Nach den erstaunlichen Urteilen des BFH zu den Ausbildungs- und Studienkosten rühren Lohnsteuerhilfevereine medienwirksam die Werbetrommeln, Journalisten schüren mit Geld-zurück-Überschriften Hoffnungen. Doch die sind in vielen Fällen unberechtigt: Der Durchschnittstudent wird keine rückwirkende Erstattung bekommen.
"Ein Student kommt in Laufe seiner Uni-Ausbildung auf Kosten von 30.000 Euro. Die macht er steuerlich als Verlustvortrag geltend. In seinem ersten Berufsjahr bekommt er ein Bruttogehalt von 40.000 Euro. Dagegen kann er die Kosten aus seinem Studium setzen – und muss folglich nur noch 10.000 Euro versteuern", so beschreibt zum Beispiel stern.de die Wirkung der Urteile (Az. VI R 38/10 und VI R 7/10). Klingt zu schön, um wahr zu sein – ist es auch. Denn so einfach funktioniert es natürlich nicht. Und so hohe Studienkosten, die auch steuerlich anerkannt werden, produziert wahrscheinlich nur, wer an einer Privat-Uni eingeschrieben ist.
Es stimmt zwar: Theoretisch können – sollten die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) Bestand haben - Studienkosten im Wege des Verlustvortrags in die Folgejahre übertragen werden. Nur dazu muss es erstmal zu einem Verlustvortrag kommen.
Im ersten Schritt werden die Studienkosten nämlich mit Einkünften desselben Jahres verrechnet. Studenten mit einem Nebenjob schauen deshalb in die Röhre. Bei Einnahmen von zum Beispiel 5.000 Euro im Jahr dürfte am Ende nichts mehr übrig bleiben, was in die nächsten Jahre vorgetragen werden kann.
Der Nebenjob als Steuerfalle
Wer diese Klippe umschifft und einen Verlustvortrag produziert hat, darf sich immer noch nicht freuen, denn dieser hat die Eigenart, gerne wirkungslos zu verpuffen.
Im zweiten Schritt wird der Verlustvortrag mit den Einnahmen des Folgejahres verrechnet. Wie hoch die Einnahmen in diesem Jahr sind und ob sich eine steuerliche Auswirkung ergibt, ist dabei irrelevant. Folgende Beispiele illustrieren den Effekt:
In den ersten beiden Studienjahren konzentriert sich der Student auf das Studium und hat keinen Nebenjob. Mangels eigener Einnahmen führen die Studienkosten zu einem Verlustvortrag von 3.500 Euro. Im dritten Studienjahr herrscht Ebbe in der Kasse, so dass er in den Semesterferien 3.000 Euro hinzuverdient. Außerdem erhält er für ein dreimonatiges Praktikum eine Vergütung von 1.200 Euro. Der Student hat im dritten Studienjahr zwar nur 4.200 Euro verdient und damit so wenig, dass er keine Steuern zahlen muss. Der Verlustvortrag wird trotzdem komplett mit diesen Einnahmen verrechnet.
Oder: Ein Student hat am Ende des Studiums einen Verlustvortrag von 6.000 Euro angehäuft. Im Oktober tritt er seine erste Stelle an. Er verdient bis zum Jahresende 8.000 Euro brutto. Auch in diesem Fall ist sein Jahres-Einkommen so niedrig, dass er keine Steuern zahlen müsste. Trotzdem wird der Verlustvortrag komplett mit den Einnahmen verrechnet und wirkt sich steuerlich nicht aus.
Gewinner und Verlierer
Wer auch diese Klippe umschifft, und sowohl einen hohen Verlustvortrag durch das Studium produziert als auch ausreichend hohe Einnahmen im ersten Jahr der Berufstätigkeit hat, kann sich tatsächlich über eine Steuerersparnis freuen. Zielgruppen, die naturgemäß in dieses Schema fallen, sind zum Beispiel Studierende an Privat-Unis oder Piloten. Dies soll in keiner Weise abschätzig klingen. Steuersystematisch ist das Urteil mehr als zu begrüßen, und schließlich ist ein Grundprinzip der Einkommensteuer: Wer viel verdient, kann viele Steuern sparen. Profitieren – mal mehr mal weniger - können schließlich auch diejenigen Studierenden, die sich alleine mit der Unterstützung der Eltern oder BAföG durchgeschlagen und im ersten Berufsjahr bereits ein Jahressalär im fünfstelligen Bereich vorweisen können.
Sollten die aktuellen BFH-Urteile künftig allgemein Anwendung finden, gibt es eine Gruppe von Studenten, die sogar schlechter gestellt sind als beim bisherigen Status quo. Betroffen wären diejenigen, die neben dem Studium arbeiten gehen und
- Einnahmen über dem Grundfreibetrag (2010: 8.004 Euro) und.
- Werbungskosten unter der Pauschale von 920 Euro haben.
Sie bekamen bisher die Werbungskostenpauschale von 920 Euro und konnten zusätzlich die Studienkosten als Sonderausgaben geltend machen. Künftig würden die Studienkosten auf die Pauschale angerechnet und der Sonderausgabenabzug entfiele. Sie würden während des Studiums mehr Steuern zahlen müssen. Rückwirkend haben sie allerdings nichts zu befürchten.
Welche Kosten sind absetzbar?
Absetzbar sind alle Kosten im Zusammenhang mit dem Studium: Studiengebühren, Semesterticket, Fahrten zur Uni, Fachliteratur, Notebook, Fahrten zu einer Lerngemeinschaft, Fahrten zur Praktikumsstelle. Steuerlich lohnenswert können die Kosten eines Auslandsaufenthalts zu Studienzwecken sein, sofern dieser nur wenige Monate dauert.
Der dickste Brocken, die Miete für die Unterkunft am Studienort, darf in der Regel nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden, denn die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung erfüllen Studenten in der Regel nicht, weil ihr Erstwohnsitz bei den Eltern ist. Nur wenn ein Student zwei eigene Wohnungen hat - eine am Studien- und eine am Heimatort - kann er die Miete für die Zweitwohnung absetze.
Dies war vor den BFH-Urteilen günstiger. Denn wenn die Studienkosten nicht als Werbungskosten, sondern als Sonderausgaben gelten, erkennt das Finanzamt die Miete als „Kosten einer auswärtigen Unterbringung“ an.
Unsummen werden unter dem Strich also nicht zusammenkommen – entscheidend sind die Kosten der Ausbildung an sich, sie können die Rechnung in ungeahnte Höhen treiben. Übrigens: Auch Rechnungen, die die Eltern beglichen haben, darf der Student geltend machen.
Was ist zu tun?
Studierende, die ihre Studienkosten als Werbungskosten geltend machen wollen, müssen für jedes Kalenderjahr des Studiums eine Einkommensteuererklärung abgeben und auf der ersten Seite des Mantelbogens ankreuzen, dass ein Verlustvortrag festgestellt werden soll. Die Verrechnung des Verlustvortrags mit dem Einkommen in einem späteren Jahr erfolgt dann automatisch.
Wer dies für die vergangenen Jahre nachholen will, kann dies grundsätzlich tun.
Strittig ist, für wie viele Jahre die Steuererklärung nachgereicht werden kann – vier oder sieben Jahre. Betroffene sollten für infrage kommende Jahre ab einschließlich 2004 eine Erklärung einreichen, um sich alle möglichen Ansprüche zu sichern.
Pech hat, wer in der Vergangenheit bereits eine Erklärung für eine dieser Jahre abgegeben hat. Dann nämlich hat das Finanzamt nach den alten Regeln entschieden und keinen Verlustvortrag festgestellt. Wer in diesen Fällen nicht explizit einen Einspruch eingelegt hat, der noch offen ist bzw. der in einer Vorläufigkeit resultiert hat, für den ist der Zug abgefahren.
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BFH zu den Studien- und Ausbildungskosten: . In: Legal Tribune Online, 18.08.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4053 (abgerufen am: 13.12.2024 )
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