Ausschluss von Journalisten bei G20-Gipfel: Trau, schau, wem?

von Markus Kompa

13.07.2017

2/2: Beschattung von Journalisten bereits seit Jahren Praxis?

Einen faden Nachgeschmack hinterlässt die zumindest geplante Beschattung der für verdächtig gehaltenen Medienvertreter durch das BKA, was laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung auf Großveranstaltungen wohl schon seit Jahren zur – allerdings bislang nicht öffentlich bekannten – Praxis zählte. Inzwischen nennt der RBB als Quelle für die Staatsschutzbedenken das Bundesamt für Verfassungsschutz, also den Inlandsnachrichtendienst. Wo der wiederum seine Erkenntnisse gewonnen haben will, ist eine spannende Frage, denn auch diese Behörde pflegt Kooperationen mit ausländischen Diensten, die nicht durchgehend die Pressefreiheit ehren.

Überwachung von Journalisten ist ein Reizthema, da die deutschen Nachrichtendienste vor Jahrzehnten mehrfach rechtswidrig Journalisten bespitzelt und zum Teil Informationen durchgestochen hatten. Gleich dreimal stand etwa der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff, einmal auch der Geheimdiensthistoriker Erich Schmidt-Eenboom in ihrem Fokus, was jeweils Skandale auslöste.

Rechtsschutzmöglichkeiten für die Betroffenen

Betroffene Journalisten hätten – theoretisch – die Möglichkeit gehabt, gegen den Entzug ihrer Akkreditierung durch Beantragung einer einstweiligen Verfügung vor dem Verwaltungsgericht vorzugehen, was zu organisieren in der Kürze der Zeit allerdings nur schwer möglich gewesen wäre. Nachdem der Gipfel nun vorbei ist, bleibt ihnen insoweit nur noch die Möglichkeit, an den Verwaltungsgerichten eine sog. Fortsetzungsfeststellungsklage zu erheben. Dann wird ggf. festgestellt, dass die der Ausschluss vom Gipfel rechtswidrig gewesen und der angeführte Grund bei zukünftigen Veranstaltungen nicht mehr tragfähig ist. Alle Betroffenen haben außerdem grundsätzlich ein Auskunftsrecht gegenüber den Behörden, um die Begründung für den Ausschluss zu erfahren und können sich bei den Landes- bzw. Bundesdatenschutzbeauftragten beschweren.

In solchen Verfahren würde sich dann erweisen, ob die nachträgliche Gefahrenprognose durch die Sicherheitsbehörden wirklich in allen Fällen eine tragfähige Grundlage hatte. Sofern man lediglich unbequeme Journalisten ausgesiebt hätte, wäre dies eine eklatante Verletzung des Grundgesetzes. Allerdings können die Sicherheitsbehörden – vor allem die Geheimdienste – die Auskunft verweigern, wenn hierdurch etwa Quellen und Ermittlungsmethoden gefährdet würden, vgl. § 19 Abs. 4 Nr. 3 Bundesdatenschutzgesetz, § 99 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – eine Möglichkeit, von der etwa der Verfassungsschutz meist regen Gebrauch macht.

Organisationsverschulden beim Datenschutz

Eine andere Frage betrifft den Datenschutz bei der Ausfilterung der nachträglich ausgeschlossenen Personen. Da diese zuvor im Akkreditierungsverfahren bereits Zutrittsausweise erhalten hatten, sah sich das Bundeskriminalamt genötigt, an die Zugangskontrollstellen Listen mit den Namen derjenigen Personen zu übermitteln, die trotz Zutrittsausweis nicht hineingelassen werden sollten. Dieser Zweck ist zwar grundsätzlich legitim, allerdings hätten die Beamten vor Ort sicherstellen müssen, dass die Namen der Betroffenen ausschließlich für die Zugangskontrolle verwendet werden und ansonsten der Datenschutz gewährleistet ist. Offenbar haben wohl nicht alle Beamten die entsprechende Sorgfalt walten lassen, so dass es Medienvertretern sogar gelang, die Listen abzufotografieren.

Insoweit ist allerdings bereits ein Organisationsverschulden anzunehmen, weil solche Ausschlüsse für die Betroffenen diskriminierende bis stigmatisierende Wirkung entfalten können und deshalb ein erhöhtes Maß an Sensibilität erfordern. Daher hätten die Verantwortlichen brauchbare Verfahren für den Umgang mit Listen festlegen müssen, etwa Schutz gegen Einsicht Dritter ggf. durch technische Vorkehrungen sowie Rückgabe der ausgedruckten Listen nach Beendigung des Gipfels, um deren Vernichtung sicherzustellen.

Der Autor Markus Kompa ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht in Köln. Als Autor publiziert er zu Presserecht, Politik und Geheimdiensten.

Zitiervorschlag

Markus Kompa, Ausschluss von Journalisten bei G20-Gipfel: Trau, schau, wem? . In: Legal Tribune Online, 13.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23449/ (abgerufen am: 17.04.2024 )

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