Ein neues Pressegesetz wird im Bundestag diskutiert: Es soll festlegen, in welchem Umfang Bundesbehörden wie BND oder BfV Auskunft zu ihrer Arbeit geben müssen. Über Details ist sich die Opposition aber uneins, und ob die Regierungsfraktionen mitziehen noch offen.
Am Donnerstag ab 14 Uhr soll im Bundestag in einem neuen Anlauf ein Auskunftsgesetz für die Presse auf Bundesebene geschaffen werden. Die FDP-Fraktion bringt dazu einen Antrag ein, der LTO exklusiv vorliegt.
Anfang 2013 hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) festgestellt, dass Presseorgane aus den Pressegesetzen der Länder keine Auskünfte von Bundesbehörden wie etwa dem Bundesnachrichtendienst (BND) beanspruchen können. Das verhindere die entgegenstehende Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Zwar könnten sich Medien in diesen Fällen unmittelbar auf die Pressefreiheit in Art. 5 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz (GG) berufen, aber an einem Gesetz fehlt es – bis heute.
Und damit fehlt es auch an einer Feinsteuerung presserechtlicher Ansprüche, wie man sie aus den Landespressegesetzen kennt. Die aber regeln eben nur Auskunftsansprüche gegen Landesbehörden. Sie enthalten konkrete Vorgaben: Wer soll von wem genau was verlangen können – und mit welchen Ausnahmen. Ein Grundrecht wie Art. 5 im GG kann dagegen naturgemäß nur einen knappen Mindeststandard formulieren, wie auch das BVerwG immer wieder betont.
Entschließungsantrag der FDP für klareres Auskunftsrecht der Presse
Der Antrag der FDP unter Tagesordnungspunkt 29 will ein neues Auskunftsgesetz schaffen, "welches ein vergleichbares inhaltliches und rechtliches Niveau zu den bestehenden Landespressegesetzen bietet", wie es in dem Antrag heißt. Nach dem Willen der Liberalen soll das Auskunftsrecht auch auf die Akteneinsicht erweitert werden. Verweigern dürfen sollen die Bundesbehörden Auskünfte, wenn ihnen Geheimhaltungsgründe oder öffentliche Interessen entgegen stehen.
Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) mit seinen Auskunftsansprüchen sei ein gutes Transparenzinstrument, sagte der medienpolitische Sprecher der FDP, Thomas Hacker, gegenüber LTO, aber für investigativen Journalismus untauglich. Nach dem IFG kann jeder, also auch Menschen, die keine Medienvertreter sind, Informationen von Behörden verlangen, allerdings können die Behörden für die Informationsbereitstellung auch Gebühren in Rechnung stellen. "Sobald Rechercheanfragen an Gebühren gekoppelt werden, stellen sich unwiderruflich Fragen der Finanzierbarkeit von journalistischen Inhalten. Solche Fragen gehen zu Lasten investigativer Recherchen."
Allerdings soll der Antrag ohne weitere Debatte in die Ausschüsse überwiesen werden. Es handelt sich um einen Entschließungsantrag, nicht um einen ausformulierten Gesetzentwurf. Federführend soll nach Informationen von LTO der Innenausschuss werden.
Ausformulierter Gesetzentwurf bei den Grünen schon in der Schublade
Nach über fünf Jahren ist unter den Fraktionen eine neue Betriebsamkeit in Sachen Presserecht ausgebrochen. Dabei sind die Liberalen keineswegs die Ersten. Bei der Bundestagsfraktion der Grünen liegt sogar schon länger ein ausgearbeiteter, neun Seiten langer Gesetzentwurf bereit. Dabei handelt es sich um die Neuauflage eines Vorschlags der Grünen aus dem Jahr 2013, der damals aber scheiterte, ebenso wie ein Anlauf im Jahr 2016. Die Grünen halten an ihrer Entwurfsrichtung weiter fest. "Wir haben darin nicht nur alle Medienformen einbezogen, sondern auch das Auskunftsrecht in Anlehnung an das IFG erweitert, den Behördenbegriff präzisiert, den Eilrechtsschutz in Auskunftssachen erleichtert", sagte die netzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Tabea Rößner, gegenüber LTO.
"Die FDP folgt da dankenswerterweise unseren Vorschlägen und geht in die richtige Richtung - unsere Vorschläge sind nur noch konkreter als Gesetzentwurf ausgearbeitet und können eins zu eins umgesetzt werden".
Tatsächlich zielen die Grünen und die FDP offenbar in dieselbe Richtung. Diskussionsbedarf für die kommende Ausschussarbeit gibt es aber im Detail.
"Hauptproblem des grünen Gesetzentwurfes ist die fehlende klare Definition des Berechtigtenkreises", so FDP-Abgeordneter Hacker. "Der Berechtigtenkreis darf aus unserer Sicht nicht uferlos sein, da ja nicht nur Rechte, sondern auch journalistische Sorgfaltsplichten mit einem Auskunftsanspruch verbunden sind. Eine solche Begrenzung ist auch sinnvoll und tragfähig, um den Unterschied zwischen journalistischen Anfragen und den Anfragen von Bürgern nach dem IFG deutlich zu machen."
Im Entwurf der Grünen heißt es in § 2: "Medien im Sinne dieses Gesetzes sind Presse, Rundfunk, Film sowie Telemedien mit regelmäßigen journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten. Als Vertreterin und Vertreter der Medien ist jeder an der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Medien Mitwirkende anzusehen, der in diesem Zusammenhang Behördenauskünfte benötigt."
Journalistenverbände hatten in der letzten Gesetzgebungsrunde auf eine weite Formulierung gedrängt. Im Mediengesetz Saarland ist der Berechtigtenkreis ebenfalls weit gefasst.* Dort heißt es: "Die Behörden sind verpflichtet, Vertreterinnen und Vertretern der Medien die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen."
Streit über Auskunftsanspruch – der nicht gesetzlich normiert ist
Zuletzt hätte ein neues Presseauskunftsgesetz etwa im Sommer 2018 zum Einsatz kommen können. Ein Journalist der Bild-Zeitung klagte auf Akteneinsicht zum Nazi-Verbrecher Alois Brunner, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hatte sich zuvor geweigert, die Akte zu öffnen. Das OVG Münster gab beiden Parteien ein bisschen Recht. Der Verfassungsschutz müsse über Unterlagen, die älter als 30 Jahre sind, neu entscheiden. Alles, was nach Juli 1988 zur Akte hinzugefügt worden sei, dürfe er dagegen unter Verschluss halten. Der Verfassungsschutz hat Revision beim BVerwG eingelegt. Auch in diesem Fall wird über Details eines Auskunftsanspruchs und die Gründe seiner Verweigerung gestritten, die nicht gesetzlich im Presserecht normiert sind.
In einem anderen Verfahren vor dem BVerwG forderte der BND im September 2018, vom verfassungsrechtlichen Presse-Auskunftsanspruch freigestellt zu werden, und zwar "solange der Gesetzgeber noch nicht aktiv geworden ist", wie der Tagesspiegel aus einem Gerichtsschreiben zitiert.
"Die zuletzt geäußerte Forderung des Bundesnachrichtendienstes, sich quasi mit einer Bereichsausnahme gegen Presseauskünfte zu wappnen, zeigt einmal mehr, wie Auskunftsrechte der Presse in den letzten Jahren stetig beschnitten werden", so die Grünen-Abgeordnete Rößner. "Die Bundesregierung schaut tatenlos zu, obwohl sie sich im Koalitionsvertrag zur Stärkung der Auskunftsrechte von Medien bekannt hat."
Eigene Pläne bei der SPD in Beratung
Wie realistisch ist es, dass FDP und Grüne mit ihren Forderungen durchkommen? Im Koalitionsvertrag haben sich auch die Regierungsparteien, wenn auch mit knappen und etwas wolkigen Worten, zur Stärkung von presserechtlichen Auskunftsrechten bekannt. Der medienpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Martin Rabanus, teilte lediglich mit, dass man sich im internen Beratungsprozess befinde. Auf die Unterstützung von SPD bzw. CDU/CSU im Bundestag wird es am Ende entscheidend ankommen, wenn ein neues Presseauskunftsgesetz verabschiedet werden soll.
Anm. d. Red.: Zunächst war hier auch noch Bayern erwähnt, das Landespressegesetz dort ist nach seiner Formulierung gerade ein Beispiel für eine eng gefasste Regelung. Geändert am 28.11.2018, 16.58 Uhr.
LTO-Exklusiv: FDP und Grüne wollen ein Presseauskunftsgesetz: . In: Legal Tribune Online, 28.11.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32387 (abgerufen am: 05.12.2024 )
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