Das Gericht beschränkt sich in seiner Eilentscheidung, die es binnen 24 Stunden nach der mündlichen Verhandlung am Mittwoch traf, auf die reine Folgenabwägung, was passieren würde, wenn es eine einstweilige Anordnung erlassen oder nicht erlassen würde.
Wird für CETA vorläufig der Weg freigemacht, so drohen nach BVerfG-Auffassung für die demokratischen Rechte der Beschwerdeführer keine schweren Nachteile. Schließlich könnte das Abkommen später eben wieder kassiert werden, da es aktuell nur um eine vorläufige Anwendung von CETA gehe.
Umgekehrt wäre ein Stopp zum jetzigen Zeitpunkt nach Ansicht des 2. Senats unter Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle verheerend. Begründet wird dies im Wesentlichen mit angenommenen gewaltigen politischen Auswirkungen eines Scheiterns des Abkommens.
Was die Bundesregierung tun muss – wenn sie kann
Die Bundesregierung muss gemäß der BVerfG-Entscheidung allerdings mehrere Schutzvorkehrungen treffen. Sie muss sicherstellen, dass ein Ratsbeschluss über die vorläufige Anwendung nur die Bereiche von CETA umfassen wird, die unstreitig in der Zuständigkeit der Europäischen Union liegen. Außerdem muss bis zu einer Entscheidung des BVerfG in der Hauptsache eine hinreichende demokratische Rückbindung der bei der regulatorischen Kooperation gefassten Beschlüsse gewährleistet sein.
Ferner ist sicherzustellen, dass Deutschland die vorläufige Anwendung des Freihandelsabkommens einseitig beenden kann. Ob letzteres völkerrechtlich wirklich möglich ist, ist jedoch offen, wie das BVerfG selbst andeutet. Insofern begibt sich die Entscheidung auf dünnes Eis. Gleichzeitig wird ansatzweise deutlich, dass das BVerfG CETA keineswegs unproblematisch durchwinken will und dem Ganzen offenbar mit einer gewissen Skepsis gegenübersteht.
Auf einem anderen Blatt steht, dass der eigentliche gerichtliche Ort, um über Demokratieprobleme von primär seitens der EU betriebenen Abkommen zu sprechen, der EuGH sein müsste – der nur eben für Kläger schwerer erreichbar ist – und nicht das BVerfG. Denn wenn hier ein demokratischer Gesetzgeber seine Zuständigkeiten aufs Spiel setzt, dann vor allem der europäische.
Der Autor Prof. Dr. Felix Ekardt, LL.M., M.A., Jurist, Philosoph und Soziologe, Universität Rostock und Leiter der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik in Leipzig und Berlin, ist politikberatend zu Nachhaltigkeitsfragen tätig. Er arbeitet vor allem in den Bereichen deutsches, europäisches und internationales Energie-, Klimaschutz-, Landnutzungs- und Verfassungsrecht sowie transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung.
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