BVerfG bestätigt IHK-Zwangsmitgliedschaft: Freiwillig wäre keine Alternative

Bild: gemeinfrei, via Wikimedia Commons, Bildquelle, Zuschnitt und Skalierung durch LTO
von Marcel Schneider und Pia Lorenz
02.08.2017
Bild: gemeinfrei, via Wikimedia Commons, Bildquelle, Zuschnitt und Skalierung durch LTO
Weil die Regelungen zur Pflichtmitgliedschaft geeignet seien, diese Zwecke zu erreichen, sei die Pflichtzugehörigkeit auch eine taugliche Grundlage für die Erhebung von Mitgliedsbeiträgen, so die Verfassungsrichter. Zwar könne der Gesetzgeber sich auch für ein Konzept freiwilliger Mitgliedschaft bei Erhalt der Kammern im Übrigen entscheiden. Der jetzigen Ausgestaltung stehe das Grundgesetz aber nicht entgegen, befand der Senat: Bei angemessener Höhe und ordnungsgemäßer Verwendung der Gelder unterstütze der Beitrag die Kammer bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.
"Mit anderen Worten: Die Annahme des Gesetzgebers, dass die Aufgabenerfüllung durch die Kammern für die Betroffenen und den Staat die günstigere Variante darstellt, ist verfassungsrechtlich nicht angreifbar", erklärt der Vorstandsvorsitzende des Instituts für Kammerrecht in Halle. Dies werde auch durch einen an anderer Stelle des Beschlusses formulierten Gedanken bestärkt. "Wäre die Mitgliedschaft freiwillig, bestünde zudem der Anreiz, als 'Trittbrettfahrer' von den Leistungen der Kammer zu profitieren, ohne selbst Beiträge zu zahlen", heißt es dort.
Die Belastung der Betriebe durch die nach dem Gewerbeertrag gestaffelte Beitragspflicht und die Pflichtmitgliedschaft wiege nicht sehr schwer, bundesweit habe sich die Beitragspflicht in den letzten Jahren auch eher verringert als erhöht, argumentieren die Karlsruher Richter. Im Gegenzug verleihe die Pflichtmitgliedschaft den (unfreiwillig) Kammerzugehörigen Rechte zur Beteiligung und Mitwirkung an den Kammeraufgaben; bereits dieser Vorteil aus den Mitgliedschaftsrechten berechtige zur Erhebung der Kammerumlage.
Kluth stellt aber auch klar, dass der Erste Senat in seiner ausführlichen Begründung auch ein zentrales Argument der Kläger aufgreift. "Das Bundesverfassungsgericht macht deutlich, dass der sorgsame Umgang mit der Pluralität der Interessen der Kammermitglieder, insbesondere mit Minderheiteninteressen, ein berechtigtes Anliegen der Kläger ist". Keine Gruppe dürfe demnach institutionell majorisiert werden - auch nicht bei der Bildung des Gesamtinteresses der Wirtschaft der Region.
Und ist all das auf die Anwaltskammern übertragbar? Dominik Storr, Prozessvertreter eines der Beschwerdeführer im nun entschiedenen Verfahren, sagte bereits im Jahr 2014 bei Einlegung der Verfassungsbeschwerde im Jahr 2014 im Gespräch mit LTO, "Anwälte sind immerhin eine homogene Gruppe. Da kann man jedenfalls noch eher argumentieren, dass es ein wahrzunehmendes Gesamtinteresse gibt."
Marcel Schneider und Pia Lorenz, BVerfG bestätigt IHK-Zwangsmitgliedschaft: Freiwillig wäre keine Alternative . In: Legal Tribune Online, 02.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23761/ (abgerufen am: 07.02.2023 )
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