Farbmarkenstreit zwischen Santander und Sparkasse: Zwei Farben: Rot

von Prof. Dr. Markus Ruttig, Andrea Renvert, LL.M.

24.09.2015

Der Farbmarkenstreit rund um die Farbe Rot zwischen Sparkasse und Santander geht auch nach dem BGH-Urteil von Mittwoch weiter. Warum das OLG Hamburg die Sache neu verhandeln muss, erläutern Andrea Renvert und Markus Ruttig.

Zu entscheiden hatte der Bundesgerichtshof (BGH) über eine Klage des deutschen Sparkassen- und Giroverbands. Zu Gunsten der Sparkassen sicherte sich der Verband im Jahre 2007 die Farbe "Rot" (HKS-Farbe 13) als verkehrsdurchgesetztes Zeichen für Bankdienstleistungen für Privatkunden. Die Marke war bereits im Jahr 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) angemeldet worden, die erfolgreiche Eintragung konnte aber letztendlich erst im Jahr 2007 im Wege der Verkehrsdurchsetzung erreicht werden. Diese deutsche abstrakte Farbmarke sieht der Sparkassen- und Giroverband durch den spanischen Finanzkonzern Santander verletzt, dessen Banken auf dem deutschen Markt ebenfalls mit einem roten Farbton auftreten.

Im nunmehr vom BGH an die Vorinstanz zurückverwiesenen Markenverletzungsverfahren streiten die Parteien darum, ob Santander durch die Verwendung der roten Farbe im Rahmen ihres Marktauftritts in Deutschland das Recht der Sparkassen an deren konturloser Farbmarke "Rot" verletzt. Konkret sollen die Gerichte klären, ob u. a. die Verwendung des nur teilweise in Rot gehaltenen Logos der Muttergesellschaft des international operierenden spanischen Finanzkonzerns Santander beim Formel-1-Rennen "Großer Preis Santander von Deutschland 2010" sowie im Rahmen ihres Internetauftritts gegen das Markenrecht verstoßen. Der spanische Konzern verwendet die Farbe bereits seit Ende der 1980er Jahre in über 40 Ländern und setzt zudem seit Langem ein weißes Flammensymbol auf roten Hintergrund als Logo ein.

Gegenangriff durch Löschungsantrag

In erster Instanz hatte das Landgericht (LG) Hamburg der gegen die Tochtergesellschaft der spanischen Mutter gerichteten Klage überwiegend stattgegeben, die gegen die Muttergesellschaft hingegen abgewiesen. Die Tochtergesellschaft betreibt deutschlandweit etwa 200 Bankfilialen und nutzt die Farbe Rot in Angleichung an den Marktauftritt der spanischen Mutter in der Unternehmenskommunikation seit 2004 auf dem deutschen Markt.

In der Berufungsinstanz wurde die Klageabweisung in Bezug auf die spanische Muttergesellschaft durch Teil-Urteil bestätigt. Das Verfahren gegen die in Deutschland operierende Tochtergesellschaft wurde hingegen wegen eines inzwischen gegen die Farbmarke Rot der Sparkassen anhängig gemachten Löschungsverfahrens ausgesetzt.

Der BGH hat mit seiner Entscheidung von Mittwoch das Teil-Urteil der Vorinstanz, mit dem die Klage gegen die spanische Muttergesellschaft abgewiesen wurde, aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg zurückverwiesen (Az. I ZR 78/14). Begründung: Das Berufungsgericht habe keine hinreichenden Feststellungen zur Bekanntheit der Farbmarke der Sparkassen getroffen. Dies muss nun nachgeholt werden.

Weiterer Schutz von Marken im Falle der Bekanntheit

Da der Bekanntheitsschutz einer Marke deutlich weiter reicht als der Verwechslungsschutz, ist das letzte Wort in der Auseinandersetzung noch nicht gesprochen. So hält der BGH es für durchaus möglich, dass die Nutzung der roten Farbe im Logo von Santander beim Formel-1-Rennen 2010 in Deutschland die Farbmarke Rot der Sparkassen verletzt hat.

Auch die von der Vorinstanz vorgenommenen Aussetzung des Verfahrens gegen die deutsche Tochtergesellschaft von Santander wegen des anhängigen Löschungsverfahrens gegen die Klagemarke hält der BGH für rechtswidrig, da der Ausgang des Löschungsverfahrens seiner Einschätzung nach offen sei und eine Entscheidung nur gegen eine Beklagte das Risiko widersprüchlicher Entscheidungen berge.

Etappensieg für Santander im Löschungsverfahren

Im parallel anhängigen Löschungsverfahren gegen die Farbmarke der Sparkasse konnte Santander zuletzt im Juli dieses Jahres einen Etappensieg erreichen. Das Bundespatentgericht hatte die Löschung der Farbmarke angeordnet, da ihr die originäre Unterscheidungskraft fehle und der Markeninhaber die Überwindung dieses Schutzhindernisses mittels Verkehrsdurchsetzung nicht hinreichend nachgewiesen habe (Beschluss v. 08.07.2015, Az. BPatG, 25 W (pat) 13/14). Auch hier ist aber das letzte Wort noch nicht gesprochen. Denn gegen die Entscheidung des Bundespatentgerichts wurde bereits Rechtsbeschwerde eingelegt. Zum Bundesgerichtshof.

Es bleibt daher insgesamt rund um den Schutz und die Verwendung der Farbe "Rot" im Bankensektor spannend. Jedenfalls scheint auch der Ausgang des Löschungsverfahrens nach derzeitiger Einschätzung des BGH "offen" zu sein. Ein 2008* seitens des spanischen Mutterkonzerns unternommener Versuch, selbst einen roten Farbton als Gemeinschaftsmarke für die gesamte Europäische Union anzumelden, ist jedenfalls gescheitert, so dass sich je nach Ausgang des Rechtsstreits zwischen den Parteien auch insoweit weitere Anschlussfragen stellen werden.

Sollte die Farbmarke der Sparkassen am Ende aus dem Register gelöscht werden, könnte sicherlich seitens Santander noch einmal über eine deutsche Anmeldung einer abstrakten Farbmarke des ihrerseits verwendeten Rottons nachgedacht werden. Jedenfalls dürfte durch die dann entschiedenen Verfahren deutlich klarer sein, welche Anforderungen es für einen solchen Markenschutz in Deutschland einzuhalten gilt.

Die Autorin Andrea Renvert, LL.M. ist Rechtsanwältin bei CBH Rechtsanwälte in Köln. Die Schwerpunkte ihrer anwaltlichen Tätigkeit liegen im Marken- und Wettbewerbsrecht.

Der Autor Prof. Dr. Markus Ruttig ist Partner bei CBH Rechtsanwälte, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und Lehrbeauftragter für Urheber- und Medienrecht an der Hochschule Fresenius in Köln.

* Anm. d. Red.: Hier stand zunächst 2009. Geändert am 24.09.2015 um 11:59

Zitiervorschlag

Prof. Dr. Markus Ruttig, Andrea Renvert, LL.M. , Farbmarkenstreit zwischen Santander und Sparkasse: Zwei Farben: Rot . In: Legal Tribune Online, 24.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16996/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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