BGH zum Immobilienerwerb durch eine WEG: Auf den Nutzen kommt es an

2/2: Probleme wegen Teilrechtsfähigkeit der WEG

Der BGH hat sich nunmehr implizit der überwiegenden Ansicht der Rechtsprechung angeschlossen: Jedenfalls der Erwerb eines Parkplatzgrundstücks, das der Wohnungseigentumsanlage seit deren Entstehen zum Abstellen von Kraftfahrzeugen dient und zusätzlich auch zur Erfüllung des bauordnungsrechtlich erforderlichen Stellplatznachweises notwendig ist, entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung. Auch der gewählte Kostenverteilungsschlüssel, der sich am Nutzungsvorteil orientiert, sei nicht zu beanstanden.

Dass die WEG als Verband auch an Immobilien erwerben kann, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 10 Abs. 6 S. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WoEigG). Danach kann die WEG im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten selbst Rechte erwerben. Sie ist als Verband ist auch grundbuchfähig. Entscheidend für wirtschaftliche Aktivitäten der WEG ist, ob diese noch zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gehören oder nicht. Nur im letztgenannten Fall müssen sämtliche Wohnungseigentümer zustimmen.

Dies betrifft insbesondere die Veräußerung von Flächen des gemeinschaftlichen Eigentums an einen Nachbarn oder die Gemeinde, etwa im Rahmen einer Straßengrundabtretung. Widerspricht insoweit ein Eigentümer, kann die diesbezügliche Veräußerung nicht mit Mehrheit beschlossen werden. Beim Hinzuerwerb von Flächen gilt das Einstimmigkeitserfordernis dagegen nach der Entscheidung des BGH hingegen nur, wenn der Erwerb nicht ordnungsgemäßer Veraltung entspricht. So bleibt es beim Mehrheitserfordernis.

Problem: besonders nachteilige Position des überstimmten Eigentümers

Die Anschaffung von Immobilien ist auch für den überstimmten Wohnungseigentümer regelmäßig mit einer Kostenlast verbunden. Will er sich hiergegen wenden, muss er den entsprechenden Beschluss vor Gericht anfechten. Er trägt insoweit das Prozessrisiko und muss bei einem Unterliegen zusätzlich die Gerichts- und Rechtsanwaltskosten bezahlen. Die Kompetenz der teilrechtsfähigen WEG zu Mehrheitsentscheidungen im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums kann für ältere Wohnungseigentümer, die eine Wohnung erworben und mühsam mit einem Bankkredit abbezahlt haben, um im Alter mit einer geringen Rente "mietfrei" wohnen zu können, zu erheblichen Belastungen führen. Auf die Zahlungsfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer muss die Gemeinschaft bei ihrer Beschlussfassung nämlich keine Rücksicht nehmen.

Der Autor Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz ist Notar in Regen und Zwiesel und Kommentator des WoEigG.

Zitiervorschlag

Herbert Grziwotz, BGH zum Immobilienerwerb durch eine WEG: Auf den Nutzen kommt es an . In: Legal Tribune Online, 18.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18838/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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