Neuer Trend der Hersteller im Kampf gegen die Produktpiraterie?: Bir­ken­stock belie­fert Amazon nicht mehr

2/2 Hohe Hürden für selektive Vertriebssysteme

Grundsätzlich kann ein Hersteller einem Händler den Handel mit seinen Waren auf Amazon und Co. nicht verbieten. Für selektive Vertriebssysteme gibt es hohe Hürden. In seiner Coty-Entscheidung vom 6. Dezember 2017 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) nunmehr jedoch entschieden, dass ein Hersteller von Luxuswaren seinen autorisierten Händlern verbieten kann, Waren über Drittplattformen wie Amazon Marketplace zu verkaufen, wenn dies der Sicherstellung des Luxusimages der Ware dient (Az. C-230/16).

Voraussetzung ist dem EuGH zufolge, dass die Auswahl der Wiederverkäufer anhand objektiver Gesichtspunkte qualitativer Art erfolgt, die einheitlich für alle in Betracht kommenden Wiederverkäufer festgelegt und ohne Diskriminierung angewendet werden. Außerdem müssen die Eigenschaften des fraglichen Erzeugnisses zur Wahrung seiner Qualität und zur Gewährleistung seines richtigen Gebrauchs ein solches Vertriebsnetz erfordern und schließlich die festgelegten Kriterien nicht über das erforderliche Maß hinausgehen.

Eine eindeutige Definition, was konkret unter Luxuswaren zu verstehen ist, liefert der EuGH jedoch nicht. Er verweist hierzu vielmehr auf seine Copad-Entscheidung (EuGH, Urteil vom 23.04.2009 - C-59/08), nach der ein selektiver Vertrieb in Bezug auf Luxuswaren erforderlich sein kann, da die Qualität der Waren nicht allein auf ihren materiellen Eigenschaften beruht, sondern auch auf ihrem Prestigecharakter, der ihnen eine luxuriöse Ausstrahlung verleiht.

Maßgebliches Unterscheidungskriterium dieser Waren ist daher ihr Luxusimage. Zwischen Herstellern und Händlern wird häufig Uneinigkeit herrschen, ob einer Ware ein Luxusimage anhaftet, wenn den Händlern deren Vertrieb auf Online-Plattformen verboten werden soll. Das Beispiel Birkenstock dürfte dieses Problem anschaulich machen.

"Deutsche Markenqualität" – aber nicht gerade Luxusprodukt

Birkenstock wirbt in erster Linie für die deutsche Markenqualität seiner Produkte. Zwar droht das Image selbstverständlich zu leiden, wenn der Markt, oder in diesem Fall der Amazon Marketplace, mit billigen Fälschungen überschwemmt wird. Es dürfte allerdings schwer für Birkenstock werden, mit einem angekratzten Luxusimage seiner Produkte zu argumentieren. Da helfen wahrscheinlich auch nicht die zahlreichen Hollywood- und Blogger-Füße, welche die Birkenstocks spazieren führen. Denn materielle Qualität allein ist, wie der EuGH in Copad angedeutet hat, gerade nicht mit einem Luxusimage gleichzusetzen.

Birkenstock könnte jedoch versuchen, medienwirksam den Druck auf Amazon zu erhöhen, endlich aktiver gegen Fälschungen auf seinen Plattformen vorzugehen und ausschließlich originale Qualitätsware anzubieten. Sollten es weitere namhafte Hersteller Birkenstock gleichtun, wäre der Nebeneffekt eine mögliche Schwächung des Marktmonopols des europaweit größten Onlinehändlers. Dies würden wiederum sicherlich die Kartellämter begrüßen.

Es bleibt daher abzuwarten, ob andere Hersteller Birkenstock nachfolgen. Immerhin hat Birkenstock es schon einmal vermocht, zum Trendsetter zu werden: "Gesundheits-Latschen" als hippe Fußbekleidung, das konnte sich vor zwanzig Jahren auch noch niemand so recht vorstellen.

Dr. Daniel Kendziur und Janine Manke, LL.M. (Chinese University of Hong Kong) sind Rechtsanwälte im Münchener Büro von Simmons & Simmons und beraten in marken- und wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten.

Zitiervorschlag

Daniel Kendziur und Janine Manke, Neuer Trend der Hersteller im Kampf gegen die Produktpiraterie?: Birkenstock beliefert Amazon nicht mehr . In: Legal Tribune Online, 15.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26025/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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