Arbeitsrecht: Die wich­tigsten Ände­rungen ab 2021

von Dr. Patrick Mückl

07.01.2021

2020 war arbeitsrechtlich vor allem von Fragen geprägt, die mit der Corona-Pandemie zusammenhingen. Welche arbeitsrechtlichen Neuerungen das neue Jahr mit sich bringt und welche wahrscheinlich nicht, fasst Patrick Mückl zusammen.

Eine der betriebsverfassungsrechtlich wichtigsten Errungenschaften des Jahres 2020 bleibt zumindest vorübergehend erhalten: Die durch § 129 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) eröffnete Möglichkeit zur Nutzung von Video- und Telefonkonferenzen für Betriebsräte und weitere Mitbestimmungsgremien ist ebenso bis zum 30.06.2021 verlängert worden wie die Möglichkeit, Versammlungen nach den §§ 42, 53 und 71 BetrVG mittels audiovisueller Einrichtungen abzuhalten. 

Anders sieht es dagegen im Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft (SEBG) oder im Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG) aus: Dort gibt es hinsichtlich der Beteiligungsrechte, insbesondere bei Gründungsvorhaben, weiterhin keine Klarstellungen zur Nutzung entsprechender Instrumente.

Kurzarbeitergeld und Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen

Für Unternehmen wichtige pandemiebedingte Förderungsleistungen werden auch im Jahr 2021 weiterlaufen. So etwa das im Beschäftigungssicherungsgesetz geregelte Kurzarbeitergeld (KuG). Hier gilt folgendes:

•    Die Regelung zur Erhöhung des KuG (auf 70 bzw. 77 Prozent ab dem vierten und auf 80 bzw. 87 Prozent ab dem siebten Monat) wird für alle Beschäftigten, deren Anspruch auf KuG bis zum 31.03.2021 entstanden ist, bis zum 31.12.2021 verlängert. 

•    Bis zum 31.12.2021 bleibt Entgelt aus einer während der Kurzarbeit aufgenommenen geringfügigen Beschäftigung anrechnungsfrei. 

Die Bezugsdauer für Betriebe, die bis zum 31.12.2020 mit Kurzarbeit begonnen haben, wird durch die Zweite Verordnung über die Bezugsdauer für das KuG auf bis zu 24 Monate, längstens bis zum 31.12.2021, verlängert. 

Nach der Ersten Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung müssen bis zum 31.12.2021 für alle Betriebe, die bis zum 31.03.2021 mit der Kurzarbeit begonnen haben, weiterhin nur mindestens zehn Prozent der Belegschaft eines Betriebs von einem Entgeltausfall betroffen sein und es sind keine negativen Arbeitszeitsalden aufzubauen. Zur Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge ist dort zusammenfassend vorgesehen:

•    Vollständige Erstattung bis 30.06.2021. 

•    Anschließend erfolgt grundsätzlich eine hälftige Erstattung längstens bis 31.12.2021 für alle Betriebe, die bis 30.06.2021 mit Kurzarbeit begonnen haben, wobei in diesen Fällen durch Qualifizierung während Kurzarbeit bis 31.12.2021 eine Erhöhung der Erstattung auf 100 Prozent möglich ist.

Auch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer können bis zum 31.12.2021 KuG beziehen, soweit sie in Verleihbetrieben beschäftigt sind, die bis zum 31.03.2021 mit der Kurzarbeit begonnen haben.

Anreize zur Weiterbildung, Verwaltungsvereinfachung und höherer Mindestlohn

Für die Weiterbildung werden - auch im Zusammenhang mit Kurzarbeit - weitere Anreize gesetzt:

•    Die hälftige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge erfordert nach dem Beschäftigungssicherungsgesetz nicht mehr, dass die Qualifizierung mindestens 50 Prozent der Zeit des Arbeitsausfalls betragen muss. Für während der Kurzarbeit begonnene Weiterbildungsmaßnahmen werden zudem Lehrgangskosten pauschal in Abhängigkeit der Betriebsgröße erstattet, sofern die Weiterbildungsmaßnahme mehr als 120 Stunden dauert und sowohl sie als auch der Träger der Maßnahme nach dem SGB III zertifiziert sind. 

•    Für Maßnahmen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, die während der Kurzarbeit begonnen werden, können für die Zeit der Kurzarbeit ebenfalls die Sozialversicherungsbeiträge zur Hälfte erstattet werden.

•    Auch das Förderverfahren für berufliche Weiterbildungen wird durch das Arbeit-von-morgen-Gesetz vereinfacht: Bedarf aufgrund des technologischen Strukturwandels eine größere Anzahl von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern eines Betriebes einer beruflichen Weiterbildung, kann der Arbeitgeber nun mit deren Einverständnis bzw. mit Zustimmung des Betriebsrats die Förderleistungen in einem Antrag bei der Agentur für Arbeit beantragen und erhält dann eine Bewilligung über die Gesamtleistung, mit der die entstehenden Qualifizierungskosten gefördert wird.

Seit dem 01.01.2021 ist die Pflicht zur Vorlage der Mitgliedsbescheinigung der Krankenkasse in Papierform bei Neuaufnahme einer Beschäftigung und bei Wechsel der Krankenkasse entfallen. Fortan hat der Beschäftigte in diesen Fällen seine Krankenkasse nur noch beim Arbeitgeber anzugeben, der dann wiederum die Möglichkeit hat, die Richtigkeit der Angaben durch ein elektronisches Abfrageverfahren kurzfristig seitens der Krankenkasse bestätigt zu erhalten.

Der gesetzliche Mindestlohn beträgt nach der Dritten Mindestlohnanpassungsverordnung vom 9.11.2020 seit dem 1.01.2021 brutto 9,50 Euro und ab dem 1.7.2021 brutto 9,60 Euro je tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde.

Anhebung des Renteneintrittsalters und neue Rechengrößen der Sozialversicherung

Im Zuge der schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters in der gesetzlichen Rentenversicherung steigen die Altersgrenzen im Jahr 2021 um einen weiteren Monat. Der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung beträgt seit dem 1.01.2021 indes weiterhin 18,6 Prozent in der allgemeinen und 24,7 Prozent in der knappschaftlichen Rentenversicherung.

Mit der Verordnung über die Sozialversicherungsrechengrößen 2021 wurden darüber hinaus die maßgeblichen Rechengrößen der Sozialversicherung gemäß der Einkommensentwicklung im Jahr 2019 turnusgemäß angepasst.       

Britische Staatsangehörige, die 2021 nach Deutschland einreisen, können nach § 26 Abs. 1 Beschäftigungsverordnung n.F. jede Beschäftigung unabhängig von einer Qualifikation und vom Sitz des Arbeitgebers ausüben. Die Bundesagentur für Arbeit muss zustimmen. Die Einreise ist nach § 41 Abs. 1 der Aufenthaltsverordnung n.F. auch dann visumfrei möglich, wenn ein längerfristiger Aufenthalt in Deutschland geplant ist, z. B. zu Erwerbszwecken. 

Kein Anspruch auf Homeoffice

Einen gesetzlichen Anspruch auf Arbeit Homeoffice wird das Jahr 2021 voraussichtlich ebenso wenig bringen wie eine Anpassung des ArbZG an die Arbeitszeitrichtlinie. Ersteren sehen derzeit vorliegende – bereits erheblich angepasste – Gesetzesentwürfe zur Arbeit im Homeoffice bereits nicht mehr vor. Und die Arbeitszeiterfassung wird – mit Ausnahme von Homeoffice-Tätigkeiten – zurzeit nicht im Gesetzgebungsverfahren behandelt. 

Betriebsrätestärkungsgesetz schießt übers Ziel hinaus

Dass der Gesetzgeber für Überraschungen gut ist, hat allerdings das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit seinem kurz vor Weihnachten veröffentlichten Entwurf eines Betriebsrätestärkungsgesetzes noch einmal vorgeführt. 

Der Entwurf enthält zwar teilweise begrüßenswerte Klarstellungen, schießt aber an vielen Stellen – jedenfalls aus Arbeitgebersicht – deutlich über das Ziel hinaus und öffnet erhebliche Missbrauchsspielräume für Arbeitnehmervertreter, z.B. beim besonderen Kündigungsschutz und hinsichtlich der Hinzuziehung von Sachverständigen beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz sowie von Informations- und Kommunikationstechnik im Betrieb. Die geplante Einführung eines Mitbestimmungsrechts bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit ist jedenfalls äußerst kritisch zu sehen. Hier wird das Gesetzgebungsverfahren noch Veränderungen bringen (müssen). Eins steht mit dem Entwurf aber jedenfalls fest: Auch im Jahr 2021 bleibt es betriebsverfassungsrechtlich spannend.

Dr. Patrick Mückl ist Partner und Fachanwalt für Arbeitsrecht im Fachbereich Employment & Pensions der Noerr PartG mbB. Er berät nationale und internationale Investoren und Unternehmen in allen arbeitsrechtlichen Fragen, insbesondere bei (strategischen) arbeitsrechtlichen Re- und Umstrukturierungen.

Zitiervorschlag

Arbeitsrecht: . In: Legal Tribune Online, 07.01.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43911 (abgerufen am: 08.10.2024 )

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