Endkunden darf auf rezeptpflichtige Arzneimittel wegen der Preisbindung kein Rabatt gewährt werden. Einfallsreiche Apotheker und ausländische Versandapotheken versuchten die Preisbindung mit verschiedenen Bonussystemen zu umgehen. Ohne Erfolg - der BGH erklärte diese für unzulässig. Die Entscheidung zu ausländischen Versandapotheken steht weiter aus.
Dass Apotheken in einem harten Konkurrenzkampf miteinander stehen, ist nicht neu. Dass Unternehmer zu Rabatten greifen, um Kunden an sich zu binden, ebenso wenig. Bei Apothekern ist dies jedoch betreffend einen großen Teil ihres Warenbestandes nicht möglich, da sie auf rezeptpflichtige Arzneimittel keine Rabatte gewähren dürfen.
Die Preisbindung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) verfolgt das Ziel, eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu gewährleisten und im Interesse der Verbraucher sowie der Apotheken einen Preiswettbewerb auf der letzten Handelsstufe zwischen Apotheker und Endverbraucher zu verhindern.
Bei einer Freigabe der Preise für verschreibungspflichtige Arzneimittel befürchtet der Gesetzgeber, dass in Metropolen die Preise sinken, während die Versorgung im ländlichen Raum schwierig oder zumindest teuer wird. Aufgrund der Preisdifferenzen könnten Apotheken in Großstädten Kunden aus dem ländlichen Raum abziehen, was die wirtschaftliche Lage der Apotheken im ländlichen Raum deutlich verschlechtern würde. Infolgedessen wäre die Apothekenversorgung im ländlichen Raum insgesamt in Gefahr.
Außerdem soll es Patienten nicht zugemutet werden, bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln nach dem günstigsten Preis zu suchen.
Die Fälle: Douglas-Taler, Rezeptgebührerstattung und Zweitgeschäfte
Auf dem Prüfstand standen verschiedene Bonussysteme, mit denen eine Kundenbindung an die Apotheke erreicht werden soll.
In Offenburg verwendeten drei Apotheker so genannte Douglas-Taler als Bonussystem. Diese Taler haben eine Geldersatzfunktion und können in Offenburg auch außerhalb der Apotheke für Bedarfsgeschäfte des täglichen Lebens ausgegeben werden. Ein Berliner Apotheker vergab für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel einen Bonuspunkt. Bei Vorlage von zehn Bonuspunkten wurde die Rezeptgebühr erstattet. Eine niederländische Versandapotheke installierte ebenfalls ein Bonusmodell. Die Bonuspunkte sollten Kunden zum Abschluss von – infolge des Bonus verbilligten – Zweitgeschäften in der Apotheke animieren.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Revisionen gegen sechs Entscheidungen von Oberlandesgerichten gebündelt. Kläger waren entweder die Wettbewerbszentrale oder Wettbewerber. Zahlreiche Verfahren sind noch in den unteren Instanzen anhängig.
Wie die Vorinstanzen entschieden
Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe, das OLG Frankfurt am Main und das Kammergericht hielten die Bonussysteme für unzulässig.
Lediglich das OLG Bamberg urteilte, die Auslobung eines 5-Euro-Einkaufsgutscheins für die Einlösung eines Rezeptes für verschreibungspflichtige Arzneimittel im Versandhandel sei rechtmäßig. Das Gericht sah weder einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) noch gegen die gesetzliche Preisbindung aus § 78 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) in Verbindung mit § 3 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV).
Auch Vorteile wie Einkaufsgutscheine sind unzulässig
Der BGH stellt nun klar, dass auch ein Verstoß gegen die AMPreisV vorliegt, wenn der Apotheker für das preisgebundene Arzneimittel zwar den korrekten Preis ansetzt, dem Kunden aber gleichzeitig dafür Vorteile wie Einkaufsgutscheine gewährt.
Die Bestimmungen der § 78 Abs. 3 Satz 1 AMG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV stellen Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dar, weil sie auch dazu bestimmt sind, den (Preis-)Wettbewerb unter den Apotheken zu regeln.
Die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern werden aber nur spürbar beeinträchtigt, wenn keine nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG zulässige Werbegabe vorliegt. Bei einer Werbegabe im Wert von fünf Euro sei diese Grenze überschritten. Eine Werbegabe im Wert von einem Euro hat der BGH noch als geringwertige Kleinigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG und damit als zulässig angesehen.
Die Frage, ob das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für ausländische Versandhändler gilt, die rezeptpflichtige Arzneimittel nach Deutschland einführen, bleibt zunächst offen. Der BGH hätte auch diese Frage gern bejaht, sieht sich aber durch eine entgegenstehende Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 28.07.2008, PharmR 2008, 595) daran gehindert. Diese Frage wurde daher dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung vorgelegt.
Deutsche Apotheken bleiben benachteiligt - bis auf Weiteres
Mit dieser Entscheidung finden für die deutschen Marktteilnehmer langjährige Auseinandersetzungen zu Apotheken-Bonussystemen ein Ende. Diese Bonussysteme verstoßen bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln gegen die AMPreisV.
Hinsichtlich der ausländischen Versandapotheken muss der Gemeinsame Senat entscheiden. Das bedeutet, dass deutsche Apotheken gegenüber ausländischen Versandapotheken in erheblichem Maße wirtschaftlich benachteiligt bleiben.
Werbegaben im Wert von ca. einem Euro sollen nach der BGH-Entscheidung zwar zulässig sein. Dies gilt aber zunächst nur unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten. Ob die Apothekenaufsicht geringwertige Vorteile beim Erwerb rezeptpflichtiger Arzneimittel unter arzneimittelrechtlichen Aspekten unbeanstandet lassen wird, ist noch offen. Somit ist ein Teil des Themenkomplexes entschieden; für den Rest bleibt es spannend.
Der Autor Dr. Christian Jäkel ist Fachanwalt für Medizinrecht und Arzt. Sein Schwerpunkt liegt im Arzneimittelrecht, er ist Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen im medizinrechtlichen Bereich.
Christian Jäkel, Apotheken-Bonussysteme: . In: Legal Tribune Online, 09.09.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1412 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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