Druckversion
Sonntag, 18.05.2025, 19:00 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/hintergruende/h/bgh-zur-bilderverwertung-mein-schloss-mein-park-mein-bild
Fenster schließen
Artikel drucken
2179

BGH zur Bilderverwertung: Mein Schloss, mein Park, mein Bild

von Prof. Dr. Markus Ruttig

17.12.2010

Sanssouci

© Gary - Fotolia.com

Kulturgüter dürfen nicht ohne weiteres fotografiert und die Bilder anschließend im Internet vermarktet werden. Der BGH stellte klar, dass der Eigentümer der Objekte hier ein gewichtiges Wörtchen mitzureden hat. Damit gaben die Richter einer Klage der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten statt. Warum es dabei im Grunde nicht um das Urheberrecht ging, erläutert Dr. Markus Ruttig.

Anzeige

Den drei heute ergangenen Urteilen zufolge darf die Stiftung die ungenehmigte Herstellung und Verwertung von Foto- und Filmaufnahmen der von ihr verwalteten Gebäude und Gartenanlagen zu gewerblichen Zwecken untersagen, wenn sie auch Eigentümerin der betreffenden Gebäude ist und die Aufnahmen von ihren Grundstücken aus hergestellt worden sind.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) schreibt mit seinen Entscheidungen die Rechtsprechung des für das Urheberrecht zuständigen I. Zivilsenats fort. Aber geht es überhaupt um Urheberrecht? Auf den ersten Blick könnte man dies annehmen, weil die beklagten Unternehmen durch Fotos und Filme Vervielfältigungen von grundsätzlich urheberrechtlich geschützten Bauwerken erstellt hatten. Tatsächlich ist jedoch bei den meisten von der Stiftung verwalteten Gebäuden - etwa Schloss Sanssouci, Cecilienhof, Park und Schloss Rheinsberg, Schloss Charlottenburg und Jagdschloss Grunewald -  die Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers gemäß § 64 Urheberrechtsgesetz (UrhG) längst abgelaufen.

Patriotismus nicht die entscheidende Frage

Im Mittelpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung steht damit auch nicht § 59 UrhG, der Aufnahmen von Werken und Bauwerken gestattet, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden.

Auch wenn diese Norm im konkreten Fall nicht streitentscheidend war, ist doch interessant, dass sie auf § 20 Kunsturhebergesetz (KUG) zurückgeht.  Dessen Einführung begründete der Gesetzgeber Anfang des 20. Jahrhunderts wie folgt: Aufnahmen und Abbildungen von Denkmälern und staatlichen Gebäuden seien geeignet, den durchaus wünschenswerten Patriotismus zu beflügeln und darüber hinaus eine soziale Funktion zu erfüllen. Denn eine Vielzahl von Kleinstgewerbetreibenden sei auf den Verkauf von aus solchen Aufnahmen entstandenen Ansichtskarten und ähnlichem angewiesen.

Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten hat jetzt genau umgekehrt argumentiert und auf die ihr staatsvertraglich übertragene Aufgabe verwiesen. Danach habe sie die ihr übergebenen Kulturgüter zu bewahren und unter Berücksichtigung historischer, kunst- und gartenhistorischer und denkmalpflegerischer Belange zu pflegen, ihr Inventar ergänzen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Hierfür könne sie auch Eintrittsgelder verlangen und sei keinesfalls verpflichtet, Foto- und Filmaufnahmen zu gewerblichen Zwecken kostenlos zu gestatten.

Eigentumsrecht überwiegt Interesse von Kleinstgewerbetreibenden

Der BGH folgte der Argumentation der Klägerin im Wesentlichen und leitete die Befugnis der Stiftung, über die gewerbliche Verwertung der Aufnahmen zu bestimmen, aus deren Eigentumsrechten ab. Ähnlich hatte der I. Zivilsenats des BGH bereits in der Sache "Schloss Tegel" (Urt. v. 20.09.1974, Az. I ZR 99/73) entschieden.

Danach kann der Eigentümer eines Grundstücks sowohl die Herstellung als auch die Verwertung von Fotos seiner Gebäude untersagen, wenn diese von seinem Grundstück aus aufgenommen worden sind. Die Richter wiesen darauf hin, dass der Eigentümer als Inhaber des Hausrechts bestimmen könne, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen jemand sein Grundstück betritt. Ihm müsse daher auch das ausschließliche Recht zustehen, darüber zu entscheiden, wer zur Anfertigung und Verwertung von Fotografien berechtigt ist, die von seinem Grundstück aus aufgenommen worden sind.

Damit ist auch klar, was für den Fall gilt, wenn das fotografierte Gebäude, Werk oder  ähnliches in privatem Eigentum steht, jedoch öffentlich sichtbar ist und – anders als in den jetzigen entschiedenen Fällen – von öffentlichen Plätzen aus aufgenommen werden kann. Dafür hatte der BGH im Rechtsstreit um ein "Friesenhaus" (Urt. v. 09.03.1989, Az. I ZR 54/87) bereits im Jahr 1989 Abwehr- und Zahlungsansprüche des Eigentümers wegen des ungenehmigten Fotografierens verneint. Das bloße Fotografieren beeinträchtige den Eigentümer nämlich nicht in seiner Nutzung. Deshalb sei, anders als bei tatsächlichen Einwirkungen auf die Sache, eine Ausschließung anderer von der Aufnahme nicht gerechtfertigt. Zur Begründung hatte sich auch der I. Zivilsenat des BGH nicht auf die Privilegierung des § 59 UrhG gestützt.

Für die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten bedeutet der Sieg vor dem Bundesgerichtshof, dass ihr eine wichtige Einnahmequelle für die Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben erhalten bleibt. Die Interessen der "Kleinstgewerbetreibenden" müssen dahinter zurücktreten.

Der Autor Dr. Markus Ruttig ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei CBH Rechtsanwälte in Köln. Neben dem Gewerblichen Rechtsschutz liegen seine Schwerpunkte unter anderem im Urheber- und Presserecht sowie im Medienrecht.

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

Markus Ruttig, BGH zur Bilderverwertung: . In: Legal Tribune Online, 17.12.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2179 (abgerufen am: 18.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Urheber- und Medienrecht
    • Bilder
  • Gerichte
    • Bundesgerichtshof (BGH)
Justiz Schleswig-Holstein 30.04.2025
Pressefreiheit

Landgericht Kiel verliert vor OVG Schleswig-Holstein:

Foto­gra­fie­verbot gegen die Bild-Zei­tung war rechts­widrig

Es war gar nicht mit Journalisten zu rechnen, trotzdem hat das LG Kiel dem Axel Springer Verlag untersagt, Fotos zu machen. So nicht, meint das OVG. Aber: Grundsätzlich dürften Gerichtspräsidenten ihr Hausrecht für Foto-Verbote einsetzen.

Artikel lesen
Greta Thunberg in der Menge bei einer propalästinensischen Demonstration 09.12.2024
Persönlichkeitsrecht

LG Berlin II gestattet Veröffentlichung:

Wer ein Selfie mit Greta Thun­berg macht, muss auch dazu stehen

Der Teilnehmer einer propalästinensischen Demonstration machte ein Foto mit Greta Thunberg. Als die Bild dieses Foto unter dem Titel "Selfie mit Judenhassern" abdruckte, wollte der Mann das juristisch untersagen lassen, scheiterte nun aber.

Artikel lesen
Tapeziertes Zimmer (Symbolbild) 11.09.2024
Urheber

BGH geht von konkludenter Einwilligung aus:

Abbil­dungen von Foto­ta­peten ver­letzen keine Urhe­ber­rechte

Eine Frau kauft eine Fototapete, bringt sie zu Hause an – und wird wegen Verletzung von Urheberrechten verklagt. Denn die Tapete taucht auch in ihren Facebook-Videos auf. Der BGH meint nun aber: Das war für den Urheber vorhersehbar.

Artikel lesen
Wuppertaler Schwebebahn 12.08.2023
Kunst

Foto-Kunstprojekt vom "Göllektiv":

"Zugänge zum Recht gehen uns alle an"

Eine Juristin und zwei Juristen haben das "Göllektiv" gegründet, um Jura und Kunst zu verbinden. Beim aktuellen Projekt stellen sie Bilder vom Zugang zum Recht zusammen. Über Projekt und Motivation spricht Katharina Reisch im Interview.

Artikel lesen
Bild eines verpixelten Gesichts. 21.12.2022
Journalismus

Nach Verpixelungs-Beschluss des BVerfG:

Frei­spruch für Jour­na­listen

Ein Journalist fotografierte einen vermeintlich an Ebola erkrankten Mann in einem Krankenhaus und schickte das Foto unverpixelt an eine Redaktion. Das LG Aachen sprach den Mann dennoch vom Vorwurf der rechtswidrigen Bildnisverbreitung frei.

Artikel lesen
Fans des 1. FC Magdeburg beim Spiel gegen den MSV Duisburg in der 3. Bundesliga, 24.2.2017 28.11.2022
Polizei

Nicht wahr und nicht zweckmäßig:

Polizei-Tweet vor Fuß­ball­spiel war rechts­widrig

Es musste ganz schnell gehen: Per Twitter wollte der Einsatzleiter der Duisburger Polizei vor einem Stau bei den Einlasskontrollen bei einem Fußballspiel der 3. Liga warnen. Dabei schoss die Polizei laut OVG NRW aber übers Ziel hinaus.

Artikel lesen
ads lto paragraph
lto karriere logo
ads career people

Wir haben die Top-Jobs für Jurist:innen

Jetzt registrieren
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Becker Büttner Held
Wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter/Re­fe­ren­dar/Dok­to­rand (m/w/d) in...

Becker Büttner Held , Mün­chen

Logo von CMS Deutschland
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) für den Be­reich Me­di­en- und Ur­he­ber­recht

CMS Deutschland , Ham­burg

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Pots­dam

Logo von RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder in frei­er Mit­ar­beit

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Logo von Gleiss Lutz
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) Ge­werb­li­cher Rechts­schutz

Gleiss Lutz , Mün­chen

Logo von ARQIS
Prak­ti­kan­ten (m/​w/​d) AR­QIS Sum­mer School 2025

ARQIS , Düs­sel­dorf

Logo von DLA Piper UK LLP
Wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter (m/w/d)

DLA Piper UK LLP , Mün­chen

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Cott­bus

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Matchwinner Verfahrensrecht

26.05.2025

Logo von Deloitte Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Das EU-Geldwäscheprävention-Maßnahmenpaket

28.05.2025

Der Umgang mit Betriebsprüfern und Steuerfahndern

28.05.2025

Logo von Leuphana Universität Lüneburg
Triff Möhrle Happ Luther auf der FOR YOUR CAREER in Lüneburg

27.05.2025, Lüneburg

Krisenland. Finanzielle Restrukturierung durch StaRUG-Verfahren.

05.06.2025, Frankfurt am Main

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH