BGH zu Maklerverträgen als Fernabsatzgeschäft: Wider­rufs­recht belastet Makler nicht über Gebühr

von Prof. Niko Härting

08.07.2016

Wer als Verbraucher über das Internet oder per Telefon einen Makler mit der Wohnungssuche beauftragt, hat ein Widerrufsrecht, so der BGH am Donnerstag. Überraschend ist das Urteil nicht, sondern vielmehr konsequent, sagt Niko Härting.

Am Donnerstag entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in gleich zwei Fällen, dass die 14-tätige Widerrufsfrist bei Fernabsatzgeschäften eben auch für Maklerverträge gilt, die online oder am Telefon abgeschlossen werden (Urt. v. 07.07.2016, Az. I ZR 30/15 u. I ZR 68/15).

In der Praxis ist das 14-tägige Widerrufsrecht für Makler eine große Herausforderung. Der Kunde, der eine Immobilie sucht, ist an schnellen Informationen interessiert. Hat er einmal den Maklervertrag unterschrieben, möchte er bis zum Besichtigungstermin nicht zwei Wochen warten. Kommt aber nach der Besichtigung der Widerruf, droht dem Makler Unheil. Mit dem Widerruf verliert er seinen Provisionsanspruch und muss tatenlos zusehen, wie der Kunde zum Hauskauf schreitet und sich den teuren Maklerlohn spart.

Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig – eine der Vorinstanzen – zeigte Verständnis für die Nöte der Makler und befürchtete "nachgerade skurrile Einschränkungen des Maklergeschäfts und auch des Grundstückshandels" durch ein Widerrufsrecht (Urt. v. 22.1.2015, Az. 16 U 89/14). Das Schleswiger Berufungsgericht griff daher tief in die juristische Trickkiste und bezeichnete den Maklervertrag als "Dienstleistungs-Annex" zu einem Grundstückskauf. "Ohne eingehende Begutachtung der Ware" werde ein solcher Kauf "niemals" abgeschlossen.

BGH: Verbraucherrichtlinie weit auslegen

Den BGH haben diese Argumente nicht überzeugt. Das Widerrufsrecht (§ 312 g Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) gilt für alle Verträge über Waren und Dienstleistungen, die im Fernabsatz geschlossen werden. Da das Fernabsatzrecht die EU-Verbraucherrechterichtlinie umsetzt, bedürfe es einer richtlinienkonformen, weiten Auslegung des Dienstleistungsbegriffs. Damit führe kein Weg am Widerruf vorbei. So verständlich die Einwände des OLG Schleswig sind: Die "skurrilen Einschränkungen des Maklergeschäfts" sind vom europäischen Richtliniengeber eben so gewollt.

Die Welt wird für die Makler nicht untergehen, online angebotene Maklerverträge sind auch nach der Entscheidung des BGH nicht mit unkalkulierbaren Risiken verbunden. Nach dem Widerruf kann der Makler für bereits erbrachte Leistungen Wertersatz verlangen, wenn er den Verbraucher hierauf vorab hingewiesen hat (§ 357 Abs. 8 BGB).

In den beiden vom BGH entschiedenen Fällen fehlte es an einem Hinweis auf den Wertersatz. Ebenso fehlte es an einem Hinweis darauf, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht verliert, wenn der Immobilienkauf beurkundet ist und der Makler damit seine Leistungen vollständig erbracht hat (§ 356 Abs. 4 BGB). Jeder Makler, der online provisionspflichtige Objekte anbieten, wird sich in Zukunft bemühen müssen, entsprechende Hinweise in der gesetzlich vorgeschriebenen Form in seine Angebote einzubinden.

Der Autor Niko Härting ist Rechtsanwalt in Berlin (HÄRTING Rechtsanwälte) und Honorarprofessor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR Berlin).

Zitiervorschlag

Niko Härting, BGH zu Maklerverträgen als Fernabsatzgeschäft: . In: Legal Tribune Online, 08.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19941 (abgerufen am: 08.11.2024 )

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