Zum Jahresbeginn gibt es gute Nachrichten für Personalabteilungen und Mitarbeitende: Viele Formerfordernisse im Arbeitsrecht werden deutlich vereinfacht. Welche weiteren wichtigen Änderungen nun gelten, erläutert Alexander Willemsen.
Die Arbeitszeiterfassung ist noch immer nicht gesetzlich geregelt, doch einige andere Neuerungen bringen spürbare Veränderungen in die tägliche Praxis von Arbeitsrechtlern und Personalabteilungen.
Die größte Veränderung hat zum 1. Januar 2025 das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) in die Personalabteilungen gebracht. Das Gesetz zielt insbesondere darauf ab, Arbeitgeber durch vereinfachte Dokumentations- und Nachweispflichten zu entlasten. So macht die Digitalisierung der Personalarbeit mit dem Jahreswechsel einen großen Schritt nach vorne. Die Personalabteilungen erhalten eine spürbare, aber auch dringend benötigte Entlastung, insbesondere im Hinblick auf den Nachweis von Arbeitsbedingungen. Allerdings sind Streitigkeiten über einen unvollständigen oder nicht rechtzeitigen schriftlichen Nachweis der Arbeitsbedingungen auf Anfrage der Beschäftigten absehbar. Dennoch sind Unternehmen gut beraten, die Änderungen schnell umzusetzen: Das Jahr 2025 wird angesichts der politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen mit Sicherheit noch weitere Änderungen im Arbeitsrecht mit sich bringen.
Arbeitsvertrag auch in elektronischer Form
Der Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen nach dem Nachweisgesetz (NachwG) kann ab sofort in Textform (§ 126b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) oder in elektronischer Form (§ 126a BGB) erfolgen. Dies wurde seit langem von der Praxis gefordert und erleichtert die Administration innerhalb einer HR-Software deutlich. Arbeitgebende müssen allerdings darauf achten, dass das Vertragsdokument für den Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert wird und ausgedruckt werden kann. Mitarbeitende können auch weiterhin die Übermittlung ihrer wesentlichen Arbeitsbedingungen in Schriftform verlangen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 NachwG n.F.). In diesem Fall müssen Arbeitgebende die Arbeitsbedingungen "unverzüglich" zur Verfügung stellen. Kommt die Personalabteilung diesem Verlangen nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nach, liegt eine Ordnungswidrigkeit nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 NachwG n.F. vor, die mit einer Geldbuße von bis zu 2.000 Euro geahndet werden kann. Besonders bei Trennungsszenarien erscheint hier Ärger programmiert.
Nicht ausgenommen vom Schriftformerfordernis sind auch in Zukunft solche Unternehmen, die besonders von Schwarzarbeit betroffen sind – etwa das Gaststättengewerbe oder die Baubranche.
Regeln für Befristungen und Elternzeit
Die neuen Spielregeln aus dem BEG IV gelten nicht in allen Fällen: Bei Befristungen nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz muss weiterhin die Schriftform gewahrt werden, anderenfalls ist die Befristungsabrede unwirksam (nur die Befristung bis zur Regelaltersgrenze fällt nicht darunter; nach § 41 Sechstes Sozialgesetzbuch (SGB VI) n.F. genügt hier die Textform).
In der Vergangenheit kam es mintunter vor, dass Anträge auf Elternzeit (§ 16 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)) sowie auf Teilzeit während der Elternzeit (§ 17 BEEG) formnichtig waren. Vielen Mitarbeitenden war das Schriftformerfordernis dieser Anträge nicht bewusst – das ist angesichts der inzwischen fast vollständig digitalen internen Unternehmenskorrespondenz auch verständlich. Der Gesetzgeber hat nun korrigierend eingegriffen und erlaubt auch für diese Anträge die digitale Form (vgl. § 15 Abs. 7 Nr. 5 BEEG n. F. bzw. § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG n. F.).
Arbeitnehmerüberlassung per E-Mail
Arbeitnehmerüberlassungsverträge können in Zukunft auch per einfacher E-Mail oder Textnachricht geschlossen werden. In der Vergangenheit führten Verstöße gegen das (bisherige) Schriftformerfordernis noch zur Nichtigkeit des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages und hatten die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher zur Folge. Zudem galten solche Verstöße als Ordnungswidrigkeit und konnten mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden. Mit der Änderung zur Textform werden nunmehr bestehende Rechtsunsicherheiten beseitigt und der kurzfristige, unbürokratische Abschluss von Arbeitsnehmerüberlassungsverträgen ermöglicht.
Aushängen geht jetzt auch digital
Die in § 16 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vorgesehene Aushangpflicht für das Arbeitszeitgesetz kann seit Jahresbeginn digital durch die Nutzung der im Betrieb üblichen Informations- und Kommunikationstechnik erfüllt werden. Die Pflicht zum Aushang oder zur Auslage des Gesetzes in Papierform im Betrieb entfällt damit. Allerdings ist sicherzustellen, dass tatsächlich alle Beschäftigten einen ungehinderten Zugang zu diesen Informationen haben, anderenfalls muss es bei der Auslage bleiben.
Arbeitszeugnisse in elektronischer Form
Eine weitere Neuerung betrifft die Ausstellung von Arbeitszeugnissen. Vor der Neuregelung war die Erteilung von Arbeitszeugnissen in elektronischer Form gemäß § 630 Satz 3 BGB und § 109 Abs. 3 Gewerbeordnung (GewO) gesetzlich ausdrücklich ausgeschlossen. Seit Jahresbeginn gilt nach der Neufassung von § 630 Satz 3 BGB, dass Arbeitszeugnisse auch in elektronischer Form erteilt werden können, soweit die jeweiligen Arbeitnehmenden zustimmen.
Ob sich dies in der Praxis durchsetzt, ist jedoch fraglich: Zuweilen werden Arbeitszeugnisse rückwirkend ausgestellt, etwa bei einem Kündigungsschutzverfahren oder einer Zeugnisberichtigung. Anders als bei der Papierform lässt die elektronische Form derartige Abweichungen erkennen, so dass das Risiko unzulässiger Rückschlüsse besteht. Gerade in Streitfällen wird es also wohl bei dem Papierzeugnis bleiben.
Steuer nach Fünftel-Regelung obliegt nun den Beschäftigten
Das am 27. März 2024 verkündete Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Innovationen und Investitionen (Wachstumschancengesetz) sieht u. a. vor, die sogenannte Fünftel-Regelung aus dem Lohnsteuerabzugsverfahren zu entfernen. Nach der bisherigen Gesetzeslage hatten die Unternehmen für bestimmte Arbeitslöhne (insbesondere Abfindungen) im Lohnsteuerabzugsverfahren die Fünftel-Regelung zu ermitteln, einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Ab dem 1. Januar 2025 obliegt es nunmehr den Beschäftigten, die Prüfung und Anwendung der Fünftel-Regelung durch das Finanzamt bei der Abgabe der Steuererklärung zu beantragen, um anschließend die Privilegierung zu erlangen.
Anders als bisher sollten Unternehmen in Aufhebungsverträgen oder betrieblichen Vereinbarungen (z. B. in Sozialplänen) daher keine Verpflichtung zur Anwendung der Fünftel-Regelung mehr vereinbaren. Es dürfte aber empfehlenswert sein, einen (freiwilligen) Hinweis in Aufhebungsverträge aufzunehmen, um Mitarbeitende auf etwaige finanzielle Nachteile bei Einreichen ihrer Steuererklärung aufmerksam zu machen.
Erhöhung des Mindestlohns
Der gesetzliche Mindestlohn wird für alle Beschäftigten zum 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro brutto pro Stunde angehoben. Damit einhergehend wird auch die Verdienstgrenze für sog. "Mini-Jobber" von bisher 538 Euro brutto auf nunmehr 556 Euro brutto angehoben. Für Beschäftigte in Mini-Jobs bedeutet dies, dass bei Beachtung des derzeitigen Mindestlohns eine maximale Arbeitszeit von 43 Stunden und 22 Minuten pro Monat möglich ist.
Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze
Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung steigt ab dem 1. Januar 2025 einheitlich auf 66.150 Euro jährlich. Zusätzlich erfährt auch die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Renten- und Arbeitslosenversicherung eine Erhöhung: Mit dem Jahreswechsel beträgt diese einheitlich 96.600 Euro brutto jährlich. Damit wird auch die seit Jahren bestehende Differenzierung zwischen Ost und West erstmals aufgehoben und angeglichen.
Elterngeld, Geschlechtseintrag und Cannabis
Der Anspruch auf Elterngeld entfällt für Paare und Alleinerziehende derzeit ab einem zu versteuernden Einkommen von 200.000 Euro. Für Geburten ab dem 1. April 2025 wird die Grenze für Paare und Alleinerziehende auf 175.000 Euro abgesenkt.
Mit dem Inkrafttreten des neuen Selbstbestimmungsgesetzes (SBGG) kann sich aus § 10 SBGG ein Anspruch auf Neuerteilung von Arbeitspapieren nach Änderung eines Geschlechtseintrags ergeben. Auf diese Weise können Mitarbeitende erreichen, dass z. B. der Arbeitsvertrag oder ein Zwischenzeugnis mit einem geänderten Geschlechtseintrag oder einem geänderten Vornamen in Einklang gebracht werden.
Infolge der Cannabislegalisierung wurde § 5 Abs. 1 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) angepasst und auf Rauche und Dämpfe von Cannabisprodukten ausgedehnt. Unternehmen haben künftig also dafür zu sorgen, dass die nicht rauchenden Beschäftigten in den Arbeitsstätten nicht nur vor Gesundheitsgefahren durch Tabak-, sondern auch durch Cannabisrauch geschützt werden.
Der Autor Dr. Alexander Willemsen ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht. Er ist Partner bei der Kanzlei Oppenhoff & Partner in Köln.
Neuerungen für Beschäftigte und Arbeitgeber: . In: Legal Tribune Online, 10.01.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56300 (abgerufen am: 20.01.2025 )
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