BMJ will Lebenspartnerschaft gleichstellen: Bloß Kosmetik mit Mängeln

Der Gesetzesentwurf führt neu neben dem Ehegattenhof nun auch den Begriff des Lebenspartnerhofes ein. Dies ist das deutlichste Beispiel dafür, dass es vor allem um sprachliche Änderungen geht. Von dem, was das BVerfG vom Gesetzgeber gefordert hat, ist das weit entfernt. Weder steuerrechtliche Aspekte noch die überfällige Regelung der Rechte Homosexueller zur Adoption nicht leiblicher Kinder nimmt der Entwurf der FDP-Ministerin auf.

Dabei haben die Karlsruher Richter in mittlerweile vor allem vier Entscheidungen angemahnt, dass die Lebenspartnerschaft mit der Ehe nicht bloß nominell gleichzustellen ist. Ungleichbehandlungen im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (BVerfG, Beschl. v. 21.7.2010, Az. 1 BvR 611, 2464/07), bei der  Hinterbliebenenversorgung (BVerfG, Beschl. v. 07.07.2009, Az. 1 BvR 1164/07), dem beamtenrechtlichen Familienzuschlag (BVerfG, Beschl. v. 19.6.2012 – 2 BvR 1397/09) und zuletzt bei der Grunderwerbsteuer (BVerfG, Beschl. v. 18.07.2012, Az. 1 BvL 16/11) diskriminierten Lebenspartnerschaften, ohne dass es dafür einen rechtfertigenden Grund gäbe, entschieden die Karlsruher Richter.

Das höchste deutsche Gericht geht davon aus, dass eine Privilegierung der Ehe, welche die eingetragene Lebenspartnerschaft benachteiligt, nicht allein mit dem Verweis auf das Schutzgebot der Ehe in § 6 Abs. 1 GG begründet werden darf. Eine Schlechterstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft ist vielmehr nur gerechtfertigt, wenn ein hinreichend gewichtiger Sachgrund vorliegt, der gemessen an dem jeweiligen Regelungsgegenstand und –ziel die Benachteiligung rechtfertigen kann.

Ein hinreichender Sachgrund ist nicht schon, dass in den meisten Lebenspartnerschaften keine Kinder vorhanden sind. Es gibt nämlich, worauf das BVerfG ausdrücklich hinweist, auch kinderlose Ehen, während umgekehrt in eingetragenen Lebenspartnerschaften, vor allem von Frauen, zunehmend Kinder aufwachsen.

Handwerklich mangelhaft

Auch die Änderung an den Stellschrauben der Rechtsordnung ist nicht geglückt. Sie erscheint vielmehr zufällig. Wieso im Lebenspartnerschaftsgesetz § 10 Abs. 7 hinsichtlich der Inventarerrichtung bei einer zum Gesamtgut gehörenden Erbschaft dem Ministerium dringend regelungsbedürftig erschien, obwohl die Gütergemeinschaft sogar bei Ehegatten praktisch nahezu gegenstandslos ist und bei eingetragenen Lebenspartnern kaum vorkommen dürfte, ist unerfindlich.

Überhaupt ist unklar, wieso das Lebenspartnerschaftserbrecht in § 10 LPartG wörtlich wiederholt werden muss, anstatt pauschal auf das Ehegattenerbrecht zu verweisen.

Bei der Aufhebung der Lebenspartnerschaft bleibt es auch nach dem Entwurf bei gravierenden Unterschieden gegenüber der Ehe. Das geltende Lebenspartnerschaftsgesetz vermeidet ausdrücklich die Verwendung des Wortes „Zerrüttung“, wenn sich die Lebenspartner nicht mehr vertragen. Kosmetische Gründe oder wirklich ein Unterschied? Jedenfalls ist hier keine Angleichung in der Begrifflichkeit geplant.  

Außerdem ist eine Scheinlebenspartnerschaft von vornherein nichtig, während die Scheinehe nur später vom Gericht aufgehoben werden kann. Gründe für die unterschiedliche Behandlung sind nicht ersichtlich. Ohnehin ist nicht klar, wieso der Gesetzgeber nicht pauschal hinsichtlich der eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer Vorschrift auf sämtliche Regelungen verweist,  die für Ehegatten gelten.

Wirkliche Gleichstellung geht anders

Die Entscheidungen aus Karlsruhe, in denen das BVerfG  die Benachteiligung der eingetragenen Lebenspartnerschaft gegenüber der Ehe gerügt hat, behandeln Fragen, in denen es nicht um eine nominelle Gleichstellung ging, sondern um eine finanzielle.

Eingetragene Lebenspartner haben die gleichen Pflichten wie Ehegatten. Deshalb ist ihnen wie auch dem höchsten deutschen Gericht nicht klar, wieso bei staatlichen Leistungen und steuerlichen Vorteilen die eingetragene Lebenspartnerschaft der Ehe nicht gleichgestellt wird. Auch weiterhin betrifft das vor allem das Einkommensteuerrecht.

Gründe dafür gibt es nicht, auch und gerade nicht mit Blick auf die Karlsruher Entscheidungen. Lebenspartner werden weiterhin teilweise von finanziellen Vorteilen ausgeschlossen, die Ehegatten genießen. Dies ist umso weniger gerechtfertigt, je mehr die Lebenspartnerschaft der Ehe angeglichen ist.
Das BVerfG hält diese Unterschiede für gleichheitswidrig. Mit dem bislang vorgelegten Entwurf des Justizministeriums jedenfalls käme der Gesetzgeber seiner Pflicht zur Nachbesserung nur ungenügend nach. Die Homo-Ehe wird dadurch noch lange nicht gesetzliche Normalität. Auch wenn der Entwurf die vorgesehenen Änderungen ausdrücklich als vorwiegend redaktioneller Art ohne gravierende praktische Auswirkungen bezeichnet: Eine begriffliche Angleichung an 40 Stellen in ganz unterschiedlichen Gesetzen lässt die weiterbestehende Ungleichbehandlung in finanzieller Hinsicht fast noch eklatanter erscheinen.

Ob es gerechtfertigt ist, die Ehe und die eingetragene Lebenspartnerschaft gegenüber anderen Formen einer Verantwortungsgemeinschaft allein wegen des Trauscheins zu bevorzugen, ist eine andere Frage. Wieso Geschwister, die im Alter auch füreinander aufkommen und sich pflegen, bei der Erbschaftsteuer nahezu wie fremde Personen behandelt werden, während bei Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern eine Luxusimmobilie steuerfrei vererbt werden kann, dürfte künftig ein Thema der Diskussion werden.

Der Autor Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz istNotar in Regen und Zwiesel. Er ist Verfasser zahlreicher Fachpublikationen zum Familienrecht und plädiert für die Einführung des uneingeschränkten Adoptionsrechts für eingetragene Lebenspartnerschaften.

Zitiervorschlag

Herbert Grziwotz, BMJ will Lebenspartnerschaft gleichstellen: Bloß Kosmetik mit Mängeln . In: Legal Tribune Online, 24.08.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6921/ (abgerufen am: 19.03.2024 )

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