10/11: Die Obergrenze
Dieses Thema sorgt seit langem für politische Verbalexzesse. Polemik und Wählergruppen außen vor gelassen und juristisch betrachtet, kann man trefflich darüber streiten, ob eine Obergrenze in Deutschland rechtswirksam eingeführt werden könnte. Zwar ist der wissenschaftliche Dienst des Bundestages zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Grenze mit Verweis auf die Artikel 18 und 19 der Grundrechte-Charta problematisch und nur denkbar wäre, wenn der Flüchtling in sichere Drittstaaten zurückgewiesen werde. Doch wie oben bereits erwähnt, spielt die Obergrenze für das Recht auf Asyl nach Art. 16a GG praktisch gar keine Rolle, weil sich so wenige Geflüchtete überhaupt auf dieses Grundrecht berufen können.
Im Zentrum der Debatte muss vielmehr das Recht auf Asyl nach dem AsylG stehen. Und dabei wird regelmäßig außer Acht gelassen, dass jedes Leistungsrecht – und dazu zählt das Asylrecht – immanente Schranken hat. Diese Schranken sind die Grundrechte anderer und die Verfassungsprinzipien, die Rechte stehen also unter dem Vorbehalt des möglichen. "Hier muss die Diskussion ansetzen: Ist es dem Staat Deutschland noch möglich, Asylbewerber aufzunehmen?", formulierte Dr. Nicola Haderlein die Frage, Pressedezernentin und als Richterin am VG Düsseldorf und derzeit für Asylverfahren von Irakern zuständig. Entscheidend sei die Leistungsfähigkeit des Sozialstaates. Auch die innere Ordnung sei relevant für eine Begrenzung der Anzahl der aufzunehmenden Ausländer. Eine Begrenzung, so die erkennbare Meinung der Richterschaft, wäre also durchaus denkbar.
Noch eine Randnotiz: Die Regelung, dass über sichere Drittländer eingereiste Ausländer kein Bleiberecht haben, findet sich auch in § 18 AsylG und in der Dublin-VO. Danach wäre Deutschland grundsätzlich nicht zuständig für diese Menschen. Umgehen lässt sich diese Regelung mit dem Selbsteintrittsrecht, mit dem sich ein Land – wie der Namen schon sagt - selbst für zuständig erklärt.
Tanja Podolski, Deutschland und die Ausländer: . In: Legal Tribune Online, 28.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25727 (abgerufen am: 03.12.2024 )
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