Sondergebiete für Ferienwohnungen: Roll­läden hoch an Nord- und Ostsee

von Dr. Johannes Grüner

19.10.2017

2/2: Wohnen und Urlaub sind vereinbar

Ebenso argumentierten nun die Richter am BVerwG. Die angegriffenen Bebauungspläne seien wirksam. Durch die Festsetzungen würden Gebiete geschaffen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden, da sich der Festsetzungsgehalt keinem der dort geregelten Gebietstypen zuordnen lasse.

Auch die in den Bebauungsplänen vorgesehene Nutzungsmischung begegne keinen Bedenken: Das BVerwG führt aus, dass Dauerwohnen und Ferienwohnungen jedenfalls nicht unvereinbar sind, wenn diese Nutzungen in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen, also insbesondere unter einem Dach ausgeübt werden.

Auch aus § 10 Abs. 4 BauNVO folge nichts Gegenteiliges, so die Richter. Die im Jahr 1977 geschaffene Vorschrift biete zwar eine Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Ferienhausgebieten. Es sei aber nicht beabsichtigt gewesen, die schon damals bekannte Vermietung von Ferienwohnungen in gewachsenen Wohngebieten zu untersagen und Sondergebieten für die Erholung vorzubehalten.

Novelle des §13a BauNVO hier irrelevant

Für die Beurteilung der Wirksamkeit eines Bebauungsplans ist regelmäßig auf die zum Zeitpunkt der Offenlegung des Bebauungsplans geltende Fassung der BauNVO abzustellen. Daher musste sich das BVerwG noch nicht mit dem im Rahmen der sog. Städtebaurechtsnovelle neu geschaffen § 13a BauNVO befassen. Durch die neue Vorschrift wird für zukünftige Bebauungspläne klargestellt, dass Ferienwohnungen als nicht störender Gewerbebetrieb bzw. (kleiner) Betrieb des Beherbergungsgewerbes anzusehen sind und damit auch in Wohngebieten (ausnahmsweise) bauplanungsrechtlich zulässig sind.

Diese Anpassung und auch die aktuellen Urteile des BVerwG sorgen für mehr Rechtssicherheit für Kommunen und Eigentümer von Ferienwohnungen. Der planungsrechtliche „Werkzeugkasten“ der Gemeinden zur Regelung des Miteinanders von Dauer- und Ferienwohnungen ist nunmehr gut gefüllt: Sie können nach den Entscheidungen des BVerwG dazu übergehen, ein sonstiges Sondergebiet nach § 11 BauNVO auszuweisen und in diesem ein bestimmtes Verhältnis der in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang stehenden Nutzungen festzusetzen.

Die Ausweisung solcher Sondergebiete dürfte sich in erster Linie in besonders vom „Umkippen“ in faktische reine Ferienwohnungsgebiete bedrohten Bereichen anbieten. Daneben stehen aufgrund der Einfügung von § 13a BauNVO nunmehr aber auch Wohngebiete für die Ansiedlung von Ferienwohnungen offen. In jedem Fall haben die Gemeinden nunmehr die Möglichkeit, mit den Mitteln des Planungsrechts dafür zu sorgen, dass an Nord- und Ostseeküste auch in den Wintermonaten die Rollläden oben bleiben.

Der Autor Dr. Johannes Grüner ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Rechtsanwalt in der überörtlichen Kanzlei Kapellmann und Partner. Er befasst sich schwerpunktmäßig mit dem öffentlichen Bau- und Planungsrecht.

Zitiervorschlag

Dr. Johannes Grüner, Sondergebiete für Ferienwohnungen: Rollläden hoch an Nord- und Ostsee . In: Legal Tribune Online, 19.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25123/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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