BGH zu Tippfehlerdomains: Kleiner Unterschied mit großer Wirkung

von Dr. Thomas Engels, LL.M.

22.01.2014

2/2: Einheitliche Rechtsprechung der Instanzgerichte

Die Kölner Entscheidungen reihen sich nahtlos in die Linie ein, die von anderen Instanzgerichten zu diesem Thema vorgezeichnet wurde. Eine vielbeachtete Entscheidung hatte 2006 bereits das LG Hamburg getroffen, als es zu Gunsten der Deutschen Fußball Liga den Inhaber von bundesliag.de zur Freigabe der Domain verurteilte, weil auch hier eine Namensrechtsverletzung gegeben sei (Urt. v. 31.08.2006, Az. 315 O 279/06).

In weiteren Entscheidungen hatten sowohl das OLG Stuttgart (Urt. v. 19.04.2012, Az. 2 U 91/11) als auch das OLG München (Urt. v. 13.08.2009, Az. 6 U 5869/07) die Sonderfrage zu beurteilen, ob auch Dritte, nämlich Domainparking-Anbieter, für solche Tippfehlerdomains haften. Bei Domainparking handelt es sich um die Praxis, Domainnamen automatisiert mit Werbung zu versehen, um dadurch Einnahmen zu erzielen. In der Sache gingen beide Gerichte von einer Markenverletzung aus, weil nämlich – wie bei Parkingprogrammen üblich – themenbezogene Anzeigen automatisiert eingeblendet wurden, die im Vergleich zum Markeninhaber sehr ähnliche Leistungen bewarben. Somit war die erforderliche Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen gegeben.

In prozessualer Hinsicht war zudem ein Urteil des OLG Hamburg bedeutsam. Das Gericht hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob eine gerichtliche Löschungs- bzw. Freigabeanordnung sich nur auf eine einzelne, konkrete Domain bezieht, oder eine gewisse Breitenwirkung entfaltet. Dies beantwortete das Gericht im Sinne der ersten Alternative, so dass Rechteinhaber gegen jede, womöglich auch erst später registrierte Tippfehlerdomain separat vorgehen müssen.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs

Mit dem Urteil des BGH liegt nun die erste höchstrichterliche Entscheidung zum Thema Tippfehlerdomains vor (Urt. v. 22.01.2014, Az. I ZR 164/12).

Auf die Revision des Domaininhabers von "wetteronlin.de" hin hat der BGH die Verurteilung aus Namensrecht aufgehoben und die Klage abgewiesen. Anders als noch die Vorinstanzen ist der BGH nicht der Auffassung, dass dem Domainnamen die für den Namensschutz erforderliche Unterscheidungskraft zukomme. Der Begriff "wetteronline" sei rein beschreibend. Durch ihn werde nur das Geschäftsmodell des Namensträgers gekennzeichnet, im Internet Wetterinformationen anzubieten.

Im Hinblick auf die Wettbewerbsverletzung war der BGH mit den Vorinstanzen einer Meinung. Unter dem Gesichtspunkt des Abfangens von Kunden liege ein Verstoß gegen das Verbot unlauterer Behinderung gemäß § 4 Nr. 10 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) vor, wenn der Nutzer auf der Internetseite nicht sogleich und unübersehbar auf den Umstand hingewiesen wird, dass er sich nicht auf der Seite "wetteronline.de" befindet.

Gleichwohl war auf dieser Grundlage keine Verurteilung zur Löschung des Domainnamens möglich. Denn nach Ansicht des BGH ist hier eine zulässige Nutzung des Domainnamens ohne wettbewerbsrechtsverletzende Inhalte durchaus möglich, so dass nur ein Unterlassen des beanstandeten Verhaltens in Betracht kommt, nicht aber eine Löschung des Domainnamens selbst.

Im Ergebnis liegt das Urteil des BGH damit auf der Linie der bisherigen Entscheidungen. Inhaltlich wurde zwar die Frage des Namensschutzes anders beantwortet. Weiterhin bleibt damit jedoch klar, dass in einer Tippfehlerdomain auch eine Namensrechtsverletzung begründet sein kann, wenn der Name denn nur die erforderliche Unterscheidungskraft besitzt.

In wettbewerbsrechtlicher Hinsicht weist der BGH noch einmal deutlich darauf hin, dass, anders als bei absoluten Rechten wie dem Namen, immer die konkrete Verletzungsform zu beachten ist. Aus einer wettbewerbswidrigen Nutzung folgt daher kein Anspruch auf Löschung der Domain, sondern lediglich auf Unterlassen der entsprechenden Nutzungsart.

Der Autor Dr. Thomas Engels, LL.M. ist Fachanwalt für IT-Recht. Er vertritt regelmäßig Rechteinhaber in Domainstreitigkeiten vor nationalen Gerichten oder in internationalen Schiedsverfahren.

Zitiervorschlag

Dr. Thomas Engels, LL.M., BGH zu Tippfehlerdomains: Kleiner Unterschied mit großer Wirkung . In: Legal Tribune Online, 22.01.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10743/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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