BGH schützt Verteidiger und Mandant: In Ruhe telefonieren

von Martin W. Huff

10.03.2014

So wie Eltern ihre Kinder nicht verraten müssen, dürfen auch Strafverteidiger gegenüber der Polizei schweigen, wenn es um ihre Mandanten geht. Aufzeichnungen von Telefongesprächen zwischen Anwalt und Mandant müssen daher sofort gelöscht werden. Dieser Schutz beginnt schon sehr früh, wie der BGH nun feststellte. Nur so kann das Vertrauensverhältnis wirksam geschützt werden, meint Martin W. Huff.

Rechtsanwälte genießen bereits gemäß § 53 der Strafprozessordnung (StPO) ein weitgehendes Zeugnisverweigerungsrecht. Nach langen Diskussionen ist in § 160a StPO ausdrücklich klargestellt worden, dass dieses Recht auch Ermittlungsmaßnahmen, die sich gegen einen Rechtsanwalt richten, unzulässig macht. Alles was im Rahmen eines Mandats anvertraut wird, ist also vor dem Zugriff des Staates geschützt. Dabei gesteht die Rechtsprechung dem Rechtsanwalt auch ein Zeugnisverweigerungsrecht zu, wenn er nur aus Anlass eines Mandats etwas von seinem Mandanten und dessen Umfeld erfährt.

Umgekehrt obliegt dem Rechtsanwalt eine entsprechende Verschwiegenheitspflicht. Wer dagegen verstößt, macht sich nach § 203 des Strafgesetzbuchs (StGB) wegen der Verletzung von Privatgeheimnissen strafbar und muss mit berufsrechtlichen Sanktionen rechnen.

Anwalt ruft auf überwachtem Anschluss an

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) musste nun klären, wann dieser Schutz beginnt. Dabei ging es um die Aufzeichnung von zwei Telefongesprächen mit einem Rechtsanwalt. Überwacht wurde der Anschluss eines Beschuldigten aufgrund einer richterlichen Anordnung. Im Dezember 2011 rief der Rechtsanwalt dort zweimal an. Er sprach zunächst mit einer unbekannten Person, dann mit dem Beschuldigten. Letzterem bot er an, ihn in dem Ermittlungsverfahren zu vertreten. Am nächsten Tag ging tatsächlich ein Mandatierungsschreiben bei den Ermittlungsbehörden ein.

Das Bundeskriminalamt erstellte im Februar 2012 einen Zwischenbericht, im August setzte es den Strafverteidiger über die Aufzeichnungen in Kenntnis. Dieser verlangte nun die Feststellung, dass die Überwachung der beiden Telefongespräche rechtswidrig gewesen sei und die Aufzeichnungen gelöscht werden. Der Generalbundesanwalt war nur zu einer Sperrung der Daten bereit.

Auch Anbahnung eines Mandats geschützt

Bereits der Ermittlungsrichter des BGH und nun auch der 3. Strafsenat gaben dem Anwalt Recht (Beschl. v. 18.02.2014, Az. StB 8/13). Spätestens mit dem Bericht des Bundeskriminalamts im Februar 2012 hätten die Aufzeichnungen der beiden Telefonate gelöscht werden müssen. Die Daten hätten nach § 160a Abs. 1 S. 2 und 5 StPO nicht verwendet werden dürfen, da dem Verteidiger ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StPO zustehe, worunter auch Telefonate zur Anbahnung eines Mandats fielen.

Das berufsbezogene Vertrauensverhältnis beginne nämlich nicht erst mit Abschluss des zivilrechtlichen Geschäftsbesorgungsvertrags. Ein Beschuldigter auf der Suche nach einem Verteidiger, bringe jedem Rechtsanwalt, mit dem er zu diesem Zweck kommuniziere, typischerweise das Vertrauen entgegen, dass der Inhalt des Gesprächs vertraulich behandelt werde, unabhängig davon, ob anschließend ein Verteidigungsverhältnis zustande komme. Dabei sei es für den Vertrauensschutz egal, auf wessen Initiative das Mandat zurückgehe.

Daher müssten die Aufzeichnungen der Telefonate nach § 160a StPO nicht nur gesperrt, sondern grundsätzlich auch gelöscht werden. § 101 Abs. 8 StPO, wonach die Aufzeichnungen für eine gerichtliche Überprüfung aufgehoben werden dürfen, werde insoweit von § 160a StPO verdrängt. Im vorliegenden Fall habe es keine Gründe gegeben, die Daten zu speichern.

Der BGH hat damit zum wiederholten Male das Mandatsverhältnis besonders geschützt und zu Recht verdeutlicht, dass die Ermittlungsbehörden sofort handeln müssen, wenn sie erkennen, dass sie in den geschützten Bereich eingedrungen sind und Gründe für eine weitere Speicherung der Aufzeichnungen nicht bestehen. Ebenfalls zu Recht stellen die Richter klar, dass dieser Schutz bereits bei jeder Kontaktaufnahme mit dem Rechtsanwalt beginnt – nur so kann das Vertrauensverhältnis wirksam geschützt werden.

Der Autor Martin W. Huff ist Rechtsanwalt und Journalist in Leverkusen. Er ist Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln und hat u.a. einen Lehrauftrag für Berufsrecht an der German Graduate School of Management and Law (GGS) in Heilbronn.

Zitiervorschlag

Martin W. Huff, BGH schützt Verteidiger und Mandant: . In: Legal Tribune Online, 10.03.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11275 (abgerufen am: 08.10.2024 )

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