BAG zum Streik am Frankfurter Flughafen: Ende der Aus­rede des "recht­mä­ß­igen Alter­na­tiv­ver­hal­tens"

von Prof. Dr. Robert von Steinau-Steinrück

27.07.2016

2/2: BAG wischt Einwand vom Tisch

Gegenüber Fraport als ihrem unmittelbaren Kampfgegner haftet die Gewerkschaft GdF aber aufgrund ihres rechtswidrigen Streiks. Dieses Ergebnis ist überraschend. Die Entscheidung hat Signalwirkung für viele andere Arbeitskämpfe.

Das BAG stellt sich mit seiner Entscheidung gegen die beiden Vorinstanzen. Diese hatten eine Schadensersatzpflicht gegenüber Fraport mit der Begründung abgelehnt, die geltend gemachten Schäden wären auch bei einem Streik ohne Friedenspflicht verletzende Forderungen entstanden. Es handelt sich dabei um den sogenannten Einwand "rechtmäßigen Alternativverhaltens". Nach diesem Einwand ist eine Schadensersatzpflicht abzulehnen. Die Begründung lautet, die vom Arbeitgeber geltend gemachten Schäden wären in gleicher Höhe eingetreten, wenn die Gewerkschaft die unzulässigen Forderungen nicht in ihre Kampfziele aufgenommen hätte.

Diesen Einwand hat das BAG mit ebenso lapidarer wie überzeugender Begründung als unbeachtlich "vom Tisch gewischt". Hätte die Gewerkschaft nämlich einen Streik ohne friedenspflichtverletzende Forderungen durchgeführt, hätte es sich eben nicht um diesen, sondern um einen anderen Streik gehandelt. Die Berufung darauf ist deshalb vollkommen beliebig.

Ende des Freibriefes der Gewerkschaften

Das BAG hat hier außerdem ein schuldhaftes Handeln der GdF angenommen. Dieses ist für das Bestehen einer Schadensersatzpflicht erforderlich. Deshalb muss die GdF die streikbedingten Schäden ersetzen. Zur Feststellung der Höhe dieser Schäden hat das BAG den Rechtsstreit an das Hessische Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung ist für die Praxis genauso wichtig wie erfreulich. Mit dem Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens hatten die Gewerkschaften bislang einen "Freibrief", der ihr Risiko von Schadensersatzforderungen im Falle eines rechtswidrigen Streikes auf nahezu null minimierte.

Überzeugend war dieser Einwand noch nie. Letztlich war damit aufgrund seiner Beliebigkeit jedem Schadensersatzanspruch die Grundlage entzogen. Es ist erfreulich, dass das BAG ein klares Signal gesetzt hat. Es wird dafür sorgen, dass Gewerkschaften künftig besonnener handeln und sehr genau prüfen, für welche Kampfziele sie ihre Mitglieder in den Streik schicken.

Der Autor Prof. Dr. Robert von Steinau-Steinrück ist Partner bei Luther Rechtsanwälte in Berlin und auf das Arbeitsrecht spezialisiert. Er berät und vertritt zahlreiche Unternehmen bei Arbeitskämpfen.

Zitiervorschlag

Prof. Dr. Robert von Steinau-Steinrück, BAG zum Streik am Frankfurter Flughafen: Ende der Ausrede des "rechtßigen Alternativverhaltens" . In: Legal Tribune Online, 27.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20124/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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