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11669

Keine Bezahlung bei Schwarzarbeit: Wer sich gegen das Recht stellt, den schützt es nicht

von Constantin Baron van Lijnden

11.04.2014

Elektriker

© RioPatuca Images - Fotolia.com

Können wir das Ganze auch ohne Rechnung machen? Diese Frage lässt in Zukunft bei Unternehmern die Alarmglocken klingeln. Denn am Donnerstag hat der BGH in Abweichung von seiner früheren Rechtsprechung entschieden, dass Unternehmer, die bewusst gegen das Schwarzarbeitsgesetz verstoßen, keine Bezahlung für ihre Arbeit verlangen können. Franziska Semper und Constantin Baron van Lijnden stellen das Urteil vor.

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Bisher bedeutete Schwarzarbeit vor allem für den Staat hohe Einnahmenverluste. Laut einer Statistik des Zolls betrug die Schadenssumme von aufgeklärten Schwarzarbeitsfällen im Jahr 2013 über 770 Millionen Euro. Die Dunkelziffer dürfte jedoch um ein Vielfaches höher liegen.

Dementsprechend wichtig ist es dem Gesetzgeber, Schwarzarbeit effektiv zurückzudrängen. Seit 2004 findet sich im Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG) das Verbot der "Ohne-Rechnung-Abrede". Dadurch soll gewährleistet werden, dass Werkunternehmer und Besteller die Umsatz- und Einkommensteuer zahlen.

Ohne Rechnung gefällig?

Einigen sich hingegen beide Seiten bewusst darauf, dass die Leistung "ohne Rechnung" erfolgen soll, so steht ihnen die Rechtsordnung im Streitfall auch nicht bei. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Donnerstag entschieden, dass der Werkunternehmer in einer solchen Situationen keinen Anspruch auf Lohn für die getane Arbeit hat (Urt. v. 10.04.2014, Az. VII ZR 241/13).

Im zugrundeliegenden Fall hatte der Beklagte die Klägerin 2010 mit der Ausführung von Elektroinstallationsarbeiten beauftragt. Neben einem Werklohn von 13.800 Euro einschließlich Umsatzsteuer vereinbarten die Parteien eine weitere Zahlung in Höhe von 5.000 Euro in bar. Eine Rechnung ist für die Barauszahlung nicht erstellt worden. Die Klägerin führte die Arbeiten aus, der Beklagte zahlte den vereinbarten Werklohn jedoch nur teilweise.

BGH bricht mit seiner früheren Rechtsprechung

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH war in solchen Fällen zwar der Werkvertrag nichtig. Der Unternehmer konnte seinen Lohn indes nach Bereicherungsrecht einfordern. Sein Kondiktionsanspruch scheiterte insbesondere nicht an § 817 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach sind Bereicherungsansprüche bei sittenwidrigen Leistungsverhältnissen, zu denen die Schwarzarbeit zählt, grundsätzlich ausgeschlossen. Der BGH hielt dieses Ergebnis jedoch für unbillig: Der Unternehmer, der in Vorleistung tritt, sei die schwächere Vertragspartei, sein Anspruch müsse daher trotz der Ohne-Rechnung-Abrede fortbestehen (BGH, Urt. v. 31.05.1990, Az. VII ZR 336/89).

Bereits in einer zwei Jahre später getroffenen Entscheidung deutete sich an, dass diese Linie nicht zu halten sein würde. Der BGH argumentiert darin, dass seitens der Rechtsprechung keine Anreize für gesetzeswidriges Handeln geschaffen werden dürften. Dementsprechend müssten Kondiktionsansprüche nach § 817 S. 2 BGB bei sittenwidrigen Rechtsgeschäften ausgeschlossen werden (Urt. v. 05.05.1992, Az. X ZR 134/90). Diesen wesentlichen Gedanken verfolgt das Gericht in der Entscheidung zur Schwarzarbeitsvergütung konsequent weiter.

Kein kollidierender Schutzzweck

Damit kommt der BGH einer Forderung nach, die in der juristischen Literatur schon seit Langem bestanden hat. Auch die Vorinstanz hatte bereits in diese Richtung entschieden und argumentiert, dass eine Bejahung des Zahlungsanspruchs der gesetzgeberischen Missbilligung der Schwarzarbeit entgegenlaufen würde (OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 16.08.2013, Az. 1 U 24/13).

Es ist auch kaum nachvollziehbar, warum der Ausschluss des Kondiktionsanspruchs für den Werkunternehmer unbillig sein sollte. Denn die Unsicherheit ist beabsichtigt, und sie besteht in beide Richtungen: Wenn der Auftraggeber zuerst bezahlt, der Unternehmer dann aber nicht leistet, so ist der Herausgabeanspruch des Auftraggebers gleichfalls ausgeschlossen.

Die jetzige Entscheidung des BGH setzt ein Urteil aus 2013 konsequent fort. Darin hatte das Gericht entschieden, dass dem Auftraggeber einer schwarz erbrachten Werkleistung keine Nachbesserungsansprüche zustehen – auch dies in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung. Damit ist nun eine Situation geschaffen, in der es für beide Parteien schwer sein dürfte, einander noch zu trauen. Denn wenn sie sich bewusst gegen das Gesetz richten, dann kommt ihnen dieses im Fall der Fälle auch nicht zur Hilfe.

Die Autorin Ass. iur. Franziska Semper ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Deutsches, Europäisches und Internationales Zivilprozessrecht von Prof. Dr. Christian Wolf an der Juristischen Fakultät der Leibniz Universität Hannover.

Constantin Baron van Lijnden ist Redakteur der LTO.

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Constantin Baron van Lijnden, Keine Bezahlung bei Schwarzarbeit: . In: Legal Tribune Online, 11.04.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11669 (abgerufen am: 12.11.2025 )

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