht kann und muss sich an dieser Stelle fortentwickeln, wie es das Grundgesetz in Art. 33 Abs. 5 GG ebenfalls fordert.

Für die Zeiträume, in denen der Beamte noch keine hinreichend ausgedehnte Dienstzeit zurückgelegt hat, sind Regelungen im Beamtenversorgungsrecht ausreichend, die fiskalischen Interessen der Dienstherren abzufangen und ihnen im wahrsten Sinne des Wortes Rechnung zu tragen. Es wäre keine Überraschung, stünde zu dem Thema schon bald die nächste Entscheidung an.

Der Autor Robert Hotstegs ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht in der Hotstegs Rechtsanwaltsgesellschaft, Düsseldorf. Die Kanzlei ist auf das öffentliche Dienstrecht, insbesondere Beamten- und Disziplinarrecht spezialisiert.

Zitiervorschlag

Robert Hotstegs, BVerwG: Altersgrenze verfassungsgemäß: . In: Legal Tribune Online, 12.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20839 (abgerufen am: 04.12.2024 )

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