Datenschutz am Arbeitsplatz: Key­logger-Beweise im Kün­di­gungs­schutz­pro­zess unver­wertbar

von Dr. Wolf-Tassilo Böhm und Dr. Lukas Ströbel

27.07.2017

2/2: Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch erlaubt

Wer seine Arbeitspflicht verletzt, indem er sich unerlaubt anderen Aktivitäten während der Arbeitszeit widmet, riskiert eine Kündigung. Arbeitgeber können ein berechtigtes Interesse daran haben, konkreten Verdachtsmomenten auf Verletzung der Arbeitspflicht nachzugehen. Unterstellt man, dass die Arbeitgeberin die Vorfälle in dem hier entschiedenen Fall zutreffend dargestellt hat, hätte das Verhalten des Arbeitnehmers durchaus eine außerordentliche, fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) rechtfertigen können.

Das Beweisverwertungsverbot, das diesen Nachweis verhinderte, folgt dabei nicht aus einem Verstoß gegen die Zivilprozessordnung oder das Arbeitsgerichtsgesetz. Diese enthalten keine ausdrücklichen Regelungen zur Verwertbarkeit von privat beschafften Beweismitteln. Ein Beweisverwertungsverbot kommt nur dann in Betracht, wenn die Verwertung der rechtswidrig erlangten Beweise durch das Gericht im Einzelfall nicht mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar wäre. Davon ist im Regelfall auszugehen, wenn Beweismittel datenschutzwidrig erlangt wurden, sofern die beweisbelastete Partei nicht ausnahmsweise ein besonderes Interesse an der Beweisführung hat.

Die Erfurter Richter bestätigen mit ihrer Entscheidung die Linie, dass eine lückenlose technische Überwachung am Arbeitsplatz in der Regel rechtswidrig ist (vgl. BAG, Urt. v. 27.03.2003 Az. 2 AZR 51/02). Durch eine Dauerüberwachung werden Arbeitnehmer einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt, der grundsätzlich mit ihren Persönlichkeitsrechten nicht vereinbar ist.

Auf einer Linie mit Europa

Mit der Einschätzung, dass der Einsatz des Keyloggers rechtswidrig in die Grundrechte des Mannes eingreift, liegen die Arbeitsgerichte auf einer Linie mit den europäischen Datenschutzbehörden. In ihrer Stellungnahme vom 08.06.2017 bezeichnete etwa das interne Abstimmungsgremium der EU-Datenschutzbehörden Überwachungsmaßnahmen am Arbeitsplatz wie den Einsatz von Keyloggern, Mausbewegungs-Rekordern und automatischer Screen-Capture-Software als im Regelfall unverhältnismäßig.

Der nun entschiedene Fall spielte sich zwar unter dem aktuell noch geltenden BDSG ab. Auf die ab dem 25.05.2018 geltende EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das zeitgleich in Kraft tretende neue BDSG sind die Grundsätze der Erfurter Bundesrichter aber uneingeschränkt übertragbar.

Die große Zahl verfügbarer technischer Überwachungsmethoden mag bei manchen Arbeitgebern Begehrlichkeiten wecken. Jedoch müssen sie genau prüfen, welche Maßnahmen sie zur Aufklärung von vermuteten Straftaten und Pflichtverletzungen am Arbeitsplatz einsetzen. Ist die Maßnahme unverhältnismäßig, können nicht nur die gewonnenen Beweise rechtlich wertlos sein. Auch drohen dem Arbeitgeber gegebenenfalls Bußgelder der Datenschutzaufsichtsbehörden und Schadensersatzklagen der betroffenen Arbeitnehmer.

Dr. Wolf-Tassilo Böhm ist Senior Associate im Frankfurter Büro von Hogan Lovells. Er berät zu allen arbeitsrechtlichen Fragen mit einem besonderen Schwerpunkt im Beschäftigtendatenschutz und der DSGVO-Implementierung.

Dr. Lukas Ströbel ist als Associate ebenfalls bei Hogan Lovells tätig und ist auf die datenschutzrechtliche Beratung spezialisiert.

Beide Autoren veröffentlichen regelmäßig Artikel zu ihren Beratungsgebieten und sind Co-Autoren eines Handbuchs zur DSGVO.

Zitiervorschlag

Dr. Wolf-Tassilo Böhm und Dr. Lukas Ströbel, Datenschutz am Arbeitsplatz: Keylogger-Beweise im Kündigungsschutzprozess unverwertbar . In: Legal Tribune Online, 27.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23685/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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