Das BAMF war in den letzten Wochen öfter Kritik wegen unzulänglich bearbeiteter Anträge ausgesetzt, nun sucht man dort Rechtsanwälte als Verstärkung. Allerdings nur solche, die sich im Ausländer- und Asylrecht nicht auskennen.
"Natürlich eine Zumutung für jeden Leser und absolut nicht im Einklang mit unseren Qualitätsstandards" – dieses Geständnis musste Andrea Brinkmann, Sprecherin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), vergangene Woche machen. Anlass dazu gab ein ablehnender Asylbescheid der Behörde, in dem es nur so von Doppelungen, internen Hinweisen und Platzhaltern wimmelte. Der Adressat, ein Mann aus Albanien, hatte vor dem Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe erfolgreich gegen das Schreiben geklagt, welches die Richterin als "formell rechtswidrig" und "unzumutbar" bezeichnete.
Das BAMF sprach von einem Einzelfall, was in dieser extremen Form, soweit bekannt, auch zutrifft. Kritik an der Qualität der Bearbeitung wird jedoch häufiger laut, seit die Behörde im Zuge der Flüchtlingskrise gezwungen war, ihre Mitarbeiterzahl fast zu verdoppeln. Viele der neuen Mitarbeiter - gerade in den Entscheidungszentren - würden zu schlecht für ihre Aufgabe geschult, kritisieren etwa Bernd Mesovic von Pro Asyl und Jutta Graf von den Grünen. Dabei entschieden sie schon nach wenigen Tagen über Menschenschicksale. Auch aus Behördenkreisen hieß es, in den Zentren seien meist keine erfahrenen Entscheider im Einsatz, sondern Aushilfskräfte. Das BAMF gibt die Einarbeitungszeit für Entscheider mit vier bis acht Wochen an. Früher dauerte das drei Monate.
Anwälte gesucht – nur keine Asylrechtler
Die aktuellen Stellenausschreibungen könnte man insofern als Versuch der Qualitätssteigerung verstehen, denn die Behörde sucht darin gezielt nach Rechtsanwälten und anderen Volljuristen, um Asylbewerber anzuhören und deren Anträge zu prüfen. Ausgerechnet "Juristen/Juristinnen, die auf dem Gebiet des Asyl- und Ausländerrechts tätig sind" werden in der Anzeige jedoch als Bewerber ausgeschlossen.
Wer genommen wird, muss sich zudem verpflichten, für mindestens zwei Jahre nach Ende der – auf sechs Monate befristeten – Arbeit beim BAMF nicht anwaltlich im Ausländer- und Asylrecht tätig zu werden. Für konkrete Asylverfahren, die sie als Sachbearbeiter im BAMF bearbeitet haben, soll das Verbot auch darüber hinaus gelten. Zur Begründung heißt es in der Ausschreibung: "Jegliche auch nur abstrakte Gefahr einer Interessenkollision mit den hoheitlichen Aufgaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist auszuschließen".
Gemischte Stimmen aus der Anwaltschaft
Der Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer Ekkehart Schäfer begrüßte die Aktion, ohne auf die Ausschlussklausel einzugehen: "Der Rückstand der unbearbeiteten Fälle ist enorm. Es ist gut und richtig, in dieser schwierigen Situation auf die Kompetenz der Anwaltschaft zurückzugreifen und die Asylverfahren zu beschleunigen. Die Bewältigung der Flüchtlingskrise kann somit ein Stück weit unterstützt werden. Durch entsprechende vertragliche Regelungen wird sichergestellt, dass von vornherein mögliche Interessenkollisionen ausgeschlossen werden"
Rainer M. Hofmann, Redakteur der "Anwaltsnachrichten Ausländer- und Asylrecht (ANA-ZAR)" und selbst in den Gebieten tätig, empfindet die Stellenausschreibung hingegen als paradox. Das Verbot, in den beim BAMF bearbeiteten Fällen später tätig zu werden, sei nachvollziehbar. Dass Bewerber hingegen weder zum Zeitpunkt ihrer Einstellung noch für zwei Jahre nach deren Ende im Ausländer- und Asylrecht arbeiten dürften, hält er für rechtlich fragwürdig und sachlich absurd: "Hier wird genau der Teil der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen, der am besten für die Aufgabe qualifiziert ist." Dabei sei nicht klar, worin die 'abstrakte Interessenkollision' liegen solle. Hofmann: "Offenbar besteht bei manchen Verantwortlichen beim BAMF eine Wir-gegen-die-Mentalität, wenn es um Asylrechtsanwälte geht – damit ist der einen Seite so wenig gedient wie der anderen."
Das BAMF war bis um 11:00 am Freitagvormittag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Mit Materialien von dpa.
Constantin Baron van Lijnden, BAMF sucht Rechtsanwälte zur Antragsbearbeitung: . In: Legal Tribune Online, 29.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19253 (abgerufen am: 05.12.2024 )
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