Ritter Sport-Tafeln sind quadratisch verpackt, Traubenzucker von Dextro Energy ein Quader mit abgerundeten Kanten. Das haben die Hersteller auch künftig exklusiv – der BGH bestätigte am Mittwoch den Markenschutz der Süßwaren.
Der "Knick im süßen Quadrat" bleibt als Formmarke geschützt. In zwei Entscheidungen vom Mittwoch bestätigte der Bundesgerichtshof (BGH) den Schutz sowohl der quadratischen Verpackung der Schokoladentafeln von Ritter Sport als auch der Traubenzuckertäfelchen von Dextro Energy (Urt. v. 18.10.2017, Az. I ZB 3/17; I ZB 4/17; I ZB 105/16; I ZB 106/16).
Sowohl bei den Dextro Energy-Täfelchen als auch bei der bekannten Ritter Sport-Tafel war die quadratische Form und ein spezieller Knick - einmal in Form einer Sollbruchstelle in der Ware selbst, einmal in Form einer markanten Längsnaht auf der Verpackungsrückseite – zentraler Gegenstand der Entscheidungen. In beiden Fällen sollte auf Betreiben von dritter Seite eine hierfür bereits eingetragene Warenformmarke bzw. Verpackungsformmarke aus dem Register gelöscht werden.
Das Bundespatentgericht (BPatG) hatte dazu in der Vorinstanz entschieden, dass die Marken aufgrund von Schutzhindernissen zu löschen seien, ließ aber jeweils die Rechtsbeschwerde zum BGH zu.
BPatG: Rechteck oder Quadrat - Schokolade ist immer viereckig
Streitpunkt im Fall der quadratischen Schokoladentafelverpackung war, ob die Verpackungsmarke nur die Form der verpackten Ware selbst wiedergibt und deshalb nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 Markengesetz (MarkenG) keinen eigenständigen Schutz genießen kann.
Dies ist nach Auffassung des BPatG im vorliegenden Fall gegeben. Andernfalls, so das Gericht, könne der Schutzzweck der Vorschrift, nämliche die Monopolisierung warenbedingter Formen zu verhindern, umgangen werden, indem nicht die Warenform selbst angemeldet werde, sondern nur eine entsprechend geformte Verpackung.
Genau das sei aber bei der quadratischen Schokoladentafelverpackung der Fall, die aus Sicht des BPatG lediglich eine übliche Schlauchbeutelverpackung sei, die sich allein durch ihre quadratische Form von anderen abhebe. Da das Quadrat nur eine besondere Form des Rechtecks ist und Schokolade in aller Regel in rechteckiger Form angeboten werde, werde diese Form für die Ware Schokolade von Verbrauchern auch bei Mitbewerbern gesucht und könne weder für die Form der Ware selbst noch für die an ihr orientierte Umverpackung monopolisiert werden.
Diesem Ansatz ist der BGH in seiner aktuellen Entscheidung nicht gefolgt, sondern hat betont, dass das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nur dann eingreifen könne, wenn die Marke ausschließlich aus einer durch die Art der Ware selbst bedingten Form bestehe. Die quadratische Form ist aber aus Sicht des BGH bereits keine wesentliche Gebrauchseigenschaft von Schokolade. Ob sich das Schutzhindernis in den vorliegenden Fällen auch auf die Verpackungen bezieht, brauchte daher nicht entschieden zu werden.
2/2: Technische Funktion als Stolperstein beim Traubenzuckertäfelchen
Im Fall des Traubenzuckertäfelchens ergab sich für die Vorinstanz die fehlende Schutzfähigkeit der eingetragenen Marke daraus, dass diese ausschließlich aus einer Form bestünde, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sei, § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Das BPatG stellte hierzu fest, dass das Traubenzuckertäfelchen drei wesentliche Merkmale aufweise:
Die Form eines flachen Quaders, abgerundete Ecken und Kanten sowie die im Täfelchen mittig verlaufende Vertiefung.
Letztere erfülle die technische Funktion einer Sollbruchstelle zur leichten und gleichmäßigen Teilung des Täfelchens. Die abgerundeten Ecken und Kanten dienten dazu, den Verzehr zu erleichtern. Die Form des flachen Quaders ermögliche schließlich eine raumsparende Konfektionierung der Ware, die gerade beim Transport durch den Verbraucher dienlich sei.
BGH bleibt eng am Wortlaut
Der BGH hat auch hier die Auffassung des BPatG nicht gebilligt, sondern nur der Quaderform zum platzsparenden Mitführen und der V-förmigen Einkerbungen zur Portionierung rein technische Funktionen zugewiesen.
Die besonders geformten Ecken und Kanten dagegen machen aus Sicht des BGH lediglich den Verzehr angenehmer und haben somit zwar eine haptische und sensorische Wirkung, jedoch keine technische Funktion.
Der BGH betont in beiden Entscheidungen mit erfreulicher Deutlichkeit das Erfordernis einer eng am Wortlaut orientierten Auslegung der Ausschlussgründe und stärkt damit den Form-Markenschutz.
Reichweite des Markenschutzes bleibt offen
Wenn der Marktüberblick selbst bereits zeigt, dass dem Käufer zahlreiche unterschiedliche Formen derselben Produktart gegenübertreten, kann man richtigerweise nicht mehr davon ausgehen, dass die gewählte Form ausschließlich durch die Art der Ware selbst bedingt ist, wie es aber § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verlangt. Der Bereich der Tafelschokolade, in welchem vor allem rechteckige Formen das Gros des Angebotes prägen, zeigt vielmehr, dass gerade auch andere Ausgestaltungen üblich sind.
Ebenso pragmatisch ist der BGH offenbar auch bei der Bewertung der Schutzfähigkeit der Dextro Energy-Täfelchen vorgegangen. Er betont im Sinne des vorgenannten Ausschließlichkeitserfordernisses, dass eine Warenformmarke nur dann nicht schutzfähig im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist, wenn ausnahmslos alle ihre wesentlichen Merkmale technische Funktionen aufweisen. Da dies für die Gestaltung der Ränder der Täfelchen und die Stapelung der Einzeltäfelchen mit diesen Rändern nicht festgestellt werden konnte, wurden auch hier die angegriffenen Entscheidungen des Bundespatentgerichts aufgehoben.
Eine von diesen Erwägungen zur grundsätzlichen Eintragungsfähigkeit der Formmarken zu unterscheidende Frage ist aber sicherlich, wie weit dann später der aus der Eintragung resultierende tatsächliche Markenschutz reichen kann und wie groß der Schutzbereich der jeweiligen Formmarken künftig überhaupt ist. Quaderform und Sollbruchstelle sind jedenfalls bei den Traubenzuckertäfelchen schon jetzt auch aus Sicht des BGH rein technisch bedingt und somit nicht monopolisierbar. Es wird sich also erst im jeweiligen Einzelfall bemessen lassen, wie weit man das erhaltene Markenrecht tatsächlich gegen Nachahmerprodukte und ähnliche Gestaltungsformen wird durchsetzen können.
Der Autor Dr. Ingo Jung ist Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und Partner bei CBH Rechtsanwälte im Bereich Geistiges Eigentum & Medien in Köln.
Ingo Jung, BGH bestätigt Markenschutz für Ritter Sport und Dextro Energy: Quadratisch. Praktisch. Marke? . In: Legal Tribune Online, 19.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25113/ (abgerufen am: 28.03.2024 )
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