Es gibt keine klare gesetzliche Grundlage, das 3G-Modell auch in Betrieben durchzusetzen. Doch die brauchen Arbeitgebende auch gar nicht, sie können das Prinzip einführen, erklären Michaela Felisiak und Dominik Sorber.
Die Zahl der Corona-Neuinfektionen steigt rasant. Auch die Lage in den Krankenhäusern verschärft sich, weshalb Baden-Württemberg und Bayern gestern schärfere Corona-Regelungen beschlossen bzw. angekündigt haben. Dennoch gibt es bislang für Arbeitgebende – anders als für Veranstalter von Diskotheken, Messen, Museen oder Hochschulen – (noch) keine gesetzliche Grundlage, den Zugang zum Arbeitsplatz davon abhängig zu machen, ob die Mitarbeiter geimpft, genesen oder getestet sind.
Der Gesetzgeber hat für den betrieblichen Bereich keine grundsätzliche Einführung einer solchen „3G-Regel“ (geimpft, genesen, getestet) vorgesehen. In Nachbarländern ist dies anders. Seit dem 15. Oktober ist in Italien auch am Arbeitsplatz ein sogenannter "grüner Pass" erforderlich. Dieser setzt die 3G-Regel um und bedeutet, dass derjenige, der sich nicht impfen lassen möchte, auf eigene Kosten einen Corona-Test machen und spätestens alle 72-Stunden wiederholen muss. Auch in Österreich gelten strengere arbeitsrechtliche Schutzmaßnahmen. Zumindest in Bayern wird über 3G-Modelle im Betrieb diskutiert. Es stellt sich die Frage, ob Arbeitgebende auch ohne gesetzliche Regelung ein 3G-Modell einführen können und was hierbei zu beachten ist.
3G-Regeln nur für bestimmte Arbeitgebende
Die aktuellen Infektionsschutzverordnungen der Bundesländer sehen folgenden Mechanismus vor: Die 3G-Regel gilt als Ausnahmevorschrift für explizit genannte Konstellationen des öffentlichen und privaten Lebens. Dies gilt zum Beispiel für den gesamten Kulturbereich, der Gastronomie, dem Hochschulwesen und bei diversen Freizeitbeschäftigungen. Für Arbeitgebende gilt diese Ausnahmeregelung nur, wenn das Unternehmen in einer Branche tätig ist, in der Kundenkontakt unabdingbar ist.
Fällt die Branche des Arbeitgebenden nicht darunter, ist die Rechtslage weitgehend ungeklärt. Unabhängig von den besonderen Corona-Verordnungen ist die Einführung eines 3G-Modells bzw. eines 3G-Plus-Modells (geimpft, genesen oder negativer PCR-Test) dennoch arbeitsrechtlich möglich. In Bayern könnte das 3G-Modell bereits ab Samstag verpflichtend kommen.
Keine Impfpflicht, aber Testpflicht
Arbeitgebende in Branchen ohne Kundenkontakt können die 3G bzw. die 3Gplus-Regelung einführen. Soweit kein Betriebsrat besteht, kann eine Zugangsbeschränkung auf das Arbeitgeberweisungsrecht nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) gestützt werden. Anknüpfungspunkt ist nicht die Anordnung einer Impfpflicht, da im Rahmen einer hierfür durchzuführenden Interessenabwägung das Interesse der Mitarbeitenden an der körperlichen Unversehrtheit die betrieblichen Interessen überwiegt. Somit scheidet die Einführung eines 2G-Modells (genesen und geimpft) ohne gesetzgeberische Anordnung für Unternehmen aus, da dies einer Impflicht gleichkäme.
Allerdings muss in der aktuellen Pandemie-Situation die Durchführung regelmäßiger Corona-Tests zur Sicherstellung der Aufrechterhaltung des Betriebs und dem Schutz der Mitarbeitenden zulässig sein. Dies wird in Bayern wohl ab Samstag gelten, wenn bestimmte Schwellenwerte (Inzidenzwert und Intensivbettenauslastung) kritische Marken übersprungen haben.
Testpflicht hat konkreten Anlass
In der arbeitsrechtlichen Diskussion wird u.a. angeführt, dass Arbeitgebende keine Testpflicht anordnen dürften, da dies "anlasslos" nicht zulässig sei. Dieses Argument ist in der aktuellen Corona-Pandemie nicht haltbar. Es geht in der Pandemie um eine konkrete Präventionsmaßnahme, nicht um eine anlasslose Gesundheitsuntersuchung. Die Anordnung von Coronatests als Zugangsvoraussetzung für den Betrieb ist verhältnismäßig und damit zulässig, da so asymptomatische Infektionen erkannt und andere Mitarbeitende geschützt werden können.
Soweit Arbeitgebende den Zugang zum Arbeitsplatz von einem negativen Corona-Test abhängig machen, haben Mitarbeitende die Möglichkeit, freiwillig auf ihren Impf- oder Genesenenstatus zu verweisen. Diese Information darf der Arbeitgebende dann nach § 2 Abs. 1 Corona-Arbeitsschutzverordnung (ArbSchV) bei der Festlegung und der Umsetzung der Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes berücksichtigen.
Legen Mitarbeitende ihren Impfstatus nicht offen, müssen sie regelmäßig (zwei Mal in der Woche) einen Coronatest durchführen. Das Arbeitsgericht (ArbG) Offenbach hat bereits entschieden, dass der Zutritt zum Betrieb von einem negativen Testergebnis abhängig gemacht werden darf (Urt. v. 03.02.2021, Az. 4 Ga 1/21). Denn Arbeitgebende müssen gem. § 618 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sowie § 3 Abs. 1 S. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sicherstellen, dass Beschäftigte gegen Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt werden.
Betriebsrat muss bei 3G mitreden
Soweit es im Betrieb einen Betriebsrat gibt, können Arbeitgebende nicht ohne diesen die Anordnung von negativen Corona-Tests als Zugangsvoraussetzung einführen. Hierbei ist vielmehr das Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 Betriebsverfassungsgericht (BetrVG) zu beachten. Aber auch Betriebsräte dürften ein Interesse und vor allem die gesetzliche Verpflichtung haben, zum Schutz aller Arbeitnehmenden und zur Vermeidung eines Betriebsausfalls, eine entsprechende Betriebsvereinbarung abzuschließen.
Sollten sich Arbeitnehmende einem 3G-Modell verweigern, haben Arbeitgebende die Möglichkeit, diesen den Zugang zum Arbeitsplatz zu weigern. Dies hat Auswirkungen auf die Gehaltszahlungen, die dann nicht erbracht werden müssen, wenn keine Arbeitsleistung erbracht wird. Haben Arbeitnehmenden die Möglichkeit, ihre Arbeitsleistung von zu Hause (mobiles Arbeiten) zu erbringen, besteht der Vergütungsanspruch fort.
Anreize schaffen für 3G-Modell
Arbeitgebende mit oder ohne Betriebsrat können auch Anreize schaffen, damit Arbeitnehmende sich an einem 3G-Modell beteiligen. Das bedeutet, dass sie freiwillig ihren Impfstatus offenlegen oder sich freiwillig regelmäßige Coronatests machen. Dies können beispielsweise Prämien oder auch ein freier Tag sein, wenn Mitarbeitende aktiv an dem 3G-Modell teilnehmen.
Sollten Arbeitnehmende freiwillig den Impfstatus gegenüber Arbeitgebenden offenlegen, sollten wesentliche Punkte des Datenschutzes beachtet werden. Hierzu zählt, dass insbesondere die Grundsätze der Datenminimierung sowie der Speicherbegrenzung zu beachten sind. Das bedeutet, dass nicht der Impfstatus oder Nachweise gespeichert werden sollten, sondern dass Mitarbeitende einmal einen Impfnachweis erbringen und sie dann eine bestimmte Kennzeichnung (z.B. auf ihrem Werksausweis) erhalten.
Die Einführung eines 3G-Modells ist also auch ohne eine gesetzliche Grundlage möglich. Voraussetzung ist eine Abwägung der Interessen. Im Ergebnis sind die Interessen der Arbeitgeberseite den Interessen der einzelnen Arbeitnehmenden vorzuziehen.
Sollte, wie jetzt in Bayern geplant, eine verpflichtende 3G-Regel auch für Unternehmen kommen, dann haben Betriebsräte nicht mehr bei der Einführung, sondern lediglich bei der Umsetzung, soweit ein Umsetzungsspielraum verbleibt, mitzubestimmen. Sollten weitere Bundesländer ein 3G-Modell für Unternehmen einführen, sind zwingende gesetzliche Grundlagen mit zu regeln. Hierzu zählt insbesondere, dass der Impfstatus erhoben und verarbeitet werden darf. Die Einführung eines 2G-Modells ist aus jetziger Sicht nicht ohne gesetzgeberische Vorgaben möglich.
Die Autoren sind Anwälte bei Advant Beiten in München und Mitglieder der Praxisgruppe Arbeitsrecht. Sie beraten Ihre nationalen und internationalen Mandanten auf dem gesamten Gebiet des Arbeitsrechts.
3G-Modell in Betrieben: . In: Legal Tribune Online, 04.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46560 (abgerufen am: 12.10.2024 )
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