Elternglück aus dem Labor: Kein Erstat­tungs­an­spruch für Behand­lung mit Eizell­spende

von RA Cäsar Czeremuga, LL.M.

15.06.2017

2/2: Kein Verstoß gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht

Die Klägerin war der Ansicht, die Versagung der Kostenerstattung verletze die europäische Dienstleistungsfreiheit, weil die Behandlung in der Tschechischen Republik erlaubt sei.

Dieser Argumentation folgten die Richter nicht. Ein Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht läge nicht vor. Eine etwaige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit sei jedenfalls im vorliegenden Streitfall aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt.

Bereits die Vorinstanz (OLG München) hatte eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit wegen Diskriminierung von ausländischen Dienstleitern abgelehnt. Das OLG argumentierte, dass für Kinderwunsch-Behandlungen im Wege der Eizellspende in Deutschland von vorneherein keine Erstattungspflicht bestehe. Die Verneinung einer Erstattungspflicht für entsprechende im Ausland durchgeführte Maßnahmen führe damit nicht zu einer Schlechterstellung, sondern lediglich zu einer Gleichstellung ausländischer Dienstleister mit Dienstleistern aus Deutschland.

Behandlung mit Eizellspende eine "Heilbehandlung"?

Der BGH äußerte sich soweit ersichtlich nicht zu der weiteren spannenden Rechtsfrage, ob die Behandlung mit gespendeten Eizellen überhaupt eine bedingungsgemäße „Heilbehandlung“ im Rahmen einer Krankheitskostenversicherung ist.

Eine Heilbehandlung setzt eine ärztliche Tätigkeit voraus, die auf Heilung, Besserung oder auch Linderung einer Krankheit abzielt. Die Frage, ob die Behandlung mit gespendeten fremden Eizellen eine Heilbehandlung ist, war im vorliegenden Streitfall deshalb problematisch, weil die Behandlung der Klägerin keinen Einfluss auf die Krankheit der Klägerin hatte, die es ihr unmöglich macht, eigene Eizellen zu produzieren, um genetische Nachkommen zu zeugen. Die Behandlung "überging" vielmehr die Krankheit der Klägerin, indem dieser befruchtete fremde Eizellen eingesetzt wurden.

Deutsche Rechtslage nicht mehr zeitgemäß?

Das Elternglück aus dem Labor hat seinen Preis. Bis zu 15.000 Euro kostet die IVF-Behandlung mit Eizellspende im Ausland. Nach dem Urteil des BGH können Eltern nicht auf Kostenerstattung durch ihren privaten Krankenversicherer hoffen. Insoweit hat das Urteil des BGH für Rechtsklarheit gesorgt.

Es bleibt abzuwarten, ob das BGH-Urteil zum Anlass genommen wird, das über 27 Jahre alte Embryonenschutzgesetz unter die Lupe zu nehmen. Es stellt sich die Frage, ob die restriktive Haltung des deutschen Gesetzgebers, eine „gespaltene Mutterschaft“ zu verhindern, stringent und zeitgemäß ist. Eine "gespaltene Vaterschaft", die mittels Samenspende entsteht, hält der deutsche Gesetzgeber offenkundig nicht für problematisch. Ein Auseinanderfallen von sozialer* und genetischer Mutter besteht zudem auch bei Adoptivkindern. Eine gesellschaftliche Diskussion über die Fortentwicklung des Embryonenschutzgesetzes wäre jedenfalls wünschenswert.

Der Autor Cäsar Czeremuga, LL.M. ist Rechtsanwalt bei Wilhelm Rechtsanwälte in Düsseldorf. Er berät Unternehmen und Entscheidungsträger in Fragen des Haftungs- und Versicherungsrecht. Er war mehrere Jahre als Geschäftsführer der Forschungsstelle für Versicherungswesen an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster tätig.

*Wort geändert am 21.06.2017, 12:24 Uhr

Zitiervorschlag

RA Cäsar Czeremuga, LL.M., Elternglück aus dem Labor: Kein Erstattungsanspruch für Behandlung mit Eizellspende . In: Legal Tribune Online, 15.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23197/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen