BSG zur künstlichen Befruchtung: Kein Zuschuss der Krankenkasse für unverheiratete Paare

von Sebastian Kauschke

19.11.2014

Eine Krankenkasse hatte per Satzungsänderung auch unverheirateten Paaren Zuschüsse für die künstliche Befruchtung gewähren wollen. Das BSG bestätigte aber am Dienstag, dass nach der derzeitigen Gesetzeslage nur Eheleute einen Anspruch darauf haben dürfen. Sebastian Kauschke macht enttäuschten Partnern Hoffnung, denn der Gesetzgeber hätte die Möglichkeit, die Normen der Realität anzupassen.

Laut Gesetz müssen sich die Krankenkassen mit mindestens 50 Prozent an den Kosten für die ersten drei Versuche einer künstlichen Befruchtung beteiligen. Vorausgesetzt, das unfreiwillig kinderlose Paar ist verheiratet.

Um den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen zu stärken, dürfen diese aber seit Anfang 2012 freiwillige Satzungsleistungen anbieten, die über die gesetzlichen hinausgehen. Daran anknüpfend änderte die Betriebskrankenkasse Verkehrsbau Union (BKK VBU) als einzige Krankenkasse ihre Satzung im selben Jahr dahingehend, dass auch unverheiratete Paare in einer "auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft" bei ihrem Kinderwunsch mit sogar 75 Prozent der Kosten finanziell unterstützt werden können. Mit dieser Erweiterung wollte sie den zahlreichen Anträgen unverheirateter Paare, die eine solche Leistung bereits angefragt hatten, entsprechen, wie deren stellvertretender Vorstand, Helge Neuwerk, gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa) angab.

Diese Satzungsänderung ist allerdings vom zuständigen Bundesversicherungsamt abgelehnt worden. Daraufhin klagte die Kasse vergebens vor dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg gegen die Ablehnung der Aufsichtsbehörde (Urt. v. 13.6.2014, Az. L 1 KR 435/12 KL). Seit Dienstag steht fest, dass auch die Revision vor dem Bundessozialgericht (BSG) erfolglos blieb. Der Senat entschied, die Änderung der Satzung sei nicht mit höherrangigem Recht vereinbar (Urt. v. 18.11.2014, Az. B 1 A 1/14 R). Nun besteht Klarheit darüber, dass zumindest die bundesweit vertretenen Krankenkassen den Zuschuss nicht auf unverheiratete Paare ausdehnen dürfen. Paare ohne Trauschein müssen damit auf eine Gesetzesänderung hoffen.

BSG entscheidet wie bisherige Rechtsprechung

Die Einführung einer neuen Satzungsleistung durch die Krankenkasse setzt nach § 194 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, S. 2 Sozialgesetzbuch, fünftes Buch (SGB V) eine ausdrückliche Ermächtigung zu dieser Regelung voraus, welche für die in der neuen Satzung angebotene Leistung aber nicht besteht. Die künstliche Befruchtung ist in § 27a SGB V geregelt, dessen Abs. 1 Nr. 3 voraussetzt, dass es sich bei den Anspruchstellern um Eheleute handeln müsse.

Eine entsprechende Anwendung auf nichteheliche Lebensgemeinschaften oder Partner einer eingetragenen Lebensgemeinschaft sei nicht möglich, stellten nun auch die Richter des Bundesgerichts klar. Die Kasse habe nicht eine zusätzliche, sondern eine andere Leistung anbieten wollen, die mit dem in der Norm ausgedrückten Willen des Gesetzgebers nicht vereinbar sei. Dass ledige Paare kein Geld für die Behandlung bekommen, sei zudem verfassungskonform. Die Ehe biete Kindern grundsätzlich mehr rechtliche Sicherheit.

Damit beziehen sich die Richter auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem  Jahr 2007 (Urt. v. 28.2.2007, Az. 1 BvL 5/03). Dieses hatte die Beschränkung der Zuschüsse auf Eheleute für mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar erklärt. Es hatte  zwar eine finanzielle Benachteiligung von versicherten Partnern in einer nichtehelichen Beziehung im Verhältnis zu Ehepartnern festgestellt, diese sei aber wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes von Familie und Ehe aus Art. 6 Abs. 1 GG sachlich gerechtfertigt. Ehepartner sind gemäß § 1353 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) füreinander rechtlich verantwortlich. Dies sei ausreichend, um von einer "erhöhten Belastbarkeit der Partnerschaft" ausgehen zu dürfen, die den Partnern im Falle einer künstlichen Befruchtung häufig abverlangt werden wird. Diesem Prinzip stehe für nichteheliche Lebensgemeinschaften nur die freiwillige Übernahme von Verantwortung gegenüber.

Zitiervorschlag

BSG zur künstlichen Befruchtung: . In: Legal Tribune Online, 19.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13862 (abgerufen am: 10.12.2024 )

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